Wetterempfindliche Dämmstoffplatten an einer Fassade

Als an der Fassade eines Hauses am Wärmedämmverbundsystem bei kalter und feuchter Witterung in allen Geschossen ein kissenförmiges Aufwölben der Dämmstoffplatten von bis zu 4 mm zu sehen war, beanspruchte der Auftraggeber eine umfassende Neuerstellung der Fassa­denverkleidungen, was einen hohen Nachbesserungsaufwand erfordert hätte. Überhaupt lagen die festgestellten Verformungen mit einem Aufwölbungsmaß von bis zu 4 mm durchweg im zulässigen Toleranzbereich der DIN 18202 in der im Ausführungszeitraum maßgebenden Fassung.

Das Fehlen einer mittigen Verankerung der Dämmplatten hatte auch keinerlei negative Auswirkungen auf ihre Funktionstauglichkeit in den Bereichen Standsicherheit so­wie Wärme-, Feuchtigkeits-, Schall- und Brandschutz. Es war auch nicht die Entstehung von Rissen oder Brüchen zu befürchten. Soweit eine Schmutz­ablagerung begünstigt wurde, beschränkte sich eine dahingehende Entwicklung auf eine verstärkte Algenbildung im Giebelbereich des Anbaus.

Der Aufwand für eine konstruktive Erneuerung der Fassade durch Nachdübeln oder punktuelles Nachkleben der Dämmstoffplatten wäre teuer geworden. Noch mehr hätte natürlich die Neuherstellung des Gewerks gekostet. Jedoch war davon auszugehen, dass die beanstandete Fassadenkonstruktion infolge eines konstruktiven Ausführungsfehlers mit einem gewährleistungspflichtigen Man­gel behaftet war. Ein Fehler in diesem Sinne liegt bereits dann vor, wenn das Werk von der Beschaffenheit abweicht, die es für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch haben muss. Denn der Auftragnehmer hat die Entstehung eines mängelfreien, zweckgerichteten Werkes zu gewährleis­ten. Entspricht seine Leistung nicht diesen Anforde­rungen, so ist sie mangelhaft und zwar unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung gehört es bei einer Außenwandverkleidung zum vertraglich vorausgesetzten Erscheinungsbild des Gewerks, dass die Oberflächenstruktur selbst bei höheren Temperaturschwankungen formbeständig bleibt und ihr Aussehen auch in sonstiger Weise keinen witterungsabhängigen Veränderungen unterliegt. Dass die Maßtoleranzen der DIN 18202 an sich eingehalten waren, stand der Annahme eines Werkmangels nicht entgegen. Die dorti­gen Toleranzgrenzen umschreiben einen herstellungsbezogenen Sorgfaltsmaßstab, der für die Montage nicht relevant ist.

Wenn die Mängelbeseitigung durch die Beseitigung der gesamten mängelbehafteten Fassadenkonstruktion und eine völlige Neuherstellung des Wärmedämmverbundsystems vorgenommen worden wäre, hätte sich ein unverhältnismäßiger Aufwand ergeben. Deshalb wurde dem Auftraggeber durch das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 16.4.2007 – 4 U 198/05 –, das durch den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 24.1.2008 – VII ZR 124/07 – bestätigt wurde, nur ein Anspruch auf Minderung des Werklohns in Höhe von etwa zehn Prozent des Nachbesserungsanspruchs zugesprochen.

– Dr. tt –

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