Energieeffizient bis auf 73 m Höhe
Upgecycelte Fassadenelemente aus Naturstein für den Frankfurter Büroturm „AYR“Der markante Frankfurter Büroturm „AYR“ wird derzeit energetisch saniert. Die Naturstein-Fassade wird vollständig abgenommen, in einem Upcycling-Verfahren aufbereitet und anschließend wieder ans Gebäude montiert. Die bisherige Dämmung wird zudem verdoppelt.
73 m hoch ist der Büroturm „AYR“, der 2001 mit Y-förmigem Grundriss, heller Gneisfassade und unter seinem ursprünglichen Namen „Scala West“ in Frankfurt am Main errichtet wurde. Das markante Hochhaus liegt am westlichen Eingang zur Stadt und wird aktuell energetisch modernisiert und damit fit gemacht für die Zukunft. Im Mittelpunkt steht die Sanierung der 7100 m2 umfassenden Fassadenfläche, die als vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) realisiert wird. Dazu wird der Naturstein der Bekleidung zunächst vollständig demontiert, in einem Upcycling-Verfahren aufbereitet und anschließend am Gebäude wiederverwendet. Um einen hochwertigen Wärmeschutz zu erzielen, wird die bisherige Dämmung des Gebäudes verdoppelt. Zum Einsatz kommen 2 x 80 mm „Kontur FSP 1 Excellence“-Fassadendämmplatten von Isover. Die schlanke Dämmplatte aus Glaswolle steht für höchste Dämmleistung und Energieeffizienz, sie ist nichtbrennbar und bietet darüber hinaus besten Schallschutz.
Sanierung bei laufendem Betrieb
18 Geschosse zählt das Bürohochhaus, das im Rahmen der energetischen Sanierung auch gleich einen neuen Namen bekam: Aus „Scala West“ wurde „AYR“. Der außergewöhnliche Name mit dem „Y“ in der Mitte spielt auf den Y-förmigen Grundriss des Gebäudes an. Über mehr als 21 200 m2 Gesamtmietfläche verfügt der Büroturm und dient täglich als unverzichtbare Anlaufstelle für zahlreiche Mieterinnen und Mieter. „Dank der Lärmschutzkonzepte wird die Lärmbelastung so weit gesenkt, dass die Bauarbeiten bei laufendem Betrieb ausgeführt werden können“, erklärt Mathias Sonnenberg, Projektleiter der ausführenden Naturstein Steinmann GmbH im bayerischen Eltmann. „Die Büros sind während der Fassadenarbeiten durchgängig besetzt. Für Bohrarbeiten wird die Lärmbeeinträchtigung durch festgelegte Zeitfenster geregelt.“ Über die Bohrzeiten und die aktuellen Arbeitsbereiche informiert unter anderem ein großer Monitor in der Lobby.
Begonnen haben die Fassadenarbeiten im März 2023 mit der Demontage der Bestandsfassade. Seitdem sind täglich 6 bis 14 Mitarbeiter der Naturstein Steinmann GmbH auf der Baustelle. Da der Bestandsstein aus Nachhaltigkeitsgründen aufbereitet und wiederverwendet werden sollte, wurden die mit Dornankern befestigten Platten zunächst Lage für Lage und von oben nach unten von der Fassade entfernt. Die Anker wurden durchtrennt, so dass die Fassadenplatten händisch abgenommen und vor Ort nach Größe sortiert, dokumentiert und palettiert werden konnten. Der gesamte Untergrund aus alter Wärmedämmung, Anker und schadhaftem Beton wurde ebenfalls abgebaut.
Natursteine werden durchgeschnitten
Die vorsortierten Fassadenplatten aus Gneis wurden anschließend im Werk der Lithodecor Fassaden GmbH, einem Unternehmen der Naturstein Steinmann GmbH im sächsischen Vogtlandkreis, fachgerecht aufbereitet. „Die Natursteine werden mittig durchgeschnitten, wobei zwei dünnere Platten entstehen. Jede Natursteinplatte wird dann gemäß der Litho-Stone zugehörigen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung mit einer Leichtbetonträgerplatte vakuum-
verklebt, anschließend werden die Oberflächen geschliffen“, sagt Sonnenberg. Das so upgecycelte Fassadenelement ist insgesamt 28 mm dick, davon macht die Natursteinplatte gerade einmal 10 bis 12 mm aus. „Stärker muss die Natursteinschicht auch nicht sein, da die an der Natursteinfassade auftretenden Kräfte durch das Verbundsystem geschlossen aufgenommen werden“, so Mathias Sonnenberg.
