Keimfrei

Die Labore im neuen Biologicum der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt mussten keimfrei und gasdicht ausgeführt werden. Mit einer Kombination aus zementgebundenen Leichtbeton-Bauplatten mit einer PVC-Folie konnte eine ausreichende Dichtigkeit und Druckfestigkeit gewährleistet werden.

Rot ragte der Rohbau des neuen Biologicums in den Himmel, das für 1400 Studenten, 21 Professoren und 150 Mitarbeiter zur wissenschaftlichen Heimat wird. Bis 2014 sollen alle Einrichtungen des Fachbereichs Biowissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität gemeinsam hier am Campus Riedberg untergebracht sein. „Kurze Wege und ein engmaschiges Wissensnetzwerk unterstützen eine intensive wissenschaftliche Diskussion. Ein solches Umfeld lässt neue Forschungsimpulse erwarten“, betont der Frankfurter Kulturdezernent Prof. Felix Semmelroth. Hinzu kommt, dass das neue Institutsgebäude der Biowissenschaften sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung befindet. Beide Einrichtungen dienen dem Aufbau eines neurowissenschaftlichen Schwerpunktes. Auch ein zweites Max-Planck-Institut, das für Biophysik, sowie das interdisziplinär arbeitende Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) befinden sich in der Nähe.

Das markant-funktionale, vom Dortmunder Büro Gerber Architekten entworfene Gebäude bildet den westlichen Abschluss des Campus Riedberg. Auf mehr als 10 000 m2 ist hier neben Hörsälen, Labors, Büros und einer Cafeteria auch ein Tierhaus untergebracht. Insgesamt besteht die Anlage aus vier parallel gebauten Gebäuderiegeln mit vier- bis fünf Geschossen, die drei Innenhöfe umschließen. Ein leichtes Dach verbindet den Bau im Norden mit dem benachbarten MPI und verweist auf den Haupteingang. Bis auf die komplett verglasten Erschließungszonen prägen großformatige geschlossene Elemente die Lochfassaden, so dass der Glasanteil insgesamt weniger als 40 Prozent beträgt und somit den heutigen ökologisch-energetischen Forderungen Rechnung trägt. Das Investitionsvolumen beträgt etwa 64 Millionen Euro, hinzu kommen weitere 9,8 Millionen Euro für Geräte.

Trockenbau mit zementgebundenen Platten

Der Innenausbau der Laborräume für das Tierhaus erfolgte komplett in Trockenbauweise. Bei der Wahl des Baumaterials musste berücksichtigt werden, dass im Bereich der Tierhaltung, der Vorbereitungs- und der Untersuchungsräume ein feuchtebeständiges und für die Dekontamination geeignetes Wandplattenmaterial zum Einsatz kommt. Um sterile Arbeits- und Umfeldbedingungen gewährleisten zu können, bestand die Anforderung, dass alle Räume im Falle einer Kontamination mit einer H2O2-Begasung (Wasserstoffperoxid) wieder in einen absoluten keimfreien Zustand versetzt werden können. Diese Forderungen in Verbindung mit einer geeigneten Oberflächenbeschichtung bildeten den Grundstein für den Einsatz der zementären Fermacell Powerpanel H2O Platten.

Die beidseitig mit Glasfasergewebe kaschierten Leichtbeton-Platten sind diffusionsfähig, schimmelpilzresistent und vor allem widerstandsfähig gegen Wasser. Sie können in sämtlichen Feuchtigkeits-Beanspruchungs-Klassen eingesetzt werden (gemäß ZDB-Merkblatt von Januar 2005 „Hinweise für die Ausführung von Verbundabdichtungen mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten für Innen- und Außenbereich“) und sind für chemische Beanspruchungen in gewerblichen Bereichen geeignet.

Hinzu kommt eine hohe Stabilität. Powerpanel H2O ermöglicht hoch belastbare Konstruktionen und bildet damit gleichzeitig den idealen Untergrund für Fliesen. Darüber hinaus sind die Platten nicht brennbar (A1) und bieten einen guten Schallschutz.

Korrosionsschutz der metallischen Unterkonstruktion

Beim Ausbau des Tierhauses führten die Trockenbauer die Beplankung mit einer doppelten Lage zementgebundener Leichtbeton-Bauplatten aus. Dazu verwendenten sie raumhohe Formate, die sie aufgrund der geforderten Gasdichtheit und Gasdruckbelastung mit UA-Ständerprofilen mit einem verringerten Ständerabstand von 41,6 cm montierten.

