Historische Baustoffe wiederverwenden!

Der UHB (Unternehmerverband Historische Baustoffe e.V.) setzt sich seit rund 30 Jahren für die Bergung historischer Baustoffe ein. Deren Bandbreite ist groß. Wir geben einen Überblick, was man bei den Mitgliedern des UHB in welchem Zustand bekommen kann.

Seit seiner Gründung im Jahr 1992 setzt sich der UHB mit Sitz in St. Georgen im Schwarzwald für die Bergung historischer Baustoffe ein. Allen 14 Gründern gemeinsam war der Wunsch, der großangelegten Vernichtung von historischen Baustoffen entgegenzuwirken. Dabei gingen sie davon aus, dass diese Baustoffe Kulturgüter sind, die unsere Bau- und Wohnkultur beschreiben und über zum Teil längst vergangene Handwerkskünste Auskunft geben. Durch Bergung, Aufarbeitung, Wiederverwendung, selbst das Versetzen ganzer Gebäude (Translozierung) wird historische Bausubstanz als wertvolles Kulturgut bewahrt. Dies ist Recycling von Baustoffen und Bauteilen auf einem sehr hohen Niveau und ein wichtiger Beitrag zur Verringerung des Ressourcenverbrauchs. Mittlerweile zählt der Verband 30 Mitglieder und eine ständig wachsende Zahl von Fördermitgliedern.

Bandbreite historischer Baustoffe

Historische Baumaterialien sind Baustoffe aus alter handwerklicher oder historisch vor- beziehungsweise frühindustrieller Produktion. Das können größere, auf Maß gefertigte Einzelteile wie Fenster, Türen, Treppen und Torbögen, aber auch kleinformatige Massenbaustoffe wie Ziegel, Hölzer oder behauener Naturstein sein. Solche Baustoffe und Bauteile zu bergen und sie für den Bau neuer Gebäude zu verwenden hat im Handwerk schon über Jahrhunderte hinweg eine lange Tradition. Zahlreiche Spolien im Mauerwerk historischer Gebäude zeugen davon, Hölzer aus ehemaligem Fachwerk und Dachstuhl wurden schon immer gerne wiederverwendet. Den historischen Baustoffen gemein ist, dass sie nicht nur die Spuren der handwerklichen Fertigung, sondern auch die von Nutzung und Zeit als Patina und Ausweis ihrer Historie tragen.

Metallbauteile

Auch historische Metallteile sind im Angebot, das vom kleinen Ziergitter bis zur Zaunanlage samt Einfahrtstor und Gartentörchen reicht. Meist handelt es sich dabei um schmiede-, seltener um gusseiserne Teile, die überwiegend aus der Zeit der 1880er bis 1940er-Jahre stammen. Konsolen, Vordächer und Ausleger sowie Treppen unterschiedlicher Bauart bilden einen weiteren Schwerpunkt.

Naturstein

Die Bandbreite der Produkte aus Naturstein ist enorm. Sie reicht von einfachen Mauersteinen über steinmetzmäßig bearbeitete Formsteine, Bodenplatten und Pflaster bis hin zu Dach- und Wandbehangplatten aus Tonschiefer oder Sandstein.

Bei besonders dekorativen Stücken ist jedoch Vorsicht geboten: Die Zahl der Reproduktionen ist hoch und nicht jeder Verkäufer weist das Angebot entsprechend deutlich als Neuware aus.

Ziegel

Bei den Mauerziegeln gibt es vor allem Steine im so genannten „Reichsformat“, das im Jahr 1872 mit den Abmessungen 24 cm x 11,5 cm x 6,3 cm definiert wurde. In Süddeutschland und Österreich man tendenziell ein größeres Format verwendet  - das Standardformat der Donaumonarchie betrug beispielsweise 29,2 cm x 14,2 cm x 6,9 cm. In Norddeutschland und den Niederlanden stellte man traditionell kleinere Formate von etwa 20 cm x 10 cm x 5 cm her.

Historische Dachziegel sind vor allem die Formate Biberschwanz, Hohl- oder S-Pfanne und Krempziegel. Diese wurden bis Ende des 19. Jahrhunderts in Handarbeit geformt. Seit den 1880er-Jahren werden Dachziegel industriell hergestellt. Auch diese Ziegel spielen im Handel eine nicht unerhebliche Rolle. Ein Z1 der Ziegelei Ludowici – der erste maschinell geformte Muldenfalziegel – hat heute durchaus Raritätscharakter, während man beispielsweise „normale“ handgestrichene Biberschwanzziegel problemlos kaufen kann. Die Verfügbarkeit ist insgesamt recht gut, nur bei sehr großen Stückzahlen oder besonderen Anforderungen kann es schwierig werden.

