Umbau und Erweiterung von Villa und Maschinenhaus im Quartier Rauchmühle in Salzburg

Das Areal der ehemaligen Rauchmühle liegt mit seinen großen Freiflächen und den imposanten Industrie- und Wohnbauten erstaunlich dicht am Salzburger Zentrum. In dem Quartier wurden nun die vier Bestandsbauten Ceconi-Villa, Maschinenhaus, Altes Mühlenhaus und Altes Silo saniert.

Das Quartier Rauchmühle ist ein 21 000 m2 großes ehemaliges Industrieareal, gut 2 km westlich des Salzburger Hauptbahnhofs gelegen, auf dem seit der Stilllegung der Mühle 2011 sowohl Neubauten entstanden als auch Bestandsbauten revitalisiert wurden. Die sechs- bis siebengeschossigen Neubauten mit insgesamt über 220 Wohnungen wurden bereits 2021 durch das norwegische Büro Helen & Hard geplant und fertiggestellt.

Hofseitig durfte das neue Dachgeschoss in Erscheinung treten und auf das Gesims des Bestandes gesetzt werden Hofseitig durfte das neue Dachgeschoss in Erscheinung treten und auf das Gesims des Bestandes gesetzt werden
Foto: Hermann Seidl / dunkelschwarz

Hofseitig durfte das neue Dachgeschoss in Erscheinung treten und auf das Gesims des Bestandes gesetzt werden
Foto: Hermann Seidl / dunkelschwarz
Nun galt es, die Bestandsbauten des Alten Mühlhauses, des Alten Silos, des Maschinenhauses und der ehemaligen Ceconi-Villa zu sanieren und zu transformieren. Das Büro dunkelschwarz ZT GmbH aus Salzburg war dabei gemeinsam mit Architekt DI Georg Huber sowohl für die Umwandlung des ehemaligen Maschinenhauses in geförderte Wohnungen für die „Salzburg Wohnungsbau“ als auch für die Umnutzung der Villa in Büros für die An der Glan Investment GmbH zuständig. Die anderen beiden Bauten des historischen Ensembles wurden durch das Büro Aicher ZT aus Dornbirn in Kooperation mit Rainer Köberl aus Innsbruck umgebaut. Im Alten Mühlhaus und im Alten Silo sind nun Büros und Dienstleister der Digital- und Kreativwirtschaft untergebracht.

Von der Wassermühle zum Dampfkraftwerk

Ursprünglich handelte es sich bei der Mühle um eine Wassermühle, die bereits im Mittelalter am Glanbach gebaut worden war und die Stadt Salzburg sowie das Umland mit Mehl versorgte. Ihre Geschichte reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Im Zuge der Industrialisierung wurde die Mühle um ein Dampfkraftwerk und eine Bahngleisverbindung erweitert und mit damals modernsten Metallwalzen ausgestattet. 1933 musste der damalige Besitzer Franz Fisslthaler Konkurs anmelden und die Familie Rauch übernahm die Anlage.

Seit 2011 wird das Mehl nun allerdings in Innsbruck, dem Hauptsitz der Rauchmühlen, gemahlen. 2013 wurde für das Areal ein neues städtebauliches Grundkonzept durch Architekt Michael Wallraff (basierend auf dem Leitbild von Max Rieder) erarbeitet und ein Jahr später ein anonymes, geladenes Gutachterverfahren mit 12 Teilnehmenden durchgeführt. Ausloberin war die Anton Rauch GmbH & Co.KG. In der Zwischenzeit, von 2013 bis 2018, wurde das ehemalige Industrieareal durch verschiedene kulturelle und wissenschaftliche Temporärnutzungen bespielt.

Die Ceconi Villa

Vor dem ehemaligen Maschinenhaus sitzt das neue Treppenhaus mit Laubengangerschließung Vor dem ehemaligen Maschinenhaus sitzt das neue Treppenhaus mit Laubengangerschließung
Foto: Volker Wortmeyer / dunkelschwarz

Vor dem ehemaligen Maschinenhaus sitzt das neue Treppenhaus mit Laubengangerschließung
Foto: Volker Wortmeyer / dunkelschwarz
Die Villa mit insgesamt etwa 800 m2 wird nun nicht mehr zum Wohnen genutzt. Sie diente allerdings auch schon in ihrer 125 Jahre alten Geschichte nie ausschließlich dem Wohnen, sondern wurde bereits von der damaligen Unternehmerfamilie auch als Verwaltungsbau mit Büroräumen genutzt. Franz Fisslthaler hatte den Wohn- und Verwaltungsbau 1897/98 von dem bekannten Baumeister Jakob Ceconi im späthistorischen Stil mit neobarocken Schmuckelementen erbauen lassen. Die Villa steht daher seit 2002 unter Denkmalschutz. Dementsprechend wurde dieser ­Bestandsbau größtenteils erhalten und sehr behutsam saniert. Für die neue Nutzung mussten blinde Fenster reaktiviert und neue Sanitärbereiche angeordnet werden.

