Gesellenbrief statt Meisterpflicht

Kürzlich berichteten wir über Pläne zur Wiedereinführung der Meisterpflicht. Zahlreiche Leser und Nutzer haben uns dazu ihre Meinung mitgeteilt: Die Bandbreite reicht von vollständiger Zustimmung zu den Plänen der Regierung bis hin zu totaler Ablehnung. Die meisten bevorzugen aber einen Mittelweg.

In der Ausgabe 5.2019 der bauhandwerk berichteten wir unter der Überschrift „Handwerksrolle rückwärts“ über die Pläne der Bundesregierung, die 2004 abgeschaffte Meisterpflicht für einige Berufe wieder einzuführen. In unserem Newsletter (melden Sie sich doch auch an unter www.bauhandwerk.de) und auf Facebook baten wir unsere Leser und Nutzer darum, uns ihre Meinung dazu mitzuteilen. Das Ergebnis ist natürlich nicht repräsentativ. Trotzdem spricht sich eine deutliche Mehrheit für einen Mittelweg zwischen Meisterpflicht und kompletter Freigabe aus: die Gesellenprüfung als Voraussetzung.

Pro

Für Malermeister Tom Zillger ist die Meisterpflicht im Handwerk ein absolutes Muss: „Leider machen sich viele selbstständig mit einem Beruf, den sie noch nicht mal gelernt haben.“ Mit ihrer schlechten Arbeit machten sie dann den Markt kaputt, vor allem deshalb, weil sie nicht richtig kalkulieren könnten und dadurch die Preise verfallen.

Facebook-Nutzer Jürgen Plaster meint, dass durch den Wegfall der Meisterpflicht die Attraktivität der Handwerksberufe verloren gegangen sei. Er spricht sich klar für die Wiedereinführung der Meisterpflicht aus, mahnt aber eine Übergangslösung für meisterlose Betriebe an, denen man eine Zusatzqualifikation abverlangen sollte, um wieder mehr Chancengleichheit im Wettbewerb herzustellen.

Für Facebook-Nutzer Daniel Keller „gehört der Meister zum Handwerk, wie die Butter aufs Brot.“ Er bezweifelt aber, dass mit der Einführung der Meisterpflicht die Azubis Schlange stehen werden und sich die Qualität der Ausführung schlagartig verbessert: „Voraussetzung für eine gute Arbeit ist in erster Linie eine Ausbildung, und das muss erstmal umgesetzt werden.“

Sehr klar äußert sich der Facebook-Nutzer Peter Schneider: „Die Meisterpflicht sorgt dafür, dass in den betroffenen Gewerken wieder ausgebildet wird. Wir haben doch gesehen, was das Ergebnis war: Kein qualifizierter Nachwuchs, Billigpreise, Pfusch, und die qualifizierten Betriebe bekamen weniger Aufträge, weil alle nur auf den Preis schauen, statt auf Qualität. Viele der entstandenen Ein-Mann-Firmen arbeiten unter Mindestlohnniveau, können nicht für das Alter vorsorgen und zahlen keine Sozialversicherungsbeiträge.“

Contra

Dem widerspricht Facebook-Nutzer Daniel Breitsprecher: „Auch Gewerke, in denen die Meisterpflicht noch besteht, haben Probleme auszubilden, da der Nachwuchs fehlt beziehungsweise er oder sie nicht in Berufen arbeiten möchte, in denen man sich die Hände schmutzig macht. „Das fehlen der Fachkräfte könne man nicht an der Abschaffung der Meisterpflicht festmachen. Lieber sollte man daran arbeiten, das Handwerk wieder attraktiver zu machen.“

Nach Ansicht von Martin Brandt wäre die Wiedereinführung der Meisterpflicht ein Rückschritt. Meisterstunden könnten sich die wenigsten Auftraggeber leisten, daher blühe dann die Schwarzarbeit: „Ich bin seit 1985 selbständig, ohne Meistertitel, aus Prinzip. Mein Betrieb lebt auch von dem Pfusch, den die Meisterbetriebe verzapfen. Letztendlich ist es doch der Geselle, der die Arbeit ausführt! Und wer keinen Meistertitel hat, stellt sich einen Rentner mit Meisterbrief auf 450 Euro-Basis ein.“ Im Fliesenlegerhandwerk zählten vor allem der Preis und die Qualität. Der Meistertitel sei keine Qualitätssicherung, sondern ein Kostenfaktor, den der Endverbraucher nicht brauche: „Sich so das Monopol zurückzuholen, ist schon erbärmlich in Zeiten der Globalisierung. Dadurch werden auch nicht mehr jugendliche ausgebildet!“

Einen sehr konstruktiven Vorschlag macht Facebook-Nutzer Chris To: „Sinnvoll wäre es, die Gesellenprüfung vorweisen zu müssen, wenn man sich selbständig macht. Ausbilden kann dann jeder, der zusätzlich den Ausbilderschein erwirbt. Die Preise und damit die Löhne sind im Keller wegen unseren osteuropäischen Kollegen und nicht wegen der fehlenden Meisterpflicht.“ Dass das Handwerk für viele nicht attraktiv sei, habe auch mit der Bezahlung zu tun. Die wenigsten Firmen zahlten den Tariflohn, das Weihnachtsgeld sei im Vergleich zu vielen anderen Branchen ein Witz. „Mir soll‘s recht sein. Je weniger Handwerker desto mehr Arbeit für uns!“

Autor

Thomas Schwarzmann ist Redakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

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