Liebe Leserinnen, liebe Leser,

oft beeinflusst die Architektur die Literatur. Manchmal ist es aber auch umgekehrt. Vor ein paar Jahren beschäftigte sich die Ausstellung „Architektur wie sie im Buche steht“ mit fiktiven Bauten und Städten in der Literatur. Dabei ging es jedoch nicht um real existierende Bauten, sondern um die von Schriftstellern erfundenen Gebäude, die nach deren Angaben mehr oder weniger genau so errichtet wurden. Zum Beispiel Wilhelm Hauffs Burg Lichtenstein, die in Württemberg nach dem gleichnamigen Roman gebaut wurde, oder die weiße Stadt aus Emile Zolas Roman „Arbeit“, die Tony Garnier teilweise in Lyon verwirklichte. Im Laufe dieses Jahres kommt mit dem „Museum der Unschuld“ ein weiteres aus der Fiktion geborenes Gebäude hinzu. 2008 beendete der Schriftsteller Orhan Pamuk die Arbeit an seinem gleichnamigen Roman, in dem eben dieses Museum eine zentrale Rolle spielt. Schon 2000 hatte er in Istanbul einen Altbau gekauft, in dem er das bis dato fiktive Museum einrichten wollte. Jedem Buch liegt bereits eine Eintrittskarte für einen Besuch bei. Mit der Verwirklichung seiner Fiktion beauftragte Pamuk das in Kappeln an der Schlei ansässige Architekturbüro von Brigitte und Gregor Sunder-Plassmann, die sich mit dem Museumsbau im Bestand bestens auskennen. Für das Deutsche Bergbaumuseum in Bochum und die Ausstellung im Jagdschloss Granitz auf Rügen trägt das Büro die gestalterische Verantwortung – um nur zwei Beispiele zu nennen.

In Dresden baute ein anderer, weltberühmter Architekt ebenfalls vor kurzem ein historisches Museumsgebäude um, genauer gesagt das Militärhistorische Museum der Bundeswehr: Wie ab Seite 16 in diesem Heft zu sehen, schlug Daniel Libeskind in den neoklassizistischen Altbau einen scharfkantigen Keil hinein, der für Aufmerksamkeit und zusätzliche Ausstellungsfläche sorgt. Und nicht nur in Dresden ist in Sachen Museumsbau im Bestand einiges los. Seit 2005 wurde die Dauerausstellung zur Demokratiebewegung in Deutschland im Hambacher Schloss in Neustadt an der Weinstraße kontinuierlich nach Plänen des Berliner Architekten Max Dudler umgestaltet (siehe Seite 4). Dudler entwarf für das Schloss auch ein Restaurantgebäude auf der Wehrmauer, das im April 2011 eröffnet wurde. Den Umbau der Bremer Kunsthalle haben wir bereits in Heft 10/2011 vorgestellt. In dieser Ausgabe finden Sie gleich zwei aktuelle Museumsbauten im Bestand vom Berliner Architekten Volker Staab: Ab Seite 14 das 2011 unterhalb von Schloss Neuschwanstein eröffnete Museum der bayerischen Könige und ab Seite 22 die nach umfangreichen Umbauarbeiten wiedereröffnete Neue Galerie in Kassel.

Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht Ihnen

Nicht nur in Dresden ist in Sachen Museumsumbau im Bestand einiges los

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 1-2/2012 Umbau und Neubau auf dem Hambacher Schloss von Max Dudler

Museum und Restaurant Hambacher Schloss

Das Hambacher Schloss thront auf der Spitze eines kegelförmigen Berges hoch oberhalb von Neustadt an der Weinstraße. Es gilt ganz zu Recht als die Wiege der deutschen Demokratie, denn dort fand im...

mehr
Ausgabe 09/2009

Wiedereröffnet: Jagdschloss Grunewald

Seit Ende Mai ist das Jagdschloss Grunewald, das älteste erhaltene Hohenzollernschloss in Berlin, nach drei Jahre andauernden Sanierungsarbeiten wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Kurfürst...

mehr
Ausgabe 10/2012

Umbau von Museum und Gedenkhalle im Schloss Oberhausen

Historische Gebäude erzählen oft spannende Geschichten. So auch das Schloss Oberhausen:Eine klassizistische Schlossanlage, deren Ursprünge auf den Rittersitz Overhus aus dem 12./13. Jahrhundert...

mehr
Ausgabe 1-2/2012 Daniel Libeskind baute das Militärhistorische Museum in Dresden um

Altbau gesprengt: Libeskind-Umbau in Dresden

Das im Oktober 2011 eröffnete Militärhistorische Museum der Bundeswehr fügt der Geschichte des ursprünglich als Arsenalhauptgebäude errichteten Altbaus in der Dresdner Albertstadt ein weiteres...

mehr
Ausgabe 09/2014

Archäologie der Moderne Kaufhaus Schocken in Chemnitz wurde Museum für Archäologie

Das bedeutendste moderne Gebäude der Stadt Chemnitz ist das in den Jahren von 1927 bis 1930 nach Plänen von Erich Mendelsohn erbaute Kaufhaus Schocken. Mitte Mai wurde es nach einer umfassenden...

mehr