Holz und Mauerwerk vereint

Die Außenwände des Rentamts von Schloss Rumpenheim am Main erhielten eine Innendämmung mit Holzfaserdämmplatten. Als neue Trennwände wurden Holzständerwände eingezogen und zur Verbesserung des Schallschutzes ebenfalls mit dem natürlichen Material gedämmt.

Auch wenn es auf den Fotos beinahe so aussehen mag: Das „Gelbe Haus“, wie es die Einheimischen nennen, ist nicht das Schloss von Rumpenheim am Main selbst, sondern nur sein Rentamt, in dem früher die Verwaltung des Schlosses und der dazugehörigen Güter untergebracht war. Doch auch bei solchen Nebengebäuden am Rande des Schlossparks haben frühere Generationen so viel Wert auf Architektur und künstlerische Gestaltung gelegt, dass das hufeisenfömige zweigeschossige Gebäudeensemble heute als bewahrenswertes Denkmal gilt. 2009 erwarb ein privater Investor das von Leerstand, unsensiblen Umbauten und einem insgesamt schlechten Bauzustand geprägte „Gelbe Haus“. Gemeinsam mit der unteren Denkmalschutzbehörde und dem beauftragten Planer Michael Janocha vom Büro Janocha & Partner aus Dreieich entwickelte der neue Eigentümer ein Umbau- und Modernisierungskonzept, das einerseits dem kulturellen Wert des historischen Ensembles Rechnung trug, andererseits aber Raum für neun bis zu 130 m2 große Wohneinheiten mit heutigem Komfort und vor allem nach heutigen energetischen Standards bot. Dabei sollte so viel überlieferte Substanz wie möglich erhalten werden, denn „das macht ja neben der exklusiven Lage den Reiz des Gebäudes aus“, sagt der Bauherr.

 

Diffusionsoffene Innendämmung aus Holzfaserplatten

Zu den prägenden und unbedingt erhaltenswerten Gestaltungselementen gehörte die Barockfassade mit ihren weit außen liegenden und von Sandsteinlaibungen gefassten Fenstern. Eine Fassadendämmung von außen hätte sich hier aus Respekt vor dem Gebäude auch ohne den offiziellen Denkmalschutz von selbst verboten. Michael Janocha plante deshalb eine Innendämmung der Außenwände, die aber in ihrer Bauphysik und in ihrem handwerklichen Charakter zu den sehr verschiedenen Bauetappen des „Gelben Hauses“ passen musste. Dessen älteste Teile stammen vermutlich von etwa 1620 und wurden mit bis zu 80 cm dickem Sandsteinmauerwerk und Kreuzgewölben ausgeführt. Spätere Bauabschnitte erhielten nur noch 30 bis 40 cm dickes Massivmauerwerk aus Backsteinen und in weiteren Bauabschnitten schließlich ein überputztes, wiederum mit Backsteinen gefülltes Fachwerk.

Ganz im Sinne der Bewahrung historischer Substanz wurde das Kreuzgewölbe erhalten und angesichts der Wanddicken auf eine zusätzliche Dämmung verzichtet. In den jüngeren Bauabschnitten mit ihren schlankeren Außenwänden kam eine Innendämmung mit Homatherm-Holzfaserdämmplatten zum Einsatz. Wegen der feuchteausgleichenden und kapillarleitfähigen Wirkung des Werkstoffs konnte die Dämmung ohne Dampfsperre ausgeführt werden, was für Michael Janocha ein ausschlaggebendes Kriterium war: „In historischen Gebäuden mit ihren vielen und häufig sehr unregelmäßigen Anschlusssituationen hat man keine Chance, eine Dampfsperre wirklich dicht zu bekommen.“ Jedes undichte Detail kann aber zu lokalen Feuchtigkeitsansammlungen führen und in deren Folge zu Schimmel oder im schlechtesten Fall auch zu konstruktiven Schäden am Fachwerk. „Es ist darum besser, eine diffusionsoffene Lösung zu wählen, die Feuchtigkeit ausgleichen kann und eine Austrocknung in jeder Richtung ermöglicht“, fasst Michael Janocha seine bei der Restaurierung verschiedener Fachwerkhäuser gewonnene Erfahrung zusammen. Für dieses Objekt wählte er deshalb Plattenwerkstoffe, wie OSB- und Gipsfaserplatten.

 

Zwei Dämmlösungen aus einem Material

Für die Innendämmung von Außenwänden hat Homa-
therm speziell die gleichermaßen für den Massiv- und Holzbau geeignete Innendämmplatte ID-Q11 standard entwickelt. Sie wird mit einem feinkörnigen Klebemörtel, etwa auf Lehm- oder Rotkalkputzbasis, direkt auf den geglätteten Untergrund geklebt und gedübelt und kann durch ihre feste Oberfläche unmittelbar verputzt werden. Andererseits ist die Platte aber so flexibel, dass sie sich auch leicht gerundeten Bauformen anpassen kann. In Rumpenheim wurde dieser Vorteil mit gedübelten Platten bei der Dämmung von Details an Fenster- und Sturzbögen ausgenutzt.

