Berufsbekleidung schützt gegen Regen, Wind und Schnee

Der Herbst ist im Allgemeinen nicht für bestes Wetter bekannt. Im Gegenteil: Oft kommt es wie aus Kübeln vom Himmel. Dazu ist es grau und düster. Wer bei solchen Bedingungen im Freien arbeitet, muss die richtige Schutzkleidung haben.

In der Baubranche wird rund ums Jahr gearbeitet. Daher sind viele Beschäftigte den Launen der Natur ausgesetzt, die im Herbst als Dauerregen vom Himmel herunterprasseln und als Sturm um die Mauern pfeifen kann. Ohne die richtige Kleidung wird die Arbeit im Freien schnell zur Tortur und endet nicht selten mit einer Krankschreibung der Mitarbeiter: Erkältungskrankheiten, Atemwegs-, Muskel- und Skeletterkrankungen sind Folgen eines mangelnden Schutzes gegen Durchzug und Dauerregen. Um die personellen Ausfallzeiten zu minimieren, sollte den im Freien Beschäftigten eine verlässliche Schutzkleidung zur Verfügung stehen. Sie muss Wasser und Wind über eine längere Zeitdauer abhalten und gleichzeitig atmungsaktiv sein, um bei körperlicher Anstrengung einen Hitzestau zu verhindern. Außerdem muss sie bei allen Bewegungen mitgehen, ohne dabei Schaden zu nehmen und soll auch noch gute Pflegeeigenschaften besitzen. Eine nach der Norm EN 343 zertifizierte und gekennzeichnete Regenschutzkleidung erfüllt diese Anforderungen. Wenn sie außerdem bei schlechten Sichtverhältnissen gut erkennbar sein soll, muss die Wetterschutzkleidung auch noch die ISO 20741 (Hochsichtbare Warnkleidung) erfüllen. Wird auf dem Bau dann noch geschweißt oder geflext und mit Chemikalien hantiert wird, kommen weitere Normen ins Spiel: Die ISO 11611 gilt für Schutzkleidung für Schweißen und verwandte Verfahren, die ISO 11612 für Kleidung zum Schutz gegen Hitze und Flammen und die EN 13034 für Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien. An den gut sichtbar aufgebrachten Piktogrammen einer Schutzkleidung man ihren Leistungsumfang ablesen. Alle Normen kann man über den Beuth Verlag in Berlin beziehen.

Leistungsfähigkeit von Wetterschutzkleidung in vier Klassen

Im Herbst hat der Nässeschutz einer Kleidung zweifelsfrei die höchste Priorität. Durch Verwendung spezieller Außenmaterialien wird das Eindringen von Feuchtigkeit verhindert und der Körper bleibt trocken. Das gilt allerdings nur solange die Schutzkleidung auch eine gute Atmungsaktivität besitzt. Man denke nur an den guten alten Friesennerz: Er ist zwar dem schlimmsten Dauerregen gewachsen, verwandelt sich aber innerhalb kürzester Zeit in eine tragbare Sauna. Daher wurden die beiden Kriterien Wasserdichtigkeit und Körperklima in der Norm für Wetterschutzkleidung EN 343 als verbindliche Leistungsmerkmale festgelegt. Sie werden als Wasserdurchgangswiderstand (WP) und Wasserdampfdurchgangswiderstand (Ret) gemessen. Der ermittelte Wert wird der entsprechenden Schutzklasse zugeordnet und rechts neben dem Piktogramm – ein aufgespannter Regenschirm – ausgewiesen. Der obere Wert entspricht dabei der Beständigkeit gegen Nässe, der untere Wert drückt die Ableitfähigkeit von Wasserdampf aus, der beim Schwitzen entsteht. Seit der Aktualisierung der Norm im Jahr 2019 gibt es vier Schutzklassen (vorher: drei), wobei die höchste Klasse für optimale Eigenschaften einer Nässeschutzkleidung steht.

Die beiden Leistungskriterien werden an den verarbeiteten Materialien und an Nahtproben ermittelt, nicht jedoch am fertigen Kleidungsstück. Wenn auch dieses geprüft wurde, steht neben dem Piktogramm noch ein dritter Wert: Er gibt Auskunft über die Schutzklasse eines im
Regenturm getesteten Teils. Diese Untersuchung ist allerdings nicht verbindlich, weshalb sie eher selten durchgeführt wird.

