Dachgeschossausbau und Sanierung eines verfallenen Gutshofes in Brandenburg

Die Sanierung eines verfallenen Gutshofes in Brandenburg beweist, dass Energieeffizienz auch im Altbau möglich ist. Das alte Haus wurde in ein modernes und klimaneutrales Gebäude verwandelt. Dachfenster von Velux machten aus dem neu ausgebauten Dachgeschoss tageslichtdurchflutete Räume.

Als die Familie Randewig 1997 den seit Jahrhunderten im Familienbesitz befindlichen Gutshof endlich zurückerhielt, mischte sich in die Freude auch ziemlicher Frust: Fast 50 Jahre Fremdnutzung durch die LPG „Sozialistisches Musterdorf  Zauchwitz“ und anschließender Leerstand hatten ihre Spuren hinterlassen und das schöne Gebäude in eine Bauruine verwandelt. Randewigs ließen sich nicht entmutigen und beschlossen, den alten Gutshof von 1881 schrittweise zu sanieren. Sie begannen mit einem Gebäudeteil aus dem Jahre 1912, der der jungen Familie als Wohnung dienen sollte. Dazu haben sie ihren Lebensmittelpunkt von Nordrhein-Westfalen in die Spargelregion Beelitz in Brandenburg verlegt – dank der Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, war das für die beiden kein Problem. „In dem Haus wurden mein Vater und mein Großvater geboren“, erzählt Timm Randewig. „Wir wollten sicher sein, dass alles genau so umgesetzt wird, wie wir uns das vorgestellt haben. Und so hatten wir die Möglichkeit, an den Wochenenden und in unserer Freizeit am Bau viel selber zu machen.“

Das Haus steht zwar nicht unter Denkmalschutz, zählt aber zur erhaltenswerten Bausubstanz. Ziel war es, den Charme des Hauses wiederherzustellen und trotzdem nicht auf modernste Technik verzichten zu müssen. Energetisch sollte das Haus auf dem neuesten Stand sein.

Die Sanierung geht los

Als erstes mussten die Wände im Keller, dessen alte Feldsteine von der Gründungszeit des Hauses erzählen, und die Außenwände trockengelegt werden, denn durch den hohen Grundwasserspiegel in der Region war alles feucht und zum Teil sogar mit dem „Echten Hausschwamm“ befallen. Auch die Decken waren zum großen Teil von Insekten und Pilz befallen und mussten großenteils komplett erneuert und verstärkt werden. Der Dachstuhl wurde so verstärkt, dass die Wärmedämmung mit 30 cm Platz hatte. Dem Umbau des bisher ungenutzten Dachbodens zum Wohnraum stand nun nichts mehr entgegen – dank zusätzlicher 75 m² Wohnfläche durch den Dachgeschossausbau stehen Familie Randewig jetzt insgesamt 280 m² auf drei Etagen zur Verfügung. Prunkstück des neuen Zuhauses wurde das Dachgeschoss, es beherbergt nun Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad.

