Barriere
Alternative zum Sturz: Der horizontal umlaufende Brandriegel

Voraussetzung für die brandschutzgerechte Verarbeitung von Wärmedämm-Verbundsystemen mit Dämmstoffen aus Polystyrol-Hartschaum größerer Dicke ist die Montage von Brandüber­schlagsstreifen über allen Gebäudeöffnungen. Eine wirtschaftliche Alternative zum klassischen Sturz ist ein horizontal umlaufender Brandriegel.

Die erste allgemeine bauaufsichtliche Zulassung zur Anwendung des umlaufenden Brandriegels wurde Anfang 2007 vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt. Danach bestätigte sich nach umfangreichen Berechnungen und Praxisversuchen: Der umlaufende Brandriegel ist eine technisch und konstruktiv sichere Ausführungs­variante zur Verbesserung des Brandschutzes bei Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS) auf EPS-Basis. Steht also eine Wärmedämmung der Gebäudehülle nach neuesten technischen Standards an, sollte der Brandrie­gel als konstruktive Alternative zum Sturzschutz in Erwägung gezogen werden.

 

Alternative zum klassischen Sturzschutz

 

Wärmedämm-Verbundsysteme mit Dämmstoffen aus Polystyrol-Hartschaum werden gemäß der gültigen Landesbauordnung als schwerentflammbare Fassaden­be­klei­dungen eingesetzt und können danach bis zur zulässigen Grenze – zumeist der Hochhausgrenze –  eingesetzt werden. Voraussetzung für die brandschutz­gerechte Ausführung bei Dämmplattendicken über 100 mm ist die Montage von Mineralwollestreifen der Brandklasse A1 oder A2-s1,d0 (nicht brennbar) oberhalb sämtlicher Fenster- und Türöffnungen. Die Verarbeitung dieses klassischen Sturzschutzes aus mindestens 200 mm hohen Brandüberschlagsstreifen ist im Bestand allerdings häufig mit zusätzlichem Aufwand verbunden, weil sich dort häufig Jalousien, Rollladenkästen oder Vordächer befinden. Hinzu kommt die größere Beeinträchtigung der Bewohner während der Sanierungsarbeiten, wenn über den Fenstern und Türen umfangreiche Arbeiten ausgeführt werden müssen. 

Eine sinnvolle Alternative zu den bewährten Brandüber­schlags­­streifen direkt über den Gebäudeöffnungen ist deshalb in vielen Fällen der umlaufende Brandriegel. Wie der klassische Sturzschutz verhindert auch der Brandriegel eine fortschreitende, geschoss­übergreifende Brandweiterleitung in der Dämmebene von Wärmedämm-Verbundsystemen mit einer schwer entflammbaren  Dämmung aus Polystyrol-Hartschaum  nach DIN 4102-B1.

 

Ausgereifte Systemtechnik

 

Auch wenn der Brandriegel aufgrund der Gebäude­beschaffenheit nicht immer umlaufend ausgeführt werden kann und spezifische Umsetzungen erforderlich sind, lässt er sich in der Praxis sicher, sauber und in der Regel schneller als der konventionelle Sturzschutz direkt über den Gebäudeöffnungen ausführen. Dass die vergleichsweise neue technische Lösung des Brandriegels bei unterschiedlichen baulichen Anfor­derun­gen einwandfrei funktioniert, wurde 2006 und 2007 im Rahmen eines umfangrei­chen Forschungsprogramms unter Federführung des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme e.V. umfassend nachgewiesen. Zahlreiche sys­temsichere und gebäudespezifische Umsetzungen wurden in diesem Zeitraum entwickelt und dargestellt. Grund­sätzlich können danach bei Dämmstoffdicken von 100 bis maximal 300 mm Brandüberschlagsstreifen oberhalb jeder Öffnung entfallen, wenn mindestens in jedem zweiten Geschoss ein horizontal um das Gebäude umlaufender Brandriegel aus mindestens 200 mm breiten, vollflächig verklebten Mineralwollestreifen ausgeführt wird.

 

Material- und

Kostenersparnis

 

Die zugelassene Verarbeitung nur eines Brandriegels für jeweils zwei Geschosse kann sich in mehrfacher Hinsicht bezahlt machen: Auf der einen Seite erfordert die Verarbeitung in der Regel weniger Arbeitszeit. Gleich­zeitig ermöglicht diese Ausführungsvariante eine Material­ersparnis von bis zu 30 Prozent. „Darüber hinaus können auch bauliche Gegebenheiten wie zum Beispiel Gesimse oder Balkonkragplatten als Brandriegel genutzt werden oder Maßnahmen ganz entfallen, wenn die Brandschutz­sicherheit nachgewiesen ist. Auch hier bietet der Brandriegel durchaus Vorteile“, so Werner Mai, Leiter Bautechnik bei der Firma alsecco. Für die Handwerksbetriebe, die einen umlaufenden Brandriegel ausführen, sind die in den Präsentations­unterlagen des Fachverbands Wärmedämm-Verbund­systeme e. V. beschriebenen Details für die Ausführung verbindlich.

 

Fazit

 

Wichtige Voraussetzung für die Wahl einer zweckmä­ßi­gen brandschutzgerechten Lö­sung bei der Fassaden­dämmung ist eine sorgfältige bautechnische Analyse. Auch wenn inzwischen viele Faktoren für den Brandriegel sprechen, muss er nicht für jedes Gebäude die optimale Lösung sein. Auf jeden Fall sollte man die technische Lösung jedoch in der ersten Planungsphase als mögliche Alternative in die Überlegungen einbeziehen. Denn Fakt ist: Der klassische Sturzschutz direkt über Öffnungen und der neue Brandriegel sind gleichwertige bautechnische Lösungen. „Wir beziehen diese Überlegungen für unsere Kunden grundsätzlich mit ein und geben nach Analyse aller relevanten Daten konkrete bautechnische Empfehlungen“, erklärt Werner Mai. In jedem Fall sei auch die enge Abstimmung zwischen dem Bauherr, dem Planer und natürlich dem ausführenden Handwerksbetrieb und dem Lieferanten unver­zichtbar, um eine sichere, wertbeständige und auch kostengünstige Lösung zu entwickeln.

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