Gesundes Wohnen: Unsichtbare Schadstoffe erkennen

Umweltfreundliche und energieeffiziente Gebäude gewinnen angesichts des Klimawandels und der zunehmenden Energieunsicherheit an Bedeutung. Doch nachhaltiges Bauen und Wohnen schließt inzwischen weit mehr als nur ökologische Materialien und Energiesparmaßnahmen ein. Für das Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden ist ein gesundes Wohn- und Arbeitsumfeld essenziell.

Neben zahlreichen Umweltfaktoren, wie Lärm oder Elektrosmog, können auch Schadstoffe die Wohnqualität beeinträchtigen und im schlimmsten Fall gesundheitliche Probleme verursachen. Solche Wohngifte finden sich in Bodenbelägen, Dämmung, Farben, Lacken oder Möbeln.

Es ist angesichts der Vielzahl an Schadstoffquellen fast unmöglich, sein Eigenheim gänzlich schadstofffrei zu gestalten. Aber die Belastungen lassen sich enorm reduzieren, wenn beim Bauen, Renovieren und Sanieren ökologische und natürliche Materialien verwendet werden. Dafür müssen die wichtigsten Wohngifte zunächst identifiziert werden. Neben biologischen sind insbesondere einige chemische Schadstoffe bedenklich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat viele von ihnen als gesundheitsgefährdend oder krebserregend eingestuft.

Die wichtigsten Wohngifte auf einen Blick

Regelmäßiges Lüften kann Schimmelbildung vermeiden
Foto: Pexels/Pixabay

Regelmäßiges Lüften kann Schimmelbildung vermeiden
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Schimmelpilze zählen wie Hausstaubmilben und Bakterien zu den biologischen Schadstoffen und können allergische Reaktionen, Atembeschwerden und Neurodermitis verursachen. Sie entstehen in erster Linie durch hohe Feuchtigkeit und schlechte Lüftungsbedingungen. Eine gute Isolation von Kältebrücken und regelmäßiges Stoßlüften vor allem in der kalten Jahreszeit können der Schimmelbildung vorbeugen.

VOC (Volatile Organic Compounds) finden sich in Bodenbelägen, Teppichen, Farben, Lacken, Klebern, Styropor oder PU-Bauschaum. Eine der am häufigsten vorkommenden leichtflüchtigen Verbindungen ist Formaldehyd, das etwa in Farben, Klebstoffen, Press-Spanplatten oder Bodenbelägen enthalten ist. VOCs, die in die Raumluft gelangen, können Augen, Nase und Atemwege reizen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit und allergische Reaktionen verursachen. Der WHO zufolge kann Formaldehyd sogar krebserregend sein. Zu den VOCs zählen ebenfalls Lösemittel, etwa in Lacken oder Bodenbelägen.

Weichmacher, wie Phalate, Phthalate und Nonylphenol, gehören zu den schwerflüchtigen Schadstoffen, dünsten aber ebenfalls in die Raumluft aus und gelangen bei Hautkontakt in den menschlichen Körper. Sie finden sich vor allem in PVC-Böden, Farben, Putzen oder Lacken und können Allergien und Unfruchtbarkeit verursachen.

Holzschutzmittel mit Pentachlorphenol (PCP) und dem Insektizid Lindan sind inzwischen verboten, können aber als Altlast beispielsweise in alten Dachbalken vorhanden sein. Moderne Holzschutzmittel können Terpentinöl und Lösungsmittel enthalten, die die Schleimhäute reizen und Kopfschmerzen sowie Hautallergien auslösen. Nahezu alle Holzprodukte können damit behandelt sein, ob Möbel, Dachbalken oder Bodendielen.

Asbest ist tückisch. Die Fasern gelangen in die Lunge und können Krebs verursachen
Foto: Piotr / Adobe Stock

Asbest ist tückisch. Die Fasern gelangen in die Lunge und können Krebs verursachen
Foto: Piotr / Adobe Stock
Asbest oder asbesthaltige Produkte sind in Deutschland seit 1993 verboten, aber von 1930 bis in die 1990er Jahre großflächig in Bauprojekten verwendet worden. Es ist in Bauplatten für Dächer oder Fassaden, Dämmstoffen und Bodenbelägen enthalten und heute noch in unsanierten, älteren Gebäuden zu finden. Der Kontakt mit dem Wohngift kann nicht nur eine sogenannte Asbestlunge verursachen, sondern in besonders schweren Fällen auch Lungenkrebs.

Auch Schwermetalle, wie Blei oder Cadmium, finden sich in älteren Häusern und dort vor allem in Wasserleitungen, alten Farben und Lacken. Sie können unter anderem neurologische Schäden verursachen.

Elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder (EMF), oft als „Elektrosmog“ bezeichnet, zählen neben Lärm zu den physikalischen Belastungen, die sich negativ auf die Wohngesundheit und Lebensqualität auswirken können. Oft werden Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Erschöpfung mit diesen Feldern in Zusammenhang gebracht. Quellen sind unter anderem elektrische Leitungen und Kabel, Steckdosen und Schalter, Elektrogeräte, Mikrowellenherde, WLAN-Router und Bluetooth-Geräte.

Mit alternativen Materialien die Wohngesundheit fördern

Für die Gestaltung eines gesünderen Wohnklimas sind heutzutage viele unbedenkliche und umweltfreundliche Materialien und Produkte erhältlich. Einer der beliebtesten alternativen Baustoffe ist Holz, der sich positiv auf das Innenraumklima auswirkt. Holz ist in der Lage, Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen und bei Bedarf wieder abzugeben. Das verhindert nicht nur die Schimmelbildung, sondern reduziert auch das Risiko von Atemwegserkrankungen und Allergien. Darüber hinaus können einige Holzarten bestimmte Schadstoffe aus der Luft absorbieren, wie zum Beispiel VOCs. Holz kann beim Hausbau an vielen Stellen zum Einsatz kommen, etwa als tragende Konstruktion, Dachstuhl oder Dacheindeckung, Fußboden, Holzvertäfelung an Innenwänden, Dämmstoff, Bodenbelag oder in Form von unbehandelten Massivholzmöbeln.

Weitere ökologische Materialien sind bei den Dämmstoffen zum Beispiel Flachs, Hanf, Schilf, Perlite oder Zellulose. Als Alternative zu Dispersionsfarben kommen Lehm-, Leim-, Silikat- und Kaseinfarben infrage. Natürliche Bodenbeläge sind neben Laminat und Parkett zum Beispiel Naturstein, Kork, Linoleum, Bambus sowie Teppiche aus Schafwolle. Gegen elektrische und magnetische Felder helfen abgeschirmte Kabel, Abstand zu Elektrogeräten, Sicherungskästen und WLAN-Routern oder Abschirmmaterialien, wie zum Beispiel Abschirmwände und spezielle Abschirmfarben.

Autor

Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH. Seine baubiologischen Kenntnisse erlangte er durch den täglichen Umgang mit Problemen der Baubiologie in verschiedenen Unternehmen des ökologischen Holzbaus. Als Geschäftsführer eines Planungsbüros, dessen Schwerpunkt ebenfalls der ökologische Holzbau ist, wird er bei Neubauprojekten und Sanierungen regelmäßig mit baubiologischen Fragestellungen konfrontiert und als Experte auf diesem Gebiet konsultiert.

 

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