Mehr Zeit für das Wesentliche
Daniel Schilloks entwickelt Online-Tool für Handwerker

Zimmerermeister Daniel Schilloks hat ein Online-Tool entwickelt, das Inhabern von Handwerksunternehmen die Steuerung und Kontrolle von Betriebsabläufen erleichtert und gleichzeitig ein Bonussystem für die Mitarbeiter beinhaltet, das deren Motivation steigert.

Jeder Handwerker, der die Entscheidung trifft, sich selbständig zu machen, wünscht sich Erfolg. Doch auch wenn die Auftragsbücher voll sind und Umsatz und Mitarbeiterzahl wachsen, bedeutet das nicht, dass man sich entspannt zurücklehnen kann. Im Gegenteil: Gerade wenn die Baustellen immer größer und zahlreicher werden, sind die Chefs fast nur noch mit Büroarbeiten beschäftigt – Angebote schreiben, handgeschriebene Tagesberichte auswerten, Rechnungen stellen, Material bestellen, Mitarbeiter planen, Lohnabrechnungen...  Zeit für Kundegespräche bleibt fast keine mehr, geschweige denn für langfristige strategische Überlegungen. Bald schleicht sich das Gefühl der Überforderung ein, zumal den meisten Inhabern auch die Übersicht fehlt, ob ihr Unternehmen überhaupt „gesund“ wirtschaftet. Manche machen immer so weiter – bis zur Insolvenz, oder bis sie ihre Gesundheit ruiniert haben.

Aus der Not geboren

Auch Daniel Schilloks war schon mal an diesem Punkt. Dabei hatte er eigentlich alles richtig gemacht. Schon als angestellter Zimmerer hatte der frühere Deutsche Meister der Zimmerer ein Hausbausystem auf Basis einer Fachwerkkonstruktion ausgetüftelt, das er gerne in Selbständigkeit umsetzen wollte. So kaufte er sich sein eigenes Werkzeug und einen kleinen Renault Kangoo und gründete 2001 die SHL Holzbau GmbH, die neben kompletten Häusern auch Dachsanierungen, Carports, Terrassen und andere Holzarbeiten ausführte, 2007 kam der Bereich Photovoltaik hinzu. Die hohe Qualität der Ausführung sprach sich herum, was zu neuen Aufträgen, steigenden Mitarbeiterzahlen und wachsenden Umsätzen führte, aber auch zu immer mehr Stress im Büro. Vor fünf Jahren war dann die Krise da: „Ich habe jeden Tag etwa zwei Drittel meines Arbeitspensums nicht mehr geschafft. Das summiert sich schnell zu einem riesigen Berg“, beschreibt er die damalige Situation.  Auf einer Betriebsversammlung erklärte er den Mitarbeitern sein Problem und stellte sie vor die Wahl: Entweder es müssten Aufträge abgesagt und dadurch auch Mitarbeiter entlassen werden, oder die Mitarbeiter nehmen ihm Arbeit ab. Das war die Geburtsstunde von „Zeitwert“ – www.zeitwert.de.

Mitarbeiter an Erfolg und Misserfolg beteiligt

Die Grundidee lautet: Möglichst viele Aufgaben und auch Verantwortung an die Mitarbeiter zu übertragen, um Zeit und Ressourcen für die eigentlichen Arbeiten des Chefs zu gewinnen – strategische Entscheidungen treffen, das Unternehmen lenken und repräsentieren. Daniel Schilloks gelingt das mit einen Kniff. Er sorgt durch ein Bonussystem dafür, dass sein Ziel, nämlich der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens, ganz direkt auch das Ziel der Mitarbeiter ist. Die übernehmen gerne mehr Aufgaben und Verantwortung und haben ein Interesse an der Zufriedenheit der Kunden, denn es zahlt sich für sie in barer Münze aus. „Mit jeder Arbeitsstunde können sie Punkte sammeln, die am Ende des Jahres in Geld umgerechnet werden. Statt jedem das gleiche Weihnachtsgeld zu zahlen, bemisst sich die Höhe nach dem jeweiligen Punktestand. „Es gibt aber keine negativen Punkte, so dass keiner leer ausgeht“, erläutert Schilloks. Dabei führe nicht allein das Geld, sondern vor allem die Anerkennung zu einem spürbaren Motivationsschub für die Mitarbeiter. „Meine Leistung als Angestellter wird durch ein faires und objektives System für meinen Chef aber auch für die Kollegen sichtbar. Das wirkt unheimlich motivierend“, sagt Schilloks. Er schätzt, dass sein Unternehmen seit der Einführung von Zeitwert zwischen 15 und 25 Prozent effizienter funktioniert.