Um den neuerlichen Anforderungen aus Brandschutz und Barrierefreiheit gerecht zu werden, wurde das bestehende Treppenhaus mit Türen aus Lärchenholz und Glas ertüchtigt, die nun jedes Geschoss in zwei Einheiten teilen. Zudem durfte das Gebäude mit einem Aufzug nachgerüstet werden. Der umfangreichste Eingriff war hier der Abbruch des nicht nutzbaren Dachgeschosses und der Bau eines neuen Staffelgeschosses in Holzleichtbauweise. „Das Bestands-Dachgeschoss der Villa war so nicht nutzbar“, erläutert hierzu Architekt Erhard Steiner, einer der Geschäftsführer des Büros dunkelschwarz. „Das Geschoss war zu niedrig und zudem war hier seinerzeit eine nicht wirklich saubere Lösung des Gesimses ausgeführt worden. Nicht alles, was historisch ist, ist auch gut gemacht.“ Die Auflage des Denkmalamtes bestand darin, dass zur Südseite, der Schauseite des Gebäudes, der neue Aufbau nicht sichtbar sein sollte. Die Holzkonstruktion springt daher auf dieser Seite um etwa 2 m zurück und bildet somit zwischen der neuen Fassade und dem alten Gesims eine Art Fuge – eine langgezogene Dachterrasse, die mit Topfpflanzen bestückt einen grünen Ausblick bietet.

Auf der gegenüberliegenden Seite allerdings sitzt der Holzbau in Verlängerung des Gesimses selbstbewusst mit einer raumhohen Verglasung auf dem Bestand. Das Stützenraster der inneren Struktur ist hier auch an der Fassade sichtbar und wird besonders durch eine gekantete Edelstahlverkleidung betont. Der Holzaufbau erscheint auf diese Weise mit einer gewissen Coolness und Geradlinigkeit, wie sie zu einem Bürogebäude passt.

Das Maschinenhaus

Die Bestandsdecken des Maschinenhauses hatten sehr viele Löcher und Öffnungen, die zunächst alle geschlossen werden mussten Die Bestandsdecken des Maschinenhauses hatten sehr viele Löcher und Öffnungen, die zunächst alle geschlossen werden mussten
Foto: Thomas Lastowicka

Die Bestandsdecken des Maschinenhauses hatten sehr viele Löcher und Öffnungen, die zunächst alle geschlossen werden mussten
Foto: Thomas Lastowicka
Das Maschinenhaus stammt aus den 1980er Jahren. Es war somit der jüngste der Bestandsbauten und sollte zu einem Mehrfamilienwohnhaus umgenutzt werden. Der Bau stand nicht unter Denkmalschutz, sollte aber dem Erhaltungsgebot folgend als Teil des Gesamtensembles und als ortsbildprägender Bau erhalten werden. Auch die Einsparungen Grauer Energie durch den Erhalt waren ein Argument. „Es war ein toller Bestand, mit dem es großen Spaß gemacht hat zu arbeiten, ihn weiterzudenken und für die zukünftige Nutzung zu gestalten“, betont Architekt Steiner.

Das ehemalige Treppenhaus allerdings war für diese Zwecke zu klein und viel zu steil. Es wurde rückgebaut und die Geschossdecken an dieser Stelle geschlossen. Stattdessen steht nun vor dem Gebäude an der Nordseite eine eigenständige, monolithische Stahlbeton-Konstruktion als Laubengang-Erschließung. Lediglich die Stege von den Laubengängen zu den Eingangstüren sind am Bestand aufgelagert. In der Fassade wurden hierfür pro Geschoss drei Fensteröffnungen zu Eingangstüren erweitert.

