Umbau eines Hühner- und Schweinestalls zum Wohnhaus

Der Hof der Familie Scheer liegt in einem ländlichen Ortsteil von Halle in Westfalen. Einen ehemaligen Hühner- und Schweinestall bauen die Scheers jetzt zu einem Wohnhaus um. Dabei setzen sie auf ökolo-gische Baustoffe wie Holz und Lehm. Im ehemaligen Stall wollen sie ihren Ruhestand verbringen.

Harald Scheer arbeitet als Betriebsleiter einer Biogasanlage, seine Frau Sylvia Scheer ist Erzieherin. Ihr Hof ist seit Jahren in Familienbesitz. Die Scheers wohnen zur Zeit noch auf etwa 300 m² im Vorderhaus. „Hier haben wir drei Kinder großgezogen, jetzt sind alle aus dem Haus, und für uns beide ist das Haus zu groß“, sagt Harald Scheer. Aus dieser Überlegung entstand die Idee, einen alten Stall im hinteren Teil des Hofs zum Wohnhaus umzubauen. „Wenn wir den Stall saniert haben, möchten wir dort einziehen. Das Vorderhaus werden wir dann vermieten“, sagt Harald Scheer. Das massiv zur Haltung von Hühnern und Schweinen errichtete Wirtschaftsgebäude ist 24 m lang, 5 m breit und etwa 7 m hoch. Tiere leben hier schon länger nicht mehr. In einer Scheune auf dem Hof stehen noch zwei Schafe, neben dem Stall picken einige Hühner im Freiluftgehege.

Stall neu nutzen und Wert steigern

Schon im Sommer diesen Jahres wollen Harald und Sylvia Scheer in den ehemaligen Stall einziehen. Seit fast einem Jahr läuft der Umbau, für den haben die beiden einen Kredit aufgenommen. „Die Bank fand die Idee der Stallumnutzung gut, weil dadurch der Hof aufgewertet wird und mehr Wohnfläche zur Verfügung steht“, sagt Harald Scheer. Einen Großteil des Kredits haben die Bauherren bis jetzt noch nicht gebraucht. Sie erledigen viele Arbeiten selbst und sparen dadurch einiges an Geld. Wichtig ist für die Scheers der Einsatz ökologischer Baustoffe wie Holz, Lehm und Zellulose. „Im vorderen Haus haben wir den Boden damals mit Styropor gedämmt“, erzählt Harald Scheer, „das bereue ich jetzt, denn der Styropor wird irgendwann nur noch Sondermüll sein.“ Der Boden des Stalls soll mit Holzfaserplatten gedämmt werden. So wie die Innenwände auch.

Ökologisch motivierter Handwerker

Für den Umbau haben die Scheers einen Handwerker an ihrer Seite, für den das Bauen mit ökologischen Baustoffen zum Alltagsgeschäft gehört: Andreas Beermann, einer der beiden Inhaber der Firma Holz-Lehm-Natur-Bau aus Rheda-Wiedenbrück. Die ­Zimmerei erledigt Arbeiten in der Altbausanierung, Fachwerk­sa­nie­rung, in der Denkmalpflege sowie im Lehm- und Holzbau.

Lehmputz läuft träge in der Maschine

Als wir von der Zeitschrift bauhandwerk den Hof der Scheers Ende März besuchen, sind Andreas Beermann und seine Mitarbeiterin, Zimmerin Gaby Lipka, mit dem Lehmputz und der Innendämmung beschäftigt. In einem älteren Tellermischer mit einer modernen Schneckenpumpe läuft träge der Lehmputz. Gaby Lipka schaufelt aus einem großen weißen „Big Bag“ von Conluto die Putz-Mischung in die Maschine. Sie sagt: „Ich arbeite gern mit Lehmputz, weil man beim Mischen immer wieder unterbrechen und neu anfangen kann. Mit Zement geht das nicht.“ Vor dem Stall stehen einige „Big Bags“ mit Lehm-Ober- und Unterputz. Außerdem warten mehrere Paletten mit Holzfaserdämmplatten auf ihre Verarbeitung: Pavatex „Diffutherm“ in 80 mm Dicke, mit Nut und Feder. Die Handwerker verwenden sie für die Innendämmung des Stalls. Aber bevor die Platten montiert werden, spritzen die Handwerker den Lehmunterputz auf die Wände. Andreas Beermann nimmt dafür einen Förderschlauch, der mit der Putzmaschine verbunden ist.

Mit Kartätsche und Kelle

Mit dem Schlauch spritzt Beermann den Lehm­putz an die gesamte Wandfläche. Nach dem ­Anspritzen nimmt er eine Kartätsche und zieht die Putzoberfläche in schnellen Zügen glatt. Hier und da wirft er mit der Kelle noch etwas Putz an die Wand, um kleine Fehlstellen auszubessern. Im Nebenraum schneidet Gaby Lipka währenddessen die Holzfaserplatten mit der Handkreissäge.

Sockelleiste unter den Holzfaserplatten

Unter der 2,60 m hohen Wand haben die beiden mit Holzblöcken eine Sockelleiste aufgestellt. Die soll dafür sorgen, dass die Holzfaserdämmplatten nicht direkt auf dem Boden stehen. Unter den Holzfaserplatten werden schmale Stücke Polystyrol-Dämmstoff zum Feuchtigkeitsschutz verklebt, wenn die Innendämmung montiert ist. Auf der Sockelleiste stellen die Handwerker zunächst die erste Lage Holzfaserdämmplatten auf. Mit Kantholz und Hammer klopfen sie die Platten an, damit sie richtig sitzen. An manchen Stellen, vor allem an der Anschlusswand, müssen sie kräftig schieben und drücken, bis die Platten sitzen.

Dämmstoffdübel und Nägel

Um die Dämmplatten zu befestigen, nimmt Andreas Beermann eine Bohrmaschine und bohrt durch die Platten hindurch Löcher in die Wand. In die Löcher steckt er Dämmstoffdübel aus Kunststoff und setzt dann mit dem Hammer Nägel in die Dübel. Im gesamten Erdgeschoss werden Holzfaserdämmplatten auf dem Lehm-Unterputz verklebt und verdübelt.

Danach spritzt Andreas Beermann einen Lehmunterputz auf die Holzfaserplatten und bettet Armierungsgewebe ein. Sobald der Unterputz getrocknet ist, spritzt er einen Lehmoberputz auf und glättet ihn. Gestrichen wird die Wand mit heller Kalkkaseinfarbe.

„Das Montieren der Holzfaserplatten dauert relativ lange, die Oberflächenbeschichtung geht vergleichsweise schnell“, sagt Andreas Beermann.

Im August 2017 soll der ehemalige Stall fertