Altes Holz, neue Wege: Wie historische Dielen für die Zukunft gerettet werden

In so manchem Altbau schlummern wertvolle Ressourcen. Diese einfach zu entsorgen, ist weder zeitgemäß noch sinnvoll. Das Unternehmen „Historische Bauelemente“ hat sich der Rettung historischer Baustoffe und Bauteile verschrieben und arbeitet unter anderem alte Dielenböden fachgerecht auf.

Unter alten Schichten verborgen: Historische Dielen kommen beim Rückbau zum Vorschein Unter alten Schichten verborgen: Historische Dielen kommen beim Rückbau zum Vorschein
Foto: Historische Bauelemente

Unter alten Schichten verborgen: Historische Dielen kommen beim Rückbau zum Vorschein
Foto: Historische Bauelemente
In Marwitz bei Berlin widmet sich das Unternehmen „Historische Bauelemente“ seit 1990 unter anderem der systematischen Bergung, fachgerechten Aufarbeitung und gezielten Weitergabe originaler Holzböden, die überwiegend aus der Zeit zwischen 1850 und 1950 stammen. Auf dem weitläufigen Firmengelände zeigt sich, wie sorgsam dieser Prozess gestaltet wird – von der Demontage über die Lagerung bis hin zur Aufarbeitung. Diese Arbeit ist nicht nur handwerklich anspruchsvoll, sondern auch ein aktiver Beitrag zur Ressourcenschonung und zum Erhalt historischer Bausubstanz. In Zeiten knapper werdender Materialien wird dieses Wissen mehr und mehr zu einem wertvollen Gut.

Vom Abriss zur Wiederverwendung: Wie alte Dielen neue Räume bereichern

Die Nachfrage nach historischen Baustoffen mit Geschichte und Charakter ist groß. Gleichzeitig sinkt die Zahl geeigneter Rückbauprojekte, bei denen noch verwertbares Material gesichert werden kann. Das macht einen verantwortungsvollen und systematischen Umgang mit den vorhandenen Beständen umso wichtiger.

Das Team von „Historische Bauelemente“ hat sich genau darauf spezialisiert. Im Fokus stehen dabei vor allem Dielen aus Berliner Altbauten, die saniert oder zurückgebaut werden. Diese Hölzer, die vor mehr als einem Jahrhundert verarbeitet wurden, bestehen häufig aus langsam gewachsenem Nadelholz. Sie sind durch ihre hohe Stabilität und die besondere Maserung für heutige Bauvorhaben ideal geeignet. Ihre Qualität zeigt sich auch in der Robustheit, die selbst nach Jahrzehnten intensiver Nutzung noch überzeugt.

Die Bergung: Sorgfalt und Technik im Einsatz

Transportbereit: Die Dielen sind sortiert und für den Abtransport vorbereitet Demontiert: Die Dielen sind sortiert und für den Abtransport vorbereitet
Foto: Historische Bauelemente

Demontiert: Die Dielen sind sortiert und für den Abtransport vorbereitet
Foto: Historische Bauelemente
Die Arbeit beginnt mit der Demontage auf der Baustelle. Die historischen Böden sind oft unter mehreren Schichten Estrich, Spanplatten, Kleberesten oder Teppichen verborgen. Diese müssen sorgfältig entfernt werden, bevor die eigentlichen Dielen freigelegt werden können. Je nach Zustand des Gebäudes und Beschaffenheit des Unterbaus kann allein dieser Vorgang mehrere Stunden dauern.

Die Dielen selbst werden dann Stück für Stück mit Handwerkzeugen wie Brechstangen, Keilen oder speziellen Hebelhilfen aus dem Untergrund gelöst. Dabei ist es wichtig, möglichst große Längen zu erhalten, um die spätere Wiederverwendung zu gewährleisten. Sofern es möglich ist, wird das Holz bereits direkt vor Ort entnagelt. Das spart nicht nur Zeit in der Nachbearbeitung, sondern schützt auch das Material beim Transport.

Ein weiterer zentraler Punkt der Bergung ist die sorgfältige Dokumentation. Jedes Stück wird fotografisch erfasst, vermessen und mit Angaben zur Herkunft versehen. So lässt sich später genau nachvollziehen, aus welchem Objekt, welchem Raum und welchem Zeitraum das Material stammt. Diese Informationen erleichtern die Lagerung und ermöglichen bei Bedarf sogar die historische Rekonstruktion ganzer Bodenflächen.

