Der Mercedes-Benz Sprinter als Allrad-Kastenwagen im Praxistest
Seit 30 Jahren ist der Sprinter von Mercedes Benz ein Synonym für moderne Transportmobilität. Bei einer Jubiläumsveranstaltung in Berlin haben wir den Allrad-Sprinter-Kastenwagen getestet. Mit vielen Assistenz-Systemen ließ sich das Modell angenehm fahren.
Mercedes-Benz Vans feiert 30 Jahre Sprinter und übergibt das 1500ste Fahrzeug an die Tafel in Stuttgart. Bis heute wurden fast 5 Millionen dieser Transporter weltweit ausgeliefert. Produziert wird das Modell an vier Standorten: in Düsseldorf, Ludwigsfelde bei Berlin, in Buenos Aires und in North Charleston im US-Bundesstaat South Carolina. Zwischen 2013 und 2018 lief das Modell als „Sprinter Classic“ zudem im russischen Nischni Nowgorod vom Band. Für den Test wurde der Redaktion der Allrad-Sprinter-Kastenwagen „319 CDI extralang 4WD“ in der Ausstattung Select zur Verfügung gestellt – Listenpreis rund 108 000 Euro. Laut Mercedes ist das Fahrzeug derzeit für rund 78 800 Euro erhältlich.
Unser Testfahrtsprinter „319 CDI extralang 4WD“ hat eine zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 173 km/h und 190 PS
Foto: Jens Kathmann
Der Sprinter wird in dritter Generation mit Verbrennungsmotor angeboten, der eSprinter inzwischen in zweiter. Als erster Transporter der Marke mit eigenem Namen setzte er sich schnell als Synonym für eine ganze Fahrzeugklasse durch – die so genannte Sprinterklasse. Zuvor trugen die Modelle lediglich Typenbezeichnungen wie L 319, MB 100 D oder T2.
Erhältlich ist der Sprinter als Kastenwagen, Fahrgestell, Doppelkabine, Pritsche oder Kombi – auf Wunsch auch mit Sonderaufbauten, beispielsweise als Absetzmuldenträger oder Kleinbus. Mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 5,5 Tonnen erreicht er teils hohe Geschwindigkeiten. Ein früheres Testfahrzeug war für 156 km/h zugelassen, das aktuelle Modell für 173 km/h.
Permanenter Allradantrieb
Der Transporter hatte zu Beginn seiner Karriere 1995 meist eine Gesamtmasse von 3,5 t und wurde damit den Pkw-Führerscheinklassen in Deutschland und Europa gerecht. Von Beginn an verfügte er über Scheibenbremsen, höhenverstellbare Dreipunktgurte, ABS und ein automatisches Bremsdifferential. Er startete mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe, 1997 folgte auch ein Automatikgetriebe mit vier Schaltstufen. Das System lässt sich elektrohydraulisch zu- und abschalten – sogar während der Fahrt bis 20 km/h. Seit 1998 hat der Sprinter auch einen permanenten Allradantrieb.
Mittlerweile macht der Sprinter die Hälfte des gesamten Transportervolumens bei Mercedes-Benz Vans aus. Wie der Leiter Vertrieb Mercedes-Benz Vans Europa und Geschäftsleitung Transporter Deutschland, David Perdomo Hollatz, beteuert, sei das Kundenvertrauen in den Sprinter groß. Das belege eine Wiederkaufsrate von 70 Prozent.
Jubiläums-Feier in Berlin
Mitte März feierte Mercedes-Benz das Jubiläum „30 Jahre Sprinter“ mit einer groß angelegten Veranstaltung auf dem Gelände der Niederlassung Berlin-Spandau. Dort entstand auf 4,6 ha Fläche ein Van-Experience-Center. Hier werden Transporter verkauft, vermietet und in Zahlung genommen. Rund 300 Transporter sind in der Regel als so genannte „Junge Sterne“ als geprüfte gebrauchte Vans zu haben. Zusätzliche Ausstattungen wie eine Anhängekupplung lassen sich direkt in der Werkstatt nachrüsten.
Die Sprinter-City war in vier Bereiche gegliedert: den historischen Bezirk, das Forum, den Aktivitätsbezirk und das City-Center mit vier Foodtrucks auf Sprinterbasis. Ergänzt wurde das Programm durch ein Ruthmann-Steigerfahrzeug mit 26 m Auslegerhöhe (Wert: rund 250 000 Euro), eine Fahrzeugschau mit vier Generationen des Sprinters, mehrere Polizeifahrzeuge und ein mobiler Service-Sprinter mit Bott-Ausbau.
Varianten, Technik und neue Stärken
Der Sprinter besitzt drei Radstände, vier Längen und drei Bauhöhen in den Gewichtsklassen 3,0 bis 5,5 t. Neben Hinterrad- und Allradantrieb gibt es ihn in der dritten Generation erstmals auch mit Vorderradantrieb. Letzterer bietet den Vorteil einer 80 mm niedrigeren Ladekante und auch als Zugkopf für Sonderfahrgestelle und Reisemobile. Diese Variante spart 100 kg Gewicht.
Seit Herbst 2021 ist der Allrad-Sprinter mit einer Lamellenkupplung ausgestattet und serienmäßig mit Neungang-Wandlerautomatik kombinierbar. Das Topmodell leistet 140 kW (190 PS) und ist bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 5,5 Tonnen erhältlich.
Das Testfahrzeug
Die Fahrerkabine ist mit höhenverstellbaren Dreipunktgurten ausgestattet
Foto: Jens Kathmann
Unser Testfahrtsprinter „319 CDI extralang 4WD“ hat eine zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 173 km/h, 190 PS und einen Verbrauch von 12,3 l Diesel auf 100 km. Für das Automatikgetriebe werden als maximales Drehmoment 450 Nm angegeben. Das Fahrzeug besitzt ein edles Cockpit, das große MBUX, eine elektrisch öffnende und schließende Seitentür, zahlreiche Assistenzsysteme und war mit Beladung angenehm fahrbar – sowohl im Stadtverkehr als auch im Baustellenbetrieb. Die Fahrerkabine ist mit höhenverstellbaren Dreipunktgurten ausgestattet. In dieser Konfiguration hat der Sprinter eine Nutzlast von lediglich 658 kg. Er war in obsidianschwarz-metallic lackiert.
Der Listenpreis für den großen Allradsprinter-Kastenwagen in der Ausstattung Select (etwa 28 500 Euro) als „319 CDI extralang 4WD“ soll insgesamt bei 108 459 Euro liegen! Mit einem Rabatt ohne weitere spezielle Konditionen soll der Preis knapp 78 000 Euro betragen. Bei der Testfahrt rund um eine Baustelle wurde der Van bewundernd in Augenschein genommen. Bei einigen Besuchern traf der Sprinter auf großes Interesse, sie hätten ihn gerne gleich mitgenommen. Der Preis erwies sich offenbar nicht als Hinderungsgrund. Mercedes spendete zum Jubiläum an die Tafeln in Deutschland. So ging ein Fahrzeug beispielsweise an die Schwäbische Tafel in Stuttgart.
AutorDipl.-Betriebswirt (FH) Jens Kathmann ist freier Journalist. Er lebt und arbeitet in Karlsruhe.