Corona-Krise lässt Azubis an der Zukunft zweifeln

Azubi-Report 2021 spiegelt Ängste und Unzufriedenheit wider

Die Corona-Krise hat Deutschlands Auszubildende zutiefst verunsichert und desillusioniert. Das ist das alarmierende Fazit des Azubi-Reports 2021. In der repräsentativen Umfrage hat das Ausbildungsportal „Ausbildung.de“ 2.800 Auszubildende zu ihrer derzeitigen Situation, ihren Wünschen, aber auch ihren Ängsten befragt.

So ist inzwischen ein sicherer Arbeitsplatz für 69 Prozent der befragten Auszubildenden der größte Wunsch für ihre Zukunft. Für fast jeden Zweiten (47 Prozent) ist das Bedürfnis nach Sicherheit im Job seit Ausbruch der Pandemie gewachsen. Frei und ortsungebunden arbeiten zu können, ist dagegen nur für 22 Prozent wichtig. Gerade die Auszubildenden, die kurz vor dem Abschluss stehen, scheinen besonders verunsichert zu sein. So schätzen 20 Prozent der Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr und 29 Prozent der Auszubildenden im vierten Ausbildungsjahr ihre Übernahmechancen als schlechter ein.

Jeder dritte Lehrling befürchtet, die Prüfungen nicht zu schaffen

Besorgniserregend ist die fehlende Bindung der Azubis zu ihrem Arbeitgeber. Aufgrund von ausfallendem Berufsschulunterricht befürchtet jeder dritte, die Prüfungen nicht bewältigen zu können. „Freiheit, Selbstverwirklichung, große Träume – Auszubildende haben berechtigterweise hohe Erwartungen an die Zukunft. Der Azubi-Report 2021 zeigt, die Wunschvorstellungen werden bescheidener und weichen Angst und Ungewissheit,“ erklärt Felix von Zittwitz, Geschäftsführer von „Ausbildung.de“ und Herausgeber des Azubi-Reports. „Nur elf Prozent wünschen sich, in Zukunft für ihr Unternehmen zu arbeiten, aber wir können diese Unzufriedenheit mit der Ausbildung nicht ausschließlich auf die Krise abwälzen. Das scheint ein langfristiges Problem zu werden, wie wir beim Vergleich über die Jahre feststellen.“

Der Report legt dabei offen: Mit zunehmender Betriebszugehörigkeit sinkt die Zufriedenheit mit der Ausbildung und die Angst wächst, nicht übernommen zu werden: So sind insgesamt nur noch 59 Prozent zufrieden mit ihrer Ausbildung – gegenüber der Vorgänger-Studie im Jahre 2019 ein Rückgang um sechs Prozentpunkte. Alarmierend: Je länger die Auszubildenden dabei sind, desto weniger glücklich zeigen sie sich im Job. Während zu Beginn der Ausbildung noch 68 Prozent der Auszubildenden zufrieden sind, liegt der Wert im vierten Ausbildungsjahr nur noch bei 42 Prozent.

Azubis beklagen mangelnden Respekt und fehlende Unterstützung

Die Gründe dafür sind vielfältig. Insbesondere beim Thema Respekt und Betreuung lassen sich Schwachstellen erkennen. Geben im ersten Jahr acht Prozent der Auszubildenden an, keinen ausreichenden Respekt für ihre geleistete Arbeit zu bekommen, sind es im vierten Jahr 26 Prozent. Ebenso nimmt das Gefühl, ausreichend Unterstützung zu erhalten, mit jedem Ausbildungsjahr ab: Im ersten Lehrjahr geben das 68 Prozent an. Dem stimmen nur noch 42 Prozent im vierten Lehrjahr zu. Die Folge: Die Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit sinkt von 76 Prozent im ersten Jahr auf 47 Prozent im vierten Jahr.

Zugleich wächst die Angst, nach der Ausbildung ohne Job dazustehen. So schätzen 20 Prozent der Azubis im dritten Jahr und 29 Prozent im vierten Jahr ihre Übernahmechancen als schlechter ein. Ebenso blickt diese Gruppe deutlich weniger zuversichtlich in ihre Zukunft als Auszubildende in den ersten zwei Jahren.

Wie gehen die Unternehmen mit der Krise um? Sie halten durchaus an den Azubis fest und wollen gemeinsam mit ihnen durch diese Pandemie gehen, schaffen es aber dennoch nicht, sie über die ganze Ausbildungsdauer zufriedenzustellen.  „Unsere Handlungsempfehlungen an Unternehmen und Berufsschulen sind klar: Bietet Perspektiven, kommuniziert klar und transparent und zeigt Wertschätzung für die geleistete Arbeit, um junge Menschen zu motivieren und Frustrationen aufzufangen,“ bilanziert von Zittwitz.    (bhw/ela)

 

 Hier geht es zum Azubi-Report 2021 

 

 

Ausbildungsprämie für Handwerksbetriebe

Das Bundeskabinett hat  die Ausweitung der Ausbildungsprämie beschlossen. Diese wird im Rahmen des Bundesprogramms „Ausbildungsplätze sichern“ an kleine und mittlere Betriebe gezahlt, die trotz Umsatzrückgängen durch die Corona-Pandemie gleich oder sogar mehr ausbilden. Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) hatte in der Vergangenheit kritisiert, dass Handwerksbetriebe durch zu hohe Hürden bislang kaum vom Programm profitieren konnten.

„Die im Kabinett beschlossenen Anpassungen der Ausbildungsprämie machen das Programm für Handwerksbetriebe deutlich attraktiver. Bisher waren die Fördervoraussetzungen so restriktiv, dass die Betriebe das Programm kaum nutzen konnte“, so Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold.

Neben der Verdopplung der Prämien auf 4.000 Euro (Ausbildungsprämie), 6.000 Euro (Ausbildungspämie Plus) und 6.000 Euro (Übernahmeprämie/Insolvenz) sei vor allem der neue Sonderzuschuss hilfreich, mit dem Kleinstunternehmen erreicht werden, die im zweiten Lockdown ihre normale Geschäftstätigkeit weitgehend einstellen mussten. Dabei können Betriebe mit bis zu vier Mitarbeitenden pauschal 1.000 Euro erhalten, wenn sie ihre Ausbildungstätigkeit für mindestens 30 Tage fortgesetzt haben.

 


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