Holz

Bauholz findet sich bei den Anbietern als Eichenholz, Fichten- und Tannenholz, sowie in geringerem Ausmaß auch als Kiefernholz. Andere Hölzer sind eher zufällig oder nur sporadisch eingesetzt wurden. Die Verfügbarkeit ist grundsätzlich sehr gut. Kleinere Mengen unter 10 m3 üblicher Querschnitte sind bei den entsprechenden Anbietern in aller Regel direkt lieferbar. Größere Mengen, größere Querschnitte und größere Längen bedürfen eines organisatorischen Vorlaufes.

Bretter und Bohlen gibt es vor allem als Bodendielen und Parkette aus verschiedenen Hölzern. Die Bandbreite ist sehr groß. Eiche, Fichte, Tanne und Kiefer werden angeboten, es gibt aber auch immer wieder ein vergleichsweise kleines Angebot an Pitch-Pine und anderen Hölzern. Daneben finden sich auch Wand- und Deckenverkleidungen, von der abgewitterten Außenschalung bis hin zur feinen Deckenvertäfelung eines Salons.

Neben den unterschiedlichen Hölzern werden auch unterschiedliche Verarbeitungsgrade angeboten. Das beginnt bei frisch ausgebauter, ungereinigter Ware im Bergezustand und reicht über verschiedene Verarbeitungsschritte bis hin zur einbaufertigen Ware.

Fenster

Historische Fenster- und Fensterläden werden heute zum überwiegenden Teil als dekorative Elemente umgenutzt. Beides müsste nicht sein. Durch die Erweiterung von Fenstern zu Kastenfenstern kann man durchaus beachtliche Dämmwerte erreichen. Der Aufwand ist aber nicht unerheblich und die naturgemäß fehlende Bauartzulassung erfordert ein gewisses Durchsetzungsvermögen.

Das Angebot an Fenstern aus dem 19. und 20. Jahrhundert ist groß. Neben den meist profilierten Holzkanteln bestechen die Fenster auch durch das noch bis in die 1930er Jahre hinein im Ziehverfahren hergestellte Glas mit allerlei Schlieren darin. Das Angebot an bunten und ornamentalen Bleiverglasungen schwankt und bildet einen fließenden Übergang zum Antiquitätenhandel.

Türen

Türen sind die Bauteile, die sich am einfachsten bergen lassen: Hinfahren, Aushängen, fertig. Daher wundert es auch nicht, dass bei vielen Anbietern eine große Zahl von Türen zu finden ist. Auf den zweiten Blick wird allerdings auch deutlich, dass die Sache so einfach nicht ist.

Denn für Türen gilt noch viel stärker, was für alle anderen Bauteile auch gilt: Je spezieller die Anforderungen sind, desto schwieriger ist es, die passende Tür zu finden. Und da bei kaum einem Bauteil die technischen und ästhetischen Anforderungen so beliebig kombinierbar sind wie bei Türen, kann es sehr gut sein, dass man zu einem Anbieter mit beispielsweise 1000 lagernden Türen kommt und trotzdem keine exakt passende findet. Der Zustand der verfügbaren Türen reicht von der gereinigten Tür im Ausbauzustand bis zur vollständig restaurierten Tür inklusive Einbau.

Tür- und Fensterbeschläge

Türbeschläge sind meist ein „Nebenprodukt“ der Türen, in aller Regel wird für eine historische Tür auch ein entsprechender historischer Beschlagsatz gewünscht. Bänder und Schlösser aus dem 17. Jahrhundert sind keine Seltenheit, das 18. Jahrhundert ist breit vertreten und auch das Angebot von Materialien aus dem 19. und 20. Jahrhundert ist sehr groß.

Zum Teil werden auch für neue Fenster alte Beschläge gewünscht. Dieser Einsatzzweck ist mit einem überschaubarem Mehraufwand machbar, sollte jedoch sinnvollerweise im Vorfeld abgeklärt werden.

Fazit

Egal ob historische Tür oder Fenster, ein ganzes Fachwerkhaus, Ziegelsteine oder Metallbeschläge – all diese Baustoffe und Bauteile sind es wert, aufbewahrt und wiederverwendet zu werden. Nicht nur, um Baumaterial zu sparen, sondern vor allem auch um die Zeugnisse historischer Handwerkskünste und die Spuren von Nutzung und Zeit zu bewahren, weil diese Auskunft über unsere Geschichte und unser Leben geben.

Ein Verzeichnis der Händler des UHB findet man im Internet unter www.historische-baustoffe.de

 

Autor

Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

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