Die Kirche „Mariä Königin” in Saarbrücken

Nachkriegskirchen haben es nicht leicht. Dieses Schicksal teilen die Gotteshäuser beider Konfessionen mit vielen anderen ab den 1950er Jahren entstandenen Bauwerken. Manch einer hält sie für hässlich, beliebig oder für nicht erhaltenswert. Dabei hat jede Epoche ihre Meisterleistungen hervorgebracht, auch die Architektur der Nachkriegszeit. Auch diese Kirchen sind Wahrzeichen, Orte der Identität und Zugehörigkeit. Die allzu nahe Vergangenheit erweist sich hier als ein schlechter Ratgeber für das Erkennen des Denkmalwerts – oft lernt erst die Enkelgeneration die Bauten richtig einzuschätzen. Es bedarf hier schlussendlich einer doppelten Achtsamkeit, um unwiederbringliche Verluste des Denkmalbestands zu vermeiden. Und vielfacher Aufklärung.

Hier kann die katholische Pfarrkirche „Mariä Königin” in Hanglage oberhalb von Saarbrücken als Augenöffner fungieren. Zusammen mit dem Gemeindehaus, einem Kindergarten, einem Schwesternhaus und einem abgerückten Turm hat sie der Kölner Kirchenarchitekt Rudolf Schwarz in den frühen 1950er Jahren entworfen und von 1956 bis 1959 erbaut. Der Bau ist ein „Hingucker”.

Der rote Sandsteinbau mit leicht geneigtem Satteldach erhebt sich auf dem Grundriss zweier sich kreuzender Ellipsen mit zentralisierender Chor-Querhaus-Partie. Die Mauern sind in den hier aus Stahlbetonstützen bestehenden Vierungsecken vom Boden her in sich nach oben öffnenden Bögen mit Fensterflächen aufgebrochen. Talseitig hat man eine Unterkirche eingebaut. Die Fenster mit Rahmen aus Stahlbeton schuf Wilhelm Buschulte 1963/1964.

Die Gottesmutter als „mystische Rose“ scheint im Grundriss auf, Maria als „Kelch des Geistes“ ist symbolisch der Bau selbst.
Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Schröder

Die Gottesmutter als „mystische Rose“ scheint im Grundriss auf, Maria als „Kelch des Geistes“ ist symbolisch der Bau selbst.
Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Schröder
Da Schwarz eine „typische Marienkirche” konzipieren sollte, griff er auf Motive der Marienmystik zurück. Die Gottesmutter als „mystische Rose” scheint im Grundriss auf, Maria als „Kelch des Geistes” ist symbolisch der Bau selbst und die Krone der Himmelskönigin stellt der Kirchturm dar. Als besonders sehenswert gelten der Fensterzyklus, der Kreuzweg aus rotem Sandstein, die Taufkapelle, die untere Krypta, die Marienkapelle im Erdgeschoß, der Tabernakel, das Altarkreuz und die Orgel mit ihren 40 Registern, 3 Manualen und 3282 Pfeifen.

Auch die Sanierung der Betonbauten der Nachkriegsarchitektur stellt die Restauratoren und Architekten vor besondere Anforderungen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützte die Beton- und Fenstersanierung einer Fassadenseite der Kirche von 2013 bis 2017, also vom ersten Bauabschnitt an. Im Sichtbeton hatten sich innen wie außen starke Risse gebildet, zudem waren die Fenster und die Schutzverglasung schadhaft. Nach Rücksprache mit den Fachfirmen plädierte das Landesdenkmalamt wie der Architekt für den behutsamen Ausbau der Kunstgläser. Dabei musste der im vorhandenen Kitt der Kunstgläser gefundene Asbest entsorgt werden. Die bestehende Verglasung an der Nord-West-Ecke beließ man. Ansonsten wurde die beschädigte Drahtverglasung entfernt und durch eine neue, nur optisch wie Drahtglas wirkende Verglasung ausgetauscht.

Ein längerer Baustopp an der Kirche wurde 2016 beendet, nachdem statische Probleme und auftretende Fragen der Betonsanierung diskutiert worden waren und die aufgebrauchten Eigenmittel der Kirchengemeinde von der DSD durch eine Aufstockung des Förderbetrags gelöst werden konnten. Eine spezielle Betonsanierung wurde durchgeführt, bei der man ein Prinzip aus dem Schiffsbau übernahm. Nach der Betonsanierung wurden die Fenster montiert und die innere Verglasung wie auch die Schutzverglasung ausgeführt.

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