Die schlanke und dazu leichte Bauweise der neuen Fassadenplatte hat für das Frankfurter „AYR“ einen entscheidenden Vorteil: Die gesamte Fassade kann mit einer größeren Auskragung montiert werden. „Als neue Fassadenlinie haben wir die Vorderkante der hervorstehenden Fenster gewählt. Die ursprüngliche architektonische Gestaltung der Fenster fügte sich optisch nicht mehr harmonisch ein. Mit dem neuen fließenden Übergang wirkt die Fassade jetzt ‚wie aus einem Guss‘. Der Bauherr hat damit eine deutlich modernere Optik erreicht.“ Außerdem hat sich der Platz hinter der Fassade vergrößert, so dass eine Verdopplung der bisherigen Wärmedämmung ohne weiteres möglich ist.
Hoher energetischer Standard
„Auf Wunsch des Bauherrn soll für das Gebäude
ein möglichst hoher energetischer Standard erzielt werden“, erklärt Mathias Sonnenberg. „Wir erreichen mit dem Aufbau der Außenwandkonstruktion einen U-Wert von 0,20 W/m²K. Die Dämmplatte ist aus Glaswolle, Euroklasse A1 nichtbrennbar und leistet einen hervorragenden Wärme-, Brand- und Schallschutz.“ Mit einem Lambda-Nennwert von 0,030 W/mK beziehungsweise einem Lambda-Bemessungswert von 0,031 W/mK bietet die „Kontur FSP 1 Excellence“ die bestmöglichen Werte für Mineralwolle.
Die mit einem schwarzen Vlies kaschierte Platte ist robust und zugleich elastisch. Mögliche Unebenheiten des Untergrunds gleicht sie zuverlässig aus. Eine weitere Stärke liegt in ihrer Wetterfestigkeit. Das Produkt ist durchgehend wasserabweisend und ideal für schlanke Konstruktionen wie die vorgehängte hinterlüftete Fassade.
Unterkonstruktion mit horizontal
gespannten Agraffen und Traversen
Die Vorzüge der VHF liegen in der konstruktiven Trennung der Funktionsschichten und dem so entstehenden Hinterlüftungsraum. Dieser sorgt dafür, dass etwaige Feuchte – verursacht beispielsweise durch Kondensation oder Regen – sicher abtransportiert werden kann. Für den Frankfurter Büroturm wurde ein Hinterlüftungsquerschnitt von 20 mm gewählt. Die VHF bietet so zuverlässigen Schutz vor Witterungs- und Umwelteinflüssen, sie ist langlebig und kann sortenrein zurückgebaut und recycelt werden. Darüber hinaus bietet sie einen großen gestalterischen Freiraum.
Die Ausführung am „AYR“ begann zunächst mit der Montage der Wandkonsolen an die 250 mm dicke Stahlbeton-Außenwand. Anschließend wird der Dämmstoff aus 2 x 80 mm „Kontur FSP 1 Excellence“ an den Konsolen befestigt. Die zwei Dämmstofflagen werden übereinander im Halbverband verlegt und anschließend mit fünf Dämmstoffhaltern pro m2 gesichert. Die anschließend eingebaute zweiteilige Tragkonstruktion besteht aus einer senkrechten Aluminium-Unterkonstruktion sowie horizontal gespannten Traversenprofilen, die als Aufnahmeprofile für die Agraffen dienen.
„In die Lithodecor-Fassadenplatten sind werksseitig Haltepunkte eingelassen, die mit den Trage- und Halteagraffen verschraubt werden. Die Agraffen greifen in die horizontalen Schienen ein und sorgen gemeinsam mit einer Verschiebesicherung für den erforderlichen Halt der Fassadenplatten. Dabei bleiben sie jederzeit reversibel“, so Mathias Sonnenberg.
Fazit
Die Wiederverwendung der Bestandsplatten trägt in besonderem Maße zum Ressourcenschutz und damit auch zum Natur- und Klimaschutz bei. So entfallen etwa die aufwendige Förderung von neuem Naturstein-Rohmaterial im Steinbruch, weite Transportwege sowie die anschließende Weiterverarbeitung des Steins. Das Upcycling vermeidet nicht nur große Mengen an Abfall, sondern reduziert auch die im Zuge der Demontage entstehenden, teils erheblichen Entsorgungskosten. Nicht zuletzt stellt das niedrigere Gewicht der upgecycelten Lithodecor-Fassadenelemente eine deutliche Arbeitserleichterung bei der Montage auf der Baustelle dar.
AutorJoachim Pfisterer ist im Vertrieb Hochbau Süd und im Objektmanagement der Saint-Gobain Isover G+H AG in Düsseldorf tätig.