Einlagerung und Strukturierung: Klarheit im Bestand

Dokumentierte Maße: Jedes Brett wird vermessen und mit den entsprechenden Daten beschriftet Dokumentierte Maße: Jedes Brett wird vermessen und mit den entsprechenden Daten beschriftet
Foto: Historische Bauelemente

Dokumentierte Maße: Jedes Brett wird vermessen und mit den entsprechenden Daten beschriftet
Foto: Historische Bauelemente
Nach der Bergung werden die Dielen zum Lager in Marwitz transportiert. Dort erfolgt die weitere Aufbereitung. Wenn dies nicht bereits auf der Baustelle geschehen ist, werden zunächst alle verbliebenen Nägel entfernt. Anschließend beginnt die Sortierung.

Die Hölzer werden grob nach Länge, Holzart und Zustand eingeteilt. Intakte Serien mit gleichen Maßen bleiben möglichst positionsweise zusammen, um ihre spätere Verarbeitung als einheitliche Fläche zu ermöglichen. Dabei wird jeder Posten systematisch auf Paletten gelagert, geschützt vor Witterungseinflüssen und teilweise unter klimatisierten Bedingungen.

Nicht alle Dielen kommen in den Hauptbestand. Stark beschädigte, gekürzte oder unvollständige Bretter wandern in den so genannten „Bastler-Bereich“. Hier finden sie ein zweites Leben bei kleinen Bauvorhaben, kreativen Projekten oder individuellen Reparaturen. Für manche Kunden ist gerade diese Vielfalt eine echte Schatzkammer.

Für größere Projekte können auf Wunsch bestimmte Mengen vorbereitet und reserviert werden. Die passende Auswahl treffen die Kundinnen und Kunden meist gemeinsam mit dem Team direkt vor Ort.

Aufarbeitung: Fundstück wird verlegefertige Diele

Aufarbeitung im Betrieb: Ein Tischler bearbeitet die Dielen für den erneuten Einsatz Aufarbeitung: Ein Tischler bereitet die Dielen für den erneuten Einsatz vor
Foto: Historische Bauelemente

Aufarbeitung: Ein Tischler bereitet die Dielen für den erneuten Einsatz vor
Foto: Historische Bauelemente
Wer die Dielen nicht nur als Rohware verwenden möchte, kann sie im Betrieb auch vollständig aufarbeiten lassen. Die Leistungen reichen vom Entnageln über das Ablängen bis hin zum Hobeln und dem Einfräsen moderner Nut-Systeme.

Dabei wird bewusst darauf geachtet, so viel wie möglich vom ursprünglichen Material zu erhalten. Kleine Unebenheiten, Spuren vergangener Nutzung oder eine gewachsene Patina können auf Wunsch bestehen bleiben. Sie erzählen die Geschichte des Holzes und verleihen dem Raum Charakter.

Die Bearbeitung wird individuell abgestimmt – sei es mit dem verarbeitenden Handwerksbetrieb oder dem planenden Architekten. Auch Mischposten aus verschiedenen Fundorten oder Sonderformate sind möglich. So bleibt das Angebot flexibel, ohne an Authentizität zu verlieren.

Vermittlung: Persönliche Auswahl vor Ort

Zwar bietet das Unternehmen einen gut gepflegten Online-Katalog sowie einen aktiven Auftritt in sozialen Medien, doch die meisten Kundinnen und Kunden entscheiden sich erst vor Ort. Denn Maße, Zustand und Oberflächenbeschaffenheit lassen sich in der Realität besser beurteilen als auf einem Foto.

Eine vollständige Digitalisierung aller Bestände ist kaum möglich, da es sich um Unikate handelt. Wer gezielt sucht, sollte nach Möglichkeit persönlich vorbeikommen. Hier können nicht nur passende Dielen ausgewählt, sondern auch individuelle Bedarfe direkt mit dem Team besprochen werden.

Autorin

Lilie Elias ist als Leiterin Marketing beim Unternehmen „Historische Bauelemente“ in Marwitz bei Berlin tätig.

Woran erkennt man historisch wertvolles Holz?

Hölzer aus der Zeit vor 1950 bestehen häufig aus besonders langsam gewachsenem Nadel- oder Laubholz.
Die Dielen weisen oft deutlich größere Breiten und Längen auf als moderne Produkte.
Verbindungstechniken wie handgeschmiedete Nägel oder historische Nut-Feder-Systeme geben Hinweise auf das Alter.
Nutzungsspuren, Oberflächenverfärbungen oder eine gewachsene Patina gelten als wertvolle Merkmale.
Nicht zuletzt erkennt man den Unterschied am Geruch: Altes, unbehandeltes Holz verströmt einen warmen und harzigen Duft, der modernen Materialien fehlt.
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