Die Verarbeitung erfolgte auf Profilen mit feuchtraumgeeignetem Korrosionsschutz nach DIN EN 13 964 sowie mit Befestigungsmitteln, die ebenfalls den Anforderungen an den Korrosionsschutz entsprachen. Der Plattenhersteller hat hier spezielle Schrauben mit einer entsprechenden Beschichtung entwickelt; die geforderte Korrosionsbeständigkeit wurde in umfangreichen Tests im Salzsprühnebel bestätigt. Eine optimierte Gewindegeometrie sorgt zudem für das schnelle Eindringen ohne aufwendiges Vorbohren und garantiert sicheren Halt in der Unterkonstruktion. Der Schraubenkopf lässt sich außerdem gut in der Platte versenken.

Die Platten der unteren und der oberen Lage führten die Trockenbauer mit der Klebefugentechnik aus. Hierbei wird der Fugenkleber in flacher Wulstform per Kartusche auf die gerade und staubfreie Schnittkante der Platte aufgebracht. Im nachfolgenden Arbeitsgang presst der Handwerker die nächste Platte an der Stoßkante dagegen und verschraubt sie konventionell auf der Unterkonstruktion. Die Fugenbreite der Klebefuge ist dabei nicht größer als 1 mm.

Gasdichtigkeit trotz Perforation

Zwischen den beiden Plattenlagen und der Unterkonstruktion wurde auf der Raumseite der Tierhaltung in den Vorbereitungs- und Untersuchungsräumen eine 0,8 mm PVC-Folie als gasdichte Sicherungsebene angeordnet und durch Verkleben auf der Unterkonstruktion befestigt. Anschließend montierten die Trockenbauer die Platten und verschraubten diese durch die Folie hindurch wie gewohnt in der Metallständerunterkonstruktion. Durch die Verschraubung wird die Folie zwar perforiert, die Gasdichtheit ist in der Gesamtausführung jedoch weiterhin gewährleistet.

Der Deckenanschluss erfolgte, indem die Folie bis zur Rohdecke hochgeführt und dort mit einem Plattenstreifenriegel direkt in der Rohdecke befestigt wurde. Im Bereich des Bodenanschluss verklebten die Handwerker die PVC-Folie bis auf den Rohfußboden, so dass hier eine luftdichte Ausführung garantiert ist.

Oberflächengestaltung mit Schutz vor Mikroorganismen

Für die Beschichtung der belasteten Oberflächen im Wand- und Deckenbereich des Tierhauses, an die höchste Anforderungen gestellt werden, mussten die verwendeten Materialien mit besonderer Sorgfalt ausgewählt werden. Um auch an schwer zugänglichen Stellen einen dauerhaften Schutz vor Besiedlung mit Mikroorganismen herstellen zu können, verwendete man in Frankfurt das Top Coat System 700 der Firma Rohde KG als Oberflächenbeschichtung, dass sich die Wirkung von elementarem Silber zu nutze macht. Das System wirkt auch bei MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) und erzeugt keine Resistenzen. Die Desinfektion der Oberflächen ist mit allen gängigen Verfahren und zugelassenen wässrigen und organischen Mitteln möglich. Vorraussetzung des Einsatzes im Tierhaus war auch, dass das Oberflächenbeschichtungssystem H2O2 beständig ist.

Die komplette Gasdichtheit des Wandsystems wird zusätzlich mit der vollflächigen Oberflächenbeschichtung des Top-Coat-Systems erzielt. Die Dichtigkeit der einzelnen Räume hat man bereits während der Bauphase kontinuierlich mit Druckprüfungen bis 105 Pa getestet.

Autor

Dipl.-Ing. Holger Michel ist Technischer Berater bei der Firma Fermacell in Duisburg.

Die Verarbeitung erfolgte auf Profilen mit feuchtraum- geeignetem Korrosionsschutz nach DIN EN 13 964

Baubeteiligte (Auswahl)

 

Investor/Bauherr Max-Planck-Gesellschaft und das Land Hessen 

Planung und Bauleitung Gerber Architekten, Dortmund 

Trockenbauarbeiten Trockenbau München, München 

 

Herstellerindex (Auswahl)

 

Zementgebunden Leichtbeton-Bauplatten Fermacell GmbH, Duisburg, www.fermacell.de 

Oberflächenbeschichtung Rohde KG, Röttenbach, www.rohde-germany.com

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