Softshell-Jacken können keinen Regenschutz!

Während die Schutzklasse direkt auf der Kleidung ausgezeichnet werden muss, geben Hersteller mitunter die ermittelten WP-Werte an. Bei einer wasserdichten Kleidung muss der Wert größer 8000 Pascal (Pa) sein. In einigen Katalogen oder Produktbeschreibungen wird aber auch die Wassersäule eines Kleidungsstücks genannt. Dieser Wert bezeichnet die Höhe einer theoretischen Wassersäule, die auf eine Gewebeoberfläche drückt und wird in Millimetern angegeben. Eine Umrechnung in die normgültige Einheit Pascal ist möglich: 100 mm Wassersäule entsprechen 980 Pa (DIN EN 343, Seite 9). Um die Mindestanforderungen einer Wetterschutzkleidung zu erfüllen, muss daher eine Wassersäule von mindestens 816 mm erreicht werden. Liegt der Wert darunter, ist eine Kleidung lediglich wasserabweisend, nicht aber wasserdicht. Aus diesem Grund sind Softshell-Jacken (der WP liegt bei höchsten 5000 Pa) für den Einsatz im Dauerregen unbrauchbar.

Bei Regenschutzkleidung gilt nur die DIN EN 343

Das Angebot an Regenkleidung ist groß und die Preisunterschiede sind riesig. Die Differenzen entstehen in erster Linie durch die verwendeten Materialien und deren Schutzwirkung, die Ausstattungsmerkmale und die Verarbeitung. Zu den günstigsten Produkten zählen beispielsweise Jacken aus einem Vinyl (PVC)-beschichteten Textil. Der niedrige Preis ist durch eine klägliche Funktionalität erkauft: keine mechanische Beständigkeit, keine Elastizität, maximal zwei Taschen, nicht waschbar, kein Wasserdampfdurchgang, keine Wasserdichtigkeit an den Nähten – und daher keine Zertifizierung nach EN 343. Wenn die betriebliche Gefährdungsanalyse das Tragen von Regenschutzkleidung erfordert, dürfen solche Artikel nicht eingesetzt werden. Dann ist auch günstige Nässekleidung aus Polyurethan-beschichteten Materialien oder mit einer Teflon-Ausrüstung behandelte Hosen Tabu. Zwar besitzen sie eine gewisse Elastizität und eine geringe Wasserdampfdurchlässigkeit, erreichen aber nicht die Mindestanforderungen der EN 343 und sind daher nicht zertifiziert. Dessen ungeachtet findet sich in mancher Produktwerbung der Hinweis auf eine Norm. Diese hat jedoch nichts mit dem in Europa gültigen Standard von Regenschutzkleidung zu tun. So gibt es Online-Produktseiten, in denen für PU-Wetterschutzkleidung (!) ein Verweis auf die EN 430 gemacht ist. In Europa wird diese Norm allerdings für die Bestimmung der flächenbezogenen Masse elastischer Bodenbeläge herangezogen. Es gibt aber auch die GOST-EN 430. Dabei handelt es sich um einen russischen Standard, der allgemeine Anforderungen an beruflich genutzte Schutzkleidung definiert. Bei preiswerter Wetterkleidung empfiehlt sich daher, die ausgelobten Normen beispielsweise unter www.beuth.de zu überprüfen.

PU-beschichtete Regenschutzkleidung kann durchaus auch die Norm für Regenschutzkleidung erfüllen, ist dann aber teurer. Durch Verschweißen der Nähte erreichen sie eine gute Wasserdichtigkeit bis Klasse 3. Der Durchgang von Wasserdampf ist jedoch so niedrig, dass der Ret–Wert von ungefütterten, leichten Artikeln meist nicht über eine Schutzklasse 1 hinauskommt.

