Farbige Gestaltung im Münchner Volkstheater

Der Neubau des Münchner Volkstheaters befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Schlacht- und Viehhofs inmitten von ziegelumhüllter historischer Industriearchitektur. Der Entwurf passt sich seiner Umgebung an und lässt von außen wenig von seinem besonders farbenfroh gestalteten Foyer erahnen.

Die kräftige Farbgebung im Foyer trägt zu einer einladenden Wohlfühlatmosphäre bei Die kräftige Farbgebung im Foyer trägt zu einer einladenden Wohlfühlatmosphäre bei
Foto: Leonard Mandl

Die kräftige Farbgebung im Foyer trägt zu einer einladenden Wohlfühlatmosphäre bei
Foto: Leonard Mandl
Die Besucherinnen und Besucher sind sicherlich überrascht, wenn sie das weitläufige Foyer des neu erbauten Volkstheaters in München betreten. Denn im Innenraum begrüßen sie kräftige Farben: Hellblau, Gelb, Dunkelblau, Hellgrün, Braun und ein helles Ziegelrot charakterisieren das zweistöckige Foyer. Überrascht sind die Besucherinnen und Besucher deshalb, weil die Farbigkeit einen deutlichen Kontrast zur Gebäudehülle des Theaterbaus selbst bildet. Der Entwurf mit seinem Gegensatz aus einfarbiger Fassade und mehrfarbigem Innenraum basiert auf den Ideen des Stuttgarter Architekturbüros LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei.

Erst die Stadt, dann das Haus

Das Volkstheater in München auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs passt sich mit seiner Gebäudehülle aus roten Ziegeln seinem Umfeld an Das Volkstheater in München auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs passt sich mit seiner Gebäudehülle aus roten Ziegeln seinem Umfeld an
Foto: Leonard Mandl

Das Volkstheater in München auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs passt sich mit seiner Gebäudehülle aus roten Ziegeln seinem Umfeld an
Foto: Leonard Mandl
Nach einem gewonnenen europaweiten Verfahren, das die Stadt München ausgeschrieben hatte, realisierte das Bauunternehmen Georg Reisch diesen Neubau des Münchner Volkstheaters zusammen mit den Architekten von LRO. Das Theater sollte seinen Platz auf dem ehemaligen Gelände des Schlacht- und Viehhofs der Stadt München finden, dessen Bestandsbauten bis in die Gründerzeit zurückreichen und deren Erscheinungsbild von roten Ziegeln geprägt ist. „Bei uns im Büro haben wir den Grundsatz: Erst die Stadt, dann das Haus. Die Materialität der Fassade des Münchner Volkstheaters orientiert sich an den benachbarten Bauten und insbesondere an einem Verwaltungsriegel des Schlachthofs aus dem späten 19. Jahrhundert, der in den Entwurf zu integrieren war“, erläutert Levin Koch, Architekt bei LRO.

Kontrast ist kein Widerspruch

Es vergingen nur knapp drei Jahre bis zur Fertigstellung Aus der Form des Grundstücks ergab sich der längliche Zuschnitt des Foyers, das mit seiner mehr farbigen Gestaltung beeindruckt. „Es war früh klar, dass wir mit dem Foyer, dem Ankunftsort der Besucher, einen Raum schaffen wollten, der überrascht“, erklärt Architekt Levin Koch. „Denn eine weitere Prämisse unseres Büros lautet: Drinnen ist anders als draußen.“ Ist der Eingangsbereich des zweigeschossigen Foyers in einem dunkelblauen Ton an der Decke und in hellgrün an den Wänden gehalten, findet sich ein leuchtendes Gelb an der Längswand der zweigeschossigen Galerie. Ein helles Ziegelrot und ein bräunlicher Farbton setzen vereinzelt Akzente. Blickfang im Foyer ist eine geschwungene Treppe, die vor einer hellblauen Wand zur Galerie führt. Dieses Farbkonzept erstreckt sich über zwei Etagen und wird zusätzlich mit einer speziellen Beleuchtung in Szene gesetzt.