Für die Dämmung der großen Wandflächen fand man hingegen eine andere Lösung, da hier das für Bauten früherer Jahrhunderte typische Problem der ungeraden Wände auftrat. Die Wände waren in sich nicht eben und wiesen Abweichungen aus Flucht und Lot auf, wie sie für anspruchsvolle Wohnräume heute kaum noch akzeptiert werden. Zunächst wurden mit Lehmglätte auf dem Fachwerk beziehungsweise einem Kalkputz auf dem massiven Backsteinmauerwerk die Ausbrüche und gröbsten Unebenheiten egalisiert, ehe dann vor den Wänden gerade ausgerichtete Lattengerüste für die neuen Oberflächen entstanden. Das Ständerwerk konnte anschließend mit der Wärmedämmung holzFlex standard des Herstellers verfüllt werden. Die Matten ließen sich durch ihre hohe Flexibilität sehr einfach verarbeiten. Dennoch besitzen sie eine hohe Rückstellfähigkeit, so dass sie sich sowohl an die Ständer als auch an den unregelmäßigen Untergrund gut anpassen. Um den Wärmeschutz, aber vor allem eine ebene Oberfläche, sicherzustellen, waren stark wechselnde Dämmstoffdicken erforderlich. Den raumseitigen Abschluss bilden Gipsfaserplatten. Die Innendämmung entstand also mit zwei verschiedenen Produkten, die aber durch die Holzfasern dennoch homogen im Material sind und mit einer Wärmleitfähigkeit von 0,038 W/mK auch eine gleichwertig hohe wärmetechnische Qualität aufweisen.

 

Historische und neue Innenwände

Zur Philosophie der weitgehenden Erhaltung historischer Bausubstanz im Rentamt von Rumpenheim gehörte neben dem Erhalt der Fassade und der Kreuzgewölbe auch das Freilegen alter Fußböden, die Wiederaufarbeitung historischer Türen und die Sanierung vorhandener Innenwände. Hier wurde sogar rund 200 Jahre alter Lehm von den Wänden geklopft und nach der Aufbereitung wieder als Putz verwendet.

Im Sinne zeitgemäßer Grundrisse und einer modernen Wohnnutzung waren aber auch zusätzliche neue Innenwände erforderlich. Sie entstanden als leichte Holzständerwände aus 8 cm dickem Konstruktionsholz sowie einer Beplankung mit 15 mm OSB-Platte und 10 mm Gipsfaserplatte auf jeder Seite. Wie schon bei der Innendämmung der Außenwände konnte auch hier die flexible holzFlex standard Dämmung durch einfaches Einklemmen montiert werden. Bis 900 mm Klemmweite sind keine zusätzlichen Befestigungen erforderlich. Randfugen werden durch das Stauchen der Matten verhindert. Es entstehen dampfdiffusionsoffene Wände, die ein ausgewogenes Raumklima unterstützen. Vor allem aber bieten sie als Trennwände einen überzeugenden Schallschutz: Bei einer Volldämmung in 8 cm Dicke beträgt das Schalldämm-Maß Rw 48 dB.

 

Keine Wohnung gleicht der anderen

Das Satteldach im Mittelteil des ehemaligen Rentamts und die Mansarddächer auf den Gebäudeflügeln waren bereits historisch in Teilen zu Wohnräumen ausgebaut worden, wenn es sich klimatisch auch um eher kalte Dachkammern im Winter und extrem heiße im Sommer gehandelt haben dürfte. Heute wird im Dachgeschoss eine behaglich-warme, aber nicht überhitzte Wohnatmosphäre erwartet, weshalb Michael Janocha auch hier eine Wärmedämmung vorsah, die aber die Proportionen des überlieferten Anblicks nicht verändern durfte. Der historische Aufbau mit einer unter den Sparren verlaufenden Versteifung des Dachstuhls bot Platz für zweimal 100 mm Dämmung zwischen den Sparren beziehungsweise der Versteifung. Ergänzt wurden 40 mm Untersparrendämmung, so dass heute eine insgesamt 240 mm dicke holzFlex-Dämmung sowohl für den sommerlichen als auch den winterlichen Wärmeschutz sorgt.

Die fertigen Wohnungen im „Gelben Haus“ erhalten durch den weitgehenden Erhalt historischer Substanz bei gleichzeitig modernen Standards des Raumzuschnitts, der Wärmedämmung und natürlich aller Installationen einen individuellen Charme, denn keine Wohnung gleicht der anderen. Höhepunkte sind eine Maisonette, die sich über drei Stockwerke zieht, eine Wohnung mit Kreuzgewölbe im Wohnzimmer und direktem Zugang zum Schlosspark sowie ein Appartement mit Rundbögen und uralten Holztüren.

Vor die Innenseiten der Außenwände stellten die Handwerker gerade ausgerichtete Lattengerüste

Rund 200 Jahre alter Lehm wurde von den Wänden geklopft und als Putz wieder verwendet

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