Natur-Klimadecken heizen und kühlen in Belgien Betonhaus aus dem 3D-Drucker

Wer eine Vision vom nachhaltigen Bauen der Zukunft entwickeln will, kann einen Blick nach Belgien werfen: Im Kamp C, dem Landeszentrum für Nachhaltigkeit und Innovation in Antwerpen, steht ein Einfamilienhaus, das mit Europas größtem 3D-Drucker in einem Stück entstanden ist – in nur drei Wochen.

Millimetergenau hat ein Druckkopf den Grundriss computergesteuert nachgezeichnet und dabei ein spezielles Betongemisch Schicht für Schicht aufgetragen. Für einen Quadratmeter Wandfläche benötigt der Drucker gerade einmal fünf Minuten. Das Haus bietet 90 Quadratmeter Wohnfläche auf zwei Etagen.

Kombiniert wurde die Gebäudehülle aus Beton mit Natur-Klimadecken: Bei ihnen sind Hochleistungs-Lehmmodule von Schlauchleitungen durchzogen, durch die je nach Bedarf warmes oder kaltes Wasser strömt. So lassen sich die Räume im Winter sanft und ohne Staubverwirbelungen heizen und im Sommer kühlen. Kondenswasser bildet sich dabei nicht. Denn die mit Ton veredelten Lehmmodule regeln die Luftfeuchtigkeit im Raum von selbst: Das speziell verpresste Material kann über einen Liter Wasser pro Quadratmeter aufnehmen beziehungsweise verarbeiten. Ist die Luft im Inneren des Hauses weniger gesättigt, geben die Module die eingespeicherte Feuchte dosiert wieder ab.

Ton reinigt die Luft

„Mit den Natur-Klimadecken erübrigt sich eine Anlage zur Raumluft-Entfeuchtung“, sagt Axel Lange, Geschäftsführer des Göttinger Herstellers ArgillaTherm, der die patentierte Natur-Klimadecke für dieses von der EU geförderte Pilotprojekt entwickelte und lieferte. „Hochaktiver Ton kann in solchen Gebäuden die Nachteile von Beton kompensieren, eine ideale Kombination also.“ Bewohner profitieren dabei auch von weiteren positiven Eigenschaften dieser Lösung: Ton reinigt die Luft, in die Decke integrierte Schall-Ringabsorber sorgen für eine angenehme Akustik. Die Module sind zu 100 Prozent recycelfähig.

Unter Nachhaltigkeitsaspekten bilden, so Lange, Betonhäuser im 3D-Druck-Verfahren und Natur-Klimadecken ein vielversprechendes Duo: Denn solche Häuser kommen mit weniger Material aus als Gebäude in herkömmlicher Bauweise. Anders als beim konventionellen Massivbau werde das Druckmaterial vor Ort angemischt und zwar nur so viel, wie tatsächlich benötigt wird. Auch ein Innenputz sei nicht zwingend nötig: Der Spritzkopf lässt beim schichtweisen Auftragen des Betons dekorative Strukturen entstehen.

Gerade weil in den Wänden nicht so viele verschiedene Komponenten verbaut sind, seien später auch Rückbau und Entsorgung besser machbar.  (bhw/ela)

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 11/2023

Altes Fachwerkhaus in Schorfheide wird zum Gemeinschaftshaus mit Natur-Klimadecken aus Lehm

Das ortspr?gende Fachwerkhaus wurde saniert und ist nun als Dorfgemeinschaftshaus Treffpunkt f?r den ganzen Ort

„Müllers Ruh“ wird das Fachwerkhaus in Schorfheide genannt, denn es diente den Gesellen der Mühle ursprünglich als Unterkunft. Nach 1990 war dort der Sitz der Gemeindeverwaltung. Das Haus stand...

mehr
Ausgabe 05/2022

Natursteinfassade des Königlichen Museums der Schönen Künste in Antwerpen gesäubert

Nach Entwürfen der Architekten Jan Jacob Winders und Frans van Dijk am Leopold de Waelplaats von 1884 bis 1890 im Stadtzentrum erbaut, beherbergt das Königliche Museum der Schönen Künste seit...

mehr
Ausgabe 05/2011

Zellulosedämmung auf oberster Decke

Zelluloseflocken bieten sich zur Dämmung der obersten Geschossdecke unter anderem deshalb besonders an, weil sich das Dämmmaterial optimal an die verschiedenen Dämmräume anpasst. Das macht den...

mehr
Ausgabe 1-2/2009

Verarbeitung von Tadelakt Erfahrungsbericht über das Verarbeiten von wasserfestem Kalkputz

„Wir machen im Grunde genommen nichts anderes als das, was Maler und Stuckateure schon vor Jahrhunderten gemacht haben“, sagt Kreidezeit-Geschäftsführer Gerd Ziesemann und meint damit, dass...

mehr
Ausgabe 11/2018

Lehmputz an der Decke

Thomas Steiner spr?ht im Obergeschoss des Einfamilienhauses in Rietberg 2 bis 3 mm Lehmputz auf die Decken

Über den Totalumbau eines 1965 in Rietberg errichteten Wohnhauses haben wir in bauhandwerk schon mehrfach berichtet. Angefangen mit der Anbringung eines WDVS auf den Außenmauern ging es an den...

mehr