Ausgeklügeltes Farbkonzept

Vor einer hellblauen Wand führt die Treppe in die zweite Etage. Die Farbe ?poLyChro intérieur? zeichnet sich durch hochwertige Pigmente aus, die eine besondere Farbtiefe hervorrufen Vor einer hellblauen Wand führt die Treppe in die zweite Etage. Die Farbe „poLyChro intérieur“ zeichnet sich durch hochwertige Pigmente aus, die eine besondere Farbtiefe hervorrufen
Foto: Leonard Mandl

Vor einer hellblauen Wand führt die Treppe in die zweite Etage. Die Farbe „poLyChro intérieur“ zeichnet sich durch hochwertige Pigmente aus, die eine besondere Farbtiefe hervorrufen
Foto: Leonard Mandl
„Das detaillierte Konzept, welche Farben für welche Bereiche warum eingesetzt wurden, bleibt ein bisschen unser Geheimnis“, sagt Levin Koch augenzwinkernd, verrät allerdings: „Die Gestaltung hat sich in einem Prozess entwickelt. Wir haben darauf geachtet, dass gewisse Farbsetzungen so funktionieren, dass sie die unterschiedlichen Raumsituationen des Foyers unterstützen, dass Farben nicht an der falschen Stelle aufeinandertreffen, auch in Bezug auf den Ausblick nach draußen. Aus der Auswahl einer Farbe ergeben sich meist die anderen Farben. Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, nicht zu viel Farbe einzusetzen, so dass wir die Bereiche wie Türen oder Stützen in Weiß und Schwarz gestaltet haben. Wir stellten fest, dass das Konzept wohl mehrfarbig, aber nicht bunt sein darf, sonst entsteht ein Raum, der den Betrachter erschlagen kann. Das ist auch der Grund, weshalb wir sehr lange gebraucht haben, um das Farbkonzept zu erstellen.“

Schon früh war den Architekten rund um Arno Lederer klar, für die Gestaltung des Foyers mineralische Farben verwenden zu wollen. Vor diesem Hintergrund kamen den Verantwortlichen die mineralischen „Le Corbusier Farben poLyChro-intérieur“ von Keimfarben entgegen, gefertigt nach der Polychromie architecturale Le Corbusiers. „Was folgte, war eine intensive Zeit“, erzählt Levin Koch. „Über ein Jahr nutzten wir den Musterservice von Keimfarben vollumfänglich und beschäftigten uns im Entwurfsprozess lange mit den Musterstücken, die wir zu jeder Le-Corbusier-Farbe bestellt hatten.“ Letztlich ließen die Architekten von Keimfarben große Farbtafeln mit den Maßen 150 x 250 cm der ausgewählten Farben fertigen, um damit im Foyer die endgültige Auswahl festzulegen.

Insgesamt verarbeitete die Zawada GmbH aus Germering in der Nähe von München im Foyer 310 Liter „poLyChro-intérieur“ in vier verschiedenen Farbtönen. Diese Premium-Innenwandfarbe auf mineralischer Basis mit ausgewählten reinsten Pigmenten zeichnet sich durch ihre einzigartige Farbtiefe und Farbwirkung aus. In den hohen Räumen des Foyers kreiert sie auf fast 1000 m2 eine samtmatte Oberfläche.

Grundierung, Zwischen- und Schlussanstrich

Beim Farbkonzept achteten die Architekten darauf, nicht zu viel Farbe einzusetzen, so dass sie einige Bereiche auch in Weiß oder Schwarz gestalteten Beim Farbkonzept achteten die Architekten darauf, nicht zu viel Farbe einzusetzen, so dass sie einige Bereiche auch in weiß oder schwarz gestalteten
Foto: Leonard Mandl