Höchstleistung gegen Nässe

Am oberen Ende der Preis- und Leistungsskala liegen Bekleidungskonzepte mit einer innenliegenden Membran, deren bekannteste Vertreterin „Gore-Tex“ heißt. Dazu kommen weitere Systeme, die häufig Phantasienamen der Hersteller tragen. Allen gemeinsam ist ihre Wasserdampfdurchlässigkeit, Wasser- und Winddichtigkeit. Dazu sind sie leicht, dehnbar und waschbar, allerdings nicht ohne textilen Schutz einsetzbar. Daher werden sie mit einem Außenmaterial zu einem 2- und einem zusätzlichen Futterstoff zu einem 3-Lagen-Laminat kombiniert und zu hochwertiger Schutzkleidung verarbeitet, die sich meist durch eine clevere oder extra-lange Schnittführung und vielfältige Details auszeichnen: Dazu gehören beispielsweise innen- und außenliegende Taschen, verdeckte Reißverschlüsse, Taillen- und Saumregulierungen, hoch schließende Kragen oder verstellbare Kapuzen, unter die ein Helm passt. Um die Wasserdichtigkeit der Regenschutzkleidung zu gewährleisten, sind alle Nähte versiegelt – was sich als einziger Schönheitsfehler erweisen kann. Sollten die Spezial-Tapes durch falsche Behandlung kaputtgehen, ist eine Reparatur nicht ohne weiteres möglich: Je nach Membran-System sind nur lizensierte Unternehmen befugt, die Kleidung Instand zusetzen und eine notwendige Nahtversiegelung vorzunehmen. Dazu zählen beispielsweise bundesweit agierende Mietservice-Unternehmen, die eine textile „Rundumversorgung“ anbieten.

Kombi-Regenschutzkleidung
für das ganze Jahr

Die übliche Begleiterscheinung bei Außenarbeiten ist aber nicht nur Regen. Oft kommen Wind und Kälte hinzu, weshalb Regenschutzjacken auch mit einer zusätzlichen, wärmenden Innenjacke kombiniert werden. Diese wird entweder direkt als eigenständiges Teil unter der Außenjacke getragen oder durch Knöpfe oder Reißverschluss mit ihr verbunden. Der Vorteil des Systems ist die Anpassungsfähigkeit an Wetterwechsel: Wenn es kalt und nass wird, trägt man die Kombination, bei gemäßigten Temperaturen reicht die Außenjacke und wenn es trocken bleibt kommt die Innenjacke zum Einsatz. Aber auch ein 2-1-Prinzip hat einen kleinen Haken: Da zwei Jacken übereinander getragen werden, ist die äußere Regenschutzjacke größer geschnitten, damit die Innenjacke darunter passt. Der Unterschied fällt in der Kombination nicht auf, tritt aber zutage, wenn bei wärmeren Regentagen die Innenjacke weggelassen und nur ein Shirt unter dem Wetterschutz getragen wird.

Am Bau meist zu viel: Multinorm-Schutzkleidung

Regenschutzkleidung ist längst nicht mehr auf die reine Abweisung von Nässe oder Nebel beschränkt. Sie wird inzwischen mit weiteren Schutzeigenschaften ausgestattet: In fluoreszierenden Farben und mit Reflexstreifen ausgestattet sorgt sie auf Baustellen in Verkehrsbereichen, bei Nebel und schlechte Sicht- und Lichtverhältnissen für eine hohe Sichtbarkeit der Beschäftigten. Die zusätzliche Warnwirkung ist an dem Piktogramm und dem Hinweis auf die ISO 20471 ablesbar, die ebenfalls gut sichtbar auf der Schutzkleidung abgebracht sein muss. Daneben können außerdem die Symbole mit der entsprechenden Schutzklasse für Chemikalien-, Schweißer-, Hitze- und Störlichtbogenschutz sowie der Hinweis für elektrostatische Ableitung stehen, wenn die Kleidung eine entsprechende Wirksamkeit besitzt. Eine solche Multinormkleidung hat jedoch ihren Preis, weshalb die Anschaffung nur sinnvoll ist, wenn die Beschäftigten tatsächlich entsprechenden Risiken ausgesetzt sind. In den meisten Bauberufen wäre eine umfassend zertifizierte Schutzkleidung jedoch zu viel des Guten.

Autorin

Dipl.-Ing. Sabine Anton-Katzenbach ist Textilveredlungsinge­nieu­rin und Inhaberin der Textilberatung Ham­burg. Sie arbeitet als Be­raterin und Journalistin. www.textilberatung.com

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