Nachhaltig und ökologisch Bauen mit Stroh und Lehm 

Ökologisches Bauen ist angesagt. Natürliche Baustoffe stehen dabei besonders im Fokus. Der Einsatz von Maschinentechnik hebt das Bauen mit Stroh und Lehm ins 21. Jahrhundert. Nichtsdestotrotz geben die ursprünglichen Baustoffe „natürliche“ Grenzen vor, die es zu beachten gilt.

Der Baustoff Stroh ist mit dem gestiegenen Interesse an Nachhaltigkeit und nachwachsenden Rohstoffen erneut in den Fokus gerückt. Die Halme heimischer Getreidepflanzen wie Roggen, Weizen, Gerste oder Hafer sind die Grundlage. Es handelt sich also um ein Beiwerk der Agrarwirtschaft, weshalb gerade seine weiterführende Nutzung aus dem natürlichen Rohstoff einen besonders nachhaltigen und ökologischen Baustoff macht. Eigenschaften wie Diffusionsoffenheit, niedrige Wärmeleitfähigkeit sowie gute Wärmespeicherkapazität und Schallabsorption sorgen zudem für eine Reihe von potenziellen Einsatzmöglichkeiten. Darüber hinaus ist Stroh frei von chemischen Zusätzen und gilt als normal entflammbar (Baustoffklasse B2).

Auch die Verwendung von Lehm hat in Deutschlands Baukultur eine lange Tradition. In örtlich vorhandenen Baugruben abgebaut, wurde er sowohl für massive Wände als auch in Fachwerkausfachungen genutzt. Lehm gewinnt dank der nur geringen erforderlichen Primärenergie bei seiner Trocknung im Kontext des nachhaltigen Bauens wieder an Bedeutung. Er nimmt zudem Wasser auf, speichert es zwischen und kann diese Feuchte bei Bedarf wieder abgeben. Regen und Frost mag Lehm jedoch nicht, weshalb er nur im Innen- oder im geschützten Außenbereich eingesetzt werden sollte.

Strohdämmplatten und Lehmputz 

Die Gebäudedämmung mit Strohplatten, die man  noch häufig in Altbauen findet, erlebt heute ein Revival bei modernen Fassadendämmungen. Beim Verputzen von Strohdämmplatten muss man aber darauf achten, dass die Verbindung zwischen Stroh und Putz nur durch eine mechanische Verkrallung erreicht wird. Gerade bei Einsatz eines Lehmputzes, der keinerlei chemische Zusätze aufweist, ist die Putzhaftung zum Untergrund und auch in den Putzschichten daher wesentlich.

Auf anderen nicht tragfähigen Putzuntergründen, beispielsweise Holz, müssen Putzträger eingesetzt werden. Hierfür bieten sich 70-stengelige Schilfrohrmatten, Holzfaserdämmplatten oder auch metallische Putzträger an. Für eine fachgerechte Ausführung müssen zudem Lehmputze nach DIN 18 947 oder gemäß den Lehmbauregeln des Dachverbandes Lehm e.V. aus Weimar zum Einsatz kommen. So hat auch die Firma Maxit aus Azendorf etwas in Petto: Maxit-Lehmputze sind Werksgemische aus speziell ausgesuchtem Lehm und mineralischen Zuschlägen in einer Körnung von 0,8 bis 1,2 mm. Diese können als einlagiger oder mehrlagiger Lehmputz zum Verputzen von verschiedenen Untergründen eingesetzt werden. Doch gilt es bei der Arbeit mit der traditionellsten aller Putzformen einige Besonderheiten zu beachten.

Schritt für Schritt zur gewünschten Dicke 

Die maschinelle Verarbeitung moderner Lehmputze kann per Putzmaschine oder Quirl erfolgen. Die erste Lehmputzlage wird anschließend direkt auf die Strohdämmplatte aufgebracht. Die Auftragsdicke des groben Putzes ist dabei abhängig von dessen Größtkorn, sollte aber 20 mm nicht überschreiten. Diese erste Lage verfolgt zunächst die Kontur der Strohoberflächen, mit ihr muss also noch keine Ebenheit erreicht werden. Die Oberfläche des Putzes muss anschließend aufgeraut werden. Nach Einhaltung der Standzeit – also pro Millimeter Putzdicke jeweils zwei Tage – und Austrocknung der Putzschicht wird eine weitere Lage Lehmputz aufgebracht. Dazu muss der Untergrund wieder angefeuchtet werden: Bereits angetrockneter Lehmputz lässt sich einfach durch Wasserzugabe wiederaufarbeiten, so dass eine Verbindung zwischen den einzelnen Putzlagen entstehen kann.

Durch diesen mehrlagigen Aufbau erreicht man die notwendigen Dicken, um eine ebene Putzfläche zu erzielen.  Der Oberputz kann schließlich gerieben, geglättet oder gefilzt werden. Um die positiven Eigenschaften des Lehmputzes hinsichtlich der Feuchteaufnahme und -abgabe nicht zu reduzieren, sollte auf anschließende Beschichtungen verzichtet werden. Ist trotzdem eine Beschichtung gewünscht, eignen sich Silikat-Farben, Lehmfarben oder andere dampfdiffusionsoffene Innenwandfarben.

Vollständige Trocknung essenziell 

Verputzte Konstruktionen müssen ausreichend schnell und vollständig trocknen, um einen überhöhten Feuchteeintrag in die Strohdämmung zu vermeiden. Bei einer relativen Luftfeuchte von 60 Prozent und einer durchschnittlichen Temperatur von 20 Grad Celsius gelten die bereits erwähnten ein bis zwei Tage pro Millimeter Putz. Längere Trocknungszeiten aufgrund von kalter Witterung sind nicht zu empfehlen. Ein gleichzeitiges Verputzen beider Seiten sollte aufgrund der hohen Feuchtigkeitsbelastung ebenfalls vermieden werden. Gegebenenfalls muss die Trocknung durch reichliches Lüften oder den Einsatz von Ventilatoren, Heizungen, Trocknungs- oder Entfeuchtungsgeräten unterstützt werden.

Sollte der Lehmputz dennoch einer längeren Feuchte ausgesetzt werden, kann es schlimmstenfalls zu Schimmelbildung auf der Putzoberfläche kommen. Denn tritt der biologische Befall bei einem chemisch neutralen Produkt (pH-Wert = 7) auf, ist dies meist auf Abtrocknungsbedingungen beziehungsweise Umgebungsklima zurückzuführen: Die überschüssige Feuchtigkeit begünstigt das Wachstum der Pilzsporen. Werden die Verarbeitungsempfehlungen jedoch beachtet, findet sich in der Kombination aus Strohdämmung und Lehmputz eine überaus wohngesunde und ökologische Form der modernen Wärmedämmung.

Autorin

Dipl.-Ing. Heike Pfaff ist im Produktmanagement Bauwerkssanierung & Denkmalschutz der Maxit-Gruppe in Azendorf tätig.

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