Rechts die eingestellte Schallschutz-Loggia mit schallabsorbierender Oberfläche Die eingestellte Schallschutz-Loggia mit schallabsorbierender Oberfläche
Foto: Volker Wortmeyer / dunkelschwarz

Die eingestellte Schallschutz-Loggia mit schallabsorbierender Oberfläche
Foto: Volker Wortmeyer / dunkelschwarz
Die große Besonderheit des Gebäudes und seiner Nutzung ist, dass hier nun geförderter Wohnraum mit coolem Loft-Charakter entstand. Offen und flexibel zu gestaltende Grundrisse, Raumhöhen von bis zu 3,70 m und sichtbar belassene Stahlbeton-Unterzüge gehören üblicherweise nicht in das Portfolio einer Wohnungsbaugesellschaft. „Wir waren sehr froh, dass sich die Bauherrschaft, auch dank eines 1:20-Modells, das wir angefertigt hatten, entschied, andere Wege zu gehen“, so der Architekt. Charaktervolle Wohnungen und die Einsparungen der Grauen Energie durch die Weiternutzung des Bestands hatten hier gegenüber der Möglichkeit, auf gleicher Grundfläche mehr Wohneinheiten mit geringerer Geschosshöhe zu stapeln, überzeugt.

Die Bäder der Wohnungen wurden als Boxen mit geringerer Höhe eingestellt, so dass oberhalb der Boxen nutzbare (Ablage-)Flächen entstanden. Nach dem gleichen Prinzip wurde eine etwa 6 m2 große Schallschutz-Loggia, eine Art Zusatzraum konzipiert, der vor allen Dingen dem Schallschutz dient. Auf der Südseite des Gebäudes führen nämlich die Bahngleise entlang, so dass hier erhöhte Schallschutzanforderungen notwendig wurden. Diese Werte bei geschlossenen Fenstern durch eine Dreifachverglasung zu erreichen war nicht das Problem.

Oberhalb der eingestellten Bad-Boxen kann die Fläche bei Bedarf als Stauraum genutzt werden Oberhalb der eingestellten Bad-Boxen kann die Fläche bei Bedarf als Stauraum genutzt werden
Foto: Volker Wortmeyer / dunkelschwarz

Oberhalb der eingestellten Bad-Boxen kann die Fläche bei Bedarf als Stauraum genutzt werden
Foto: Volker Wortmeyer / dunkelschwarz
chwierig wäre es hier allerdings mit der Lüftung geworden. Durch den zusätzlichen Raum haben die Architekten nun einen Pufferraum geschaffen, über den die Wohnräume natürlich belüftet werden können, ohne dass der Lärm zu groß wird. Der Schall wird im Raum über schallabsorbierende Heradesign-Platten geschluckt. Der Raum lässt sich nicht nur als Stauraum nutzen. Auch wenn er sehr klein ist, kann er doch große Qualitäten als Rückzugsraum oder spontanes Gästezimmer bieten.

Neben dem Rückbau des Treppenhauses waren es eher kleinere Maßnahmen, wie das Abschlagen des alten Innenputzes oder das Nacharbeiten lose stehender Ziegelsteine in den Wänden, die bearbeitet werden mussten. Auch vier Durchgänge vom Maschinen- in das Alte Mühlenhaus mussten nachträglich geschlossen werden. Um eine angemessene Raumhöhe im Eingang des Dachgeschosses zu erhalten, wurde dieser Bereich als Gaube ausgebildet. Das gesamte Gebäude ist abschließend mineralisch gedämmt und verputzt worden.

Renaturierung

Wesentlicher Baustein der Außenraum-Gestaltung des Büros Carla Lo Landschaftsarchitektur war die Renaturierung der beiden Wasserläufe Glan und Maxglaner Mühlbach, die bereits von der Stadt Salzburg beauftragt worden war. Das gesamte Grünflächenareal von 16 500 m2, auf dem sowohl die sanierten Bestandsbauten im Süden als auch die Neubauten im Norden stehen, ist komplett vom motorisierten Straßenverkehr freigehalten.

Autorin

Dipl.-Ing. Nina Greve studierte Architektur in Braunschweig und Kassel. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck (www.abteilung12.de) und ist unter anderem für die Zeitschriften DBZ, bauhandwerk und dach+holzbau tätig.

Baubeteiligte (Auswahl)

 

Bauherrin Ceconi-Villa An der Glan Investment GmbH / Stadtwerk Salzburg

Bauherrin / Nutzerin Maschinenhaus

ÖSW Wohnbauvereinigung Salzburg,

www.salzburg-wohnbau.at

Architektur

dunkelschwarz ZT GmbH, Salzburg,

dunkelschwarz.com

Architekt DI Georg Huber, Salzburg

Statik MCC Dipl. Ing. Cerin Consulting ZT
Gesellschaft mbH, Salzburg, www.mcc.co.at

Ausführung Ceconi-Villa Holzbau Oppeneiger GmbH, Eben, www.holzbau-oppeneiger.at

Ausführung Maschinenhaus ARGE Rauchmühle ÖSW-Strabag-Steiner-Porr


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