Beim Farbkonzept achteten die Architekten darauf, nicht zu viel Farbe einzusetzen, so dass sie einige Bereiche auch in weiß oder schwarz gestalteten
Foto: Leonard Mandl
Für die gelben Flächen verwendeten die Maler die Innenfarbe „Keim Innostar“, eine ultradeckende, hochergiebige anwendungsfertige Sol-Silikatfarbe. Die Grundierung des Untergrunds generell erfolgte mit „Keim Soliprim“, ein silikatisches Spezial-Grundiermittel für innen auf Basis einer Bindemittelkombination von Hydrosol und Kieselsol. Es wirkt egalisierend, untergrundverfestigend und haftvermittelnd. „Auch den Zwischenanstrich führten wir mit ,Keim Innostar‘ aus“, erläutert Bauleiter Simon Frischhut von Zawada. Bei Bedarf wurde „poLyChro-intérieur“ auch zweimal aufgetragen. Insgesamt waren zwei Facharbeiter etwa ein halbes Jahr damit beschäftigt, die Farben samt Grundierung im Rollverfahren aufzutragen.

Fazit

Während das Foyer farbig gestaltet ist, sind die drei Spielstätten mit Platz für 600, 200 und 100 Zuschauer und alle dazugehörigen Arbeitsräume bewusst neutral gehalten. Levin Koch resümiert: „Unsere Intention war es, ein schönes Theaterfoyer zu schaffen, in dem die Menschen ankommen und sich wohlfühlen können. Das Volkstheater ist ein Ort, den man auch nach der Arbeit ohne Gala-Garderobe besuchen kann. Ein Ort, der auf alle einladend wirkt und nicht abschreckt. Dazu sollte auch die Farbgestaltung beitragen, sie ist eng mit der Idee des Volkstheaters verbunden.“

 

Autorin

Dr. Alexandra Nyseth ist Kunsthistorikerin und Journalistin. Sie lebt und arbeitet als freie Fachautorin in Ahrensburg.

Baubeteiligte (Auswahl)

 

Hausherr Volkstheater München, www.muenchner-volkstheater.de

Architekturbüro LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart, www.archlro.de

Malerarbeiten Zawada, Germering, www.zawada-gmbh.com

Farben poLyChro-intèrieur (Farbtöne 4320D, 32041, 32121, 32032), Keim Innostar, Keim Soliprim

Keimfarben, Diedorf, www.keim.com

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 09/2010

Sol-Silikatfarbe: Allrounder für Innen

Als echter Allrounder für Innen präsentiert sich die neue universelle Sol-Silikatfarbe Innotop aus dem Hause Keim. Sie ist geeignet für Wand- und Deckenanstriche auf allen gängigen Untergründen,...

mehr
Ausgabe 05/2022

Titandioxidfreie Innenfarbe „Tisenza“ von Keimfarben

Die neue titandioxidfreie Sol-Silikat-Innenfarbe „Tisenza“ ist frei von Titandioxid und ohne Zusatz von Lösungsmitteln, Weichmachern und Konservierungsstoffen. Abgestimmte Farbnuancen geben...

mehr
Ausgabe 03/2013

Die erste Silikatfarbe für Holz

Holzbauteile sind im Außenbereich den Einflüssen der Witterung ausgesetzt; Sonne, Regen, Schnee und andere Faktoren beanspruchen die Oberfläche. Hochwertige Beschichtungen leisten einen...

mehr
Ausgabe 03/2023

Einbau von 250 Spezialtüren von Schörghuber im Volkstheater München

Rund um die verbliebenen Schlachthausanlagen in München blüht ein vielfältiges urbanes Biotop: Lastenfahrrad-Mütter radeln an Arbeitern vorbei, Sprayer frönen ihrer Leidenschaft (die hier legal...

mehr
Ausgabe 1-2/2023

Rekonstruktion der Fassadenbemalung des Münchner Brunnenhof in Keim-A-Technik

Der längsoktogonale Brunnenhof entstand um 1612 bis 1616 aus damals bestehenden und zum Teil neu errichteten Bauteilen der Münchner Residenz. Seine Diagonallage ist bedingt durch die Lage des...

mehr