Es werde Licht

Insgesamt 11 Dachfenster, verteilt auf beide Seiten des Daches, lassen das Tageslicht in das Dachgeschoss herein, denn: „Uns ist ein gesundes Raumklima sehr wichtig“, sind sich Liv und Timm Randewig einig. Dass dafür Tageslicht und frische Luft eine entscheidende Rolle spielen, war beiden klar. Im Wohnzimmer, dessen Decke zum Teil bis in den Dachfirst geöffnet wurde, lassen nun sechs große Velux Fenster das Tageslicht herein. Dadurch, dass der Raum an der Dachseite so hoch ist, konnten je zwei der 1,40 m hohen Dachfenster übereinandergesetzt werden. Das Tageslicht fällt so bis in die Mitte des 50 m² großen Raumes. Ursprünglich wollten Randewigs eine kleinere Dachfensterlösung wählen, sind nun aber glücklich, den Rat ihres Architekten befolgt zu haben. „Es ist einfach unglaublich, wie hell und freundlich unser Wohnzimmer dadurch ist. Die sechs Dachfenster schaffen eine ganz neue Raumerfahrung“, schwärmt Timm Randewig. So profitieren auch das Schlaf- und das Badezimmer von großen Dachfenstern und wirken dank der Helligkeit trotz der niedrigen Decken nicht bedrückend oder beengt. Ein Zuviel an Sonne oder auch ein eventuelles Aufheizen der Räume im Sommer kann mit den außenliegenden, ebenfalls elektrisch bedienbaren Rollläden reguliert werden. Sie dunkeln die Räume bei Bedarf perfekt ab und sorgen dafür, dass die energiereichen Sonnenstrahlen gar nicht erst auf die Fensterscheibe treffen. Die Wärmeeinstrahlung durch ein Dachfenster kann so um bis zu 92 Prozent reduziert werden. Im Zusammenspiel mit der neuen Dachdämmung bleiben die Räume in der Regel daher angenehm temperiert. Aber auch zum Lüften spielen die Fenster eine wichtige Rolle. „Besonders am Abend genießen wir es, die Dachfenster auf beiden Seiten zu öffnen und schnell frische und kühle Luft ins Dachgeschoss herein zu lassen. Und dass nach dem Duschen ordentlich gelüftet wird, um die feuchte Luft loszuwerden, versteht sich von selbst“, betonen Randewigs, „schließlich haben wir den Schimmel gerade erst beseitigt“. Zur Gewährleistung eines konstanten Luftwechsels haben Randewigs zwar eine Be- und Entlüftungsanlage installiert, aber gerade nach dem Duschen funktioniert die Fensterlüftung viel schneller.

Für ein gesundes Raumklima verzichten Randewigs auch auf  Tapeten an den Wänden. Die Wände sind mit offenporigem Kalkputz verputzt und nur an einigen Stellen mit entsprechender, atmungsaktiver Farbe gestrichen. Dieses natürliche Kalk-Putzsystem trägt durch seine raumluftaktiven Eigenschaften zu einem gesunden Raumklima bei. An einer Giebelseite im Wohnzimmer haben sich Randewigs für den so genannten „Pinselputz“ entschieden. Dabei wird der Feinputz direkt auf das gereinigte Mauerwerk aufgetragen und die alte Bausubstanz so zu neuem Leben erweckt. Im Zusammenspiel mit den alten Holzbalken werden hier der Geist und das Ambiente des alten Hauses auf besonders schöne Art und Weise wiederbelebt.

Auch in den unteren Etagen gibt es nach der Sanierung auf der Hofseite große Fenster. Zur Straßenseite blieb das historische Bild mit der typischen alten Teilung der Fenster und dem grünen Putz erhalten.

Energieeffizient

Aber nicht nur die Optik war Randewigs wichtig, auch die Haustechnik sollte auf dem neuesten Stand und vor allem nachhaltig sein. Heute nutzen Randewigs weder Öl noch Gas, sondern nur noch erneuerbare Energien: Photovoltaik, Solarthermie und Geothermie sind die Energiequellen des Hauses. Herzstück ist dabei eine Erdwärmepumpe, deren vier Sonden jeweils 60 m tief in die Erde reichen. Auf der nach Süden ausgerichteten Dachseite sind Solarhybrid-Module installiert: Über Photovoltaik-Zellen erzeugten sie Strom, über Solarthermie Wärme. Ein Niedertemperaturheizsystem, eine Fußbodenheizung mit der Option zum Heizen und Kühlen und eine Sole-Wasser-Wärmepumpe sind die wesentlichen Komponenten, die aus dem Altbau ein energieeffizientes Gebäude machen. Solare Energiegewinne im Winter vor allem durch die Dachfenster auf der Südseite des Hauses tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei. Randewigs sind sich sicher, dass sich die Investition in so viel Technik lohnen wird: „Wir haben das genau durchdacht und durchgerechnet. Aber die Behaglichkeit des Hauses wird erhöht. Und auf lange Sicht brauchen wir uns um Preissteigerungen bei Strom und Gas nicht mehr zu sorgen“, meint Liv Randewig.

Autorin

Barbara Nauerz ist studierte Innenarchitektin und im Team Architektur und Planung bei der Velux Deutschland GmbH in Hamburg für Referenzen und Objekte zuständig.

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