Lehm-Serie, Teil 5: Tipps zur Errichtung von Lehmsteinmauerwerk
Nachdem in bauhandwerk 11.2025 in Teil 4 unserer Lehm-Serie bereits nicht nur die Normung, sondern auch der Weg zum wirtschaftlichen Lehmsteinmauerwerk dargestellt wurde, wird in diesem Teil das Mauern mit formgepressten Lehmsteinen und Lehmdünnmörtel näher betrachtet.
Bei formgepressten Lehmsteinen handelt es sich um Lehmvollsteine mit einer Rohdichte von über 2,0 kg/dm³. Die Einzelsteine sind sehr schwer und können ab 8 DF nicht mehr per Hand gehoben werden. Wie beim Kalksandstein werden hierfür Versetzgeräte (Minikrane) mit geeigneter Versetzzange und entsprechenden Greifbacken/Dornen für Lehmsteine benötigt. (zum Beispiel „Lissmac Vario Greifer VSG 850“ mit Vario-Wechselbacken B30 oder vergleichbar). Die Greifbacken für KS-Steine sind nicht geeignet, weil diese zu kurz sind. Die Dornlöcher in den Lehmsteinen sind deutlich tiefer, entsprechend werden längere Greifbacken benötigt, um die Steine sicher anzuheben. Ein wesentlicher Vorteil beim Arbeiten mit Versetzzange ist, dass mehrere Steine gleichzeitig angehoben werden können.
0,25 m² Mauerwerk können in einem Arbeitsschritt gemauert werden
Foto: Industrieverband Lehmbaustoffe e.V.
Die Verarbeitung von formgepressten Lehmsteinen bis 6DF ist grundsätzlich als Ein-Mann-Mauern möglich. Aufgrund des Gewichts wird aber bereits ab 6 DF der Einsatz eines Versetzgerätes empfohlen. Hierfür ist ein Zwei-Mann-Team notwendig. Die Arbeitsschritte unterscheiden sich wenig von der üblichen Vorgehensweise beim Vermauern von großformatigen Kalksandsteinen.
Für das Arbeiten im Ein-Mann-Mauer-Verfahren mit den Formaten NF beziehungsweise 2DF bis 6DF ist als Grundlage für die Erstellung des Mauerwerkes die DIN 18 330 anzuwenden sowie die aktuell gültigen Lehmbauregeln, auf die in der MVV TB verwiesen wird. Die DIN 18 940:2023 wird demnächst in die MVVTB (2027) eingefügt. Sie regelt dann die Konstruktion, Bemessung und Ausführung für tragendes Lehmsteinmauerwerk in Anlehnung an den Eurocode 6.
Erstellen von Lehmsteinmauerwerk mit dem Minikran „Stein-Rex“
Foto: Industrieverband Lehmbaustoffe e.V.
Beim Arbeiten im Zwei-Mann-Team werden die Steine ab 8DF mit einem Versetzgerät (Mauerkran) verarbeitet. Dies erfolgt zum heutigen Stand noch nach den Lehmbauregeln und der DIN 18 945. Abweichend von diesen Regelwerken werden bei der Verwendung von Lehmdünnbettmörteln die Stoßfugen nicht vermörtelt. Die Auftragsdicke für die Lagerfuge beträgt im Mittel 2 mm. Zu beachten sind die Vorgaben der Bauartengenehmigung sowie die Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller. Der Auftrag des Lehmdünnbettmörtels erfolgt zuvor mit einem Mörtelschlitten oder mit einer Mörtelkelle.
Ein wesentlicher Vorteil gegenüber der Dickbettvermörtelung sind die deutlich kürzeren Trocknungszeiten der Mörtelschicht. In der DIN 18 940 ist gefordert, dass das Mauerwerk umlaufend lagenweise hochgezogen werden muss. Bei dem Arbeiten mit Lehmdünnbettmörtel ist dies nicht von Relevanz, da über die Mörtelfugen kaum Feuchtigkeit in das Mauerwerk eingetragen wird. Dies erhöht deutlich die Flexibilität in den Bauabläufen. Auch bezüglich des Witterungsschutzes bietet dies einen wesentlichen Vorteil, da immer nur an einem Teilbereich gearbeitet wird, und die anderen Wandabschnitte währenddessen geschützt werden können.
Konstruktive Besonderheiten
In der Norm sind einige konstruktive Details spezifiziert. Wichtige Punkte sind hierbei die Anordnung und Ausführung der Ringanker beziehungsweise Ringbalken und die Auflagerung der Decke. So müssen in oder unter jeder Deckenebene Aussteifungselemente angeordnet werden. Ringanker in Verbindung mit einer Deckenscheibe oder Ringbalken sind auf allen tragenden Wänden vorgeschrieben. Da auf Lehmsteine der Anwendungsklasse II nicht direkt betoniert werden darf, muss zuvor eine wasserfeste Unterlage geschaffen werden. Zum Beispiel können U-Schalen aus KS oder Ziegel verwendet werden oder die letzte Steinlage unter dem Ringbalken wird aus einem KS-Vollstein ausgeführt. Auch möglich ist das Aufbringen einer mineralischen Dichtschlämme auf die Lehmsteinmauerwerkskrone, auf die nach Erhärtung betoniert werden kann.
Kimmschicht auf Holzdecke, Stürze aus KS. Ringbalken sind zum Teil direkt auf die Lehmsteine betoniert, vorher ist eine mineralische Sperrschicht notwendig
Foto: Industrieverband Lehmbaustoffe e.V.
Aus ökologischen und statischen Gründen (Reduzierung der Eigenlast) werden in Lehmsteinbauten vorwiegend Holzdeckenkonstruktionen verwendet. Laut Norm müssen die Decken vollflächig aufliegen. Auf der Decke muss dann wieder mit einer Kimmschicht aus wasserbeständigem Material begonnen werden bevor mit den Lehmsteinen weiter gemauert werden darf.
Fenster- und Türstürze können nicht aus Lehm hergestellt werden, hierfür werden KS-, Ziegel- oder Betonstürze verwendet. Um Spannungsrisse durch unterschiedliches Materialverformungsverhalten zu vermeiden, sollte nach Möglichkeit ein Materialwechsel in einer Lage vermieden werden. Sinnvoll ist es daher, Fenster- und Türen raumhoch auszuführen, so dass der Ringbalken die Funktion des Fenstersturzes mit übernehmen kann. Bei der Planung sollte weiterhin darauf geachtet werden, dass die Wände möglichst die Baurichtmaße aufweisen, um Schneidearbeiten zu minimieren. Zu beachten ist dabei, dass Lehmsteine nur trocken gesägt werden dürfen.
Fazit
Lehmsteinmauerwerk verbindet vertraute handwerkliche Techniken mit industriell hergestellten, heute verfügbaren Lehmsteinen. Für Handwerker bedeutet das: gewohntes Arbeiten, aber mit klaren Mehrwerten. Wer heute auf Lehm setzt, baut nicht nur ökologisch und ressourcenschonend, sondern erschließt sich auch neue Marktchancen in einem wachsenden Segment des nachhaltigen Bauens. Damit wird das Handwerk selbst zum Motor für Qualität, Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit im Bauwesen.
In bauhandwerk 1-2.2026 wird unsere Lehm-Serie mit einem weiteren Teil zu Wänden aus Lehm fortgesetzt.
AutorinDr. Ipek Ölcüm ist Rechtsanwältin und Geschäftsführerin des Industrieverbands Lehmbaustoffe e.V. in Berlin.
Verarbeitung Lehmdünnbettmörtel
Dünnbettmörtel wird als Werk-Trockenmörtel hergestellt. Er ist für Plansteinmauerwerk mit Fugendicken von 1 bis 3 mm geeignet. Die Sollhöhe der Plansteine (123 mm, 248 mm) entspricht dem Rohbaurichtmaß (vielfaches von 12,5 cm) zuzüglich
2 mm Lagerfugendicke.
Witterungsschutz
Beim Verarbeiten auf der Baustelle muss darauf geachtet werden, dass das Mauerwerk und die Mauerkrone vor jeglichen Witterungseinflüssen geschützt sind. Bei Temperaturen unter 5 Grad Celsius und bei Frostgefahr müssen die Arbeiten eingestellt werden oder es muss sichergestellt werden, dass beim Verarbeiten Temperaturen über 5 Grad Celsius vorherrschen (zum Beispiel durch ein beheiztes Zelt). Bei gefrorenen Steinen kann der Haftverbund zum Mörtel erheblich gestört und das Aushärten des Mörtels verhindert oder beeinträchtigt werden. Der Einsatz von Tausalzen zum Auftauen ist ebenfalls nicht zulässig. Bereits bei geringen Chloridkonzentrationen kann dies zu mehr oder weniger starken Schäden am Mauerwerk führen.