Zeitwert hält dem Chef den Rücken frei

Gestartet hat er das Zeitwert-System mit einer Anzahl sehr sinnreich verknüpfter Excel-Tabellen. Mittlerweile liegt es als sehr einfach und intuitiv zu bedienende professionell programmierte Softwarelösung vor, die aus zwei Elementen besteht. Das eigentliche System läuft plattformunabhängig auf einem dezentralen Server und kann über jeden Internetbrowser aufgerufen und bedient werden. So muss keine Software installiert und gewartet werden, und man muss keine einzelnen Lizenzen kaufen. Die Handwerker machen auf der Baustelle ihre Eingaben mit Hilfe einer App auf  Smartphones oder Tabletcomputern.

Im ersten Schritt wird ein Auftrag auf Grundlage des Angebots in wenigen Sekunden als Projekt angelegt. Hier merkt man, dass das System von einem Handwerker erdacht wurde, denn es werden genau die Angaben abgefragt, die ein Handwerker braucht – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Zahlreiche Details unterstützen den Chef schon in dieser Phase bei der Abwicklung des Auftrags. Beispielsweise wird sofort deutlich, wie viele Tage Spielraum für die Arbeiten bleiben, um fristgerecht fertig zu sein.

Auf der Baustelle tragen die Mitarbeiter dann mit wenigen Klicks ihre Arbeitsstunden ein, aufgeschlüsselt nach den tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten. Auch das verbrauchte Material kann einfach erfasst werden. So entsteht in Echtzeit eine übersichtliche Darstellung davon, wie viel Material und Stunden schon in dem Projekt stecken. Das erleichtert die Erstellung von Abschlagsrechnungen sowie die Einschätzung, ob der Auftrag wirtschaftlich ist oder ob etwas aus dem Ruder läuft. Die digitalen „Stundenzettel“ können sich die Handwerker sogar vom Kunden auf dem Eingabegerät unterschreiben lassen, so dass später keine Diskussionen mit dem Auftraggeber über die geleisteten Stunden entstehen. Auch Leistungen, die nicht im Angebot enthalten sind, können so erfasst und bestätigt werden und werden bei der Rechnungsstellung nicht vergessen. Auch die Lohnabrechnungen werden so quasi automatisch erstellt und können Ende des Monats mit wenigen Mausklicks an die Buchhaltung übergeben werden.

Werben mit Kundenzufriedenheit

Ein wesentliches Element des Bonussystems ist ein sehr kurzer Fragebogen, den der Kunde direkt auf dem Tabletcomputer ausfüllt. Er kann damit Schulnoten für die Freundlichkeit des Handwerkers, für die Sauberkeit der Baustelle und für die Betreuung vergeben. Diese Noten bilden, neben der Anzahl der benötigten Stunden und dem wirtschaftlichen Gelingen der Baustelle, die Basis für die Bonuspunkte. Außerdem lässt sich dieses Kundenvotum auf der eigenen Homepage einbinden und so für die Werbung nutzen.

Damit das Bonussystem funktioniert, muss für jeden Auftrag eine Nachkalkulation aufgestellt werden. „Das ist ohnehin vernünftig, um zu erfahren, ob die eigenen Ansätze aus dem Angebot passen oder ob man zukünftig anders kalkulieren sollte.“

Einfache Jahresplanung

Ausgangspunkt jeder Kalkulation sollte eine realistische Jahresplanung sein. Mit Zeitwert gelingt diese Aufgabe mit Hilfe einer betriebswirtschaftlichen Auswertung aus dem Vorjahr innerhalb von 20 Minuten. 20 Minuten, die sich in der Folge jeden Tag auszahlen, denn das Programm zeigt tagesaktuell, ob die Ziele erreicht werden oder ob der Unternehmer gegensteuern muss. In den weiteren Jahren bilden dann die Zeitwert-Ergebnisse des Vorjahres die sehr viel genauere und aussagekräftigere Grundlage für die Jahresplanung. Die Handwerksmeister wissen dann genau, mit welchen Stundensätzen, Materialaufschlägen und Arbeitsstunden sie ihre Angebote kalkulieren müssen, um den angestrebten Gewinn zu erzielen. „Man kann mit Zeitwert keine Angebote oder Rechnungen schreiben – dazu gibt es spezialisierte Programme, die jeder Handwerker nutzt – aber man kann sie damit überprüfen“, fasst Daniel Schilloks zusammen. Aufgabe des Tools sei es,  Abläufe effizienter und wirtschaftlicher zu machen, dem Chef mehr Zeit für Kundenakquise und strategische Planungen zu verschaffen und die Zufriedenheit und die Motivation der Mitarbeiter zu steigern.

Autor

Thomas Schwarzmann ist Redakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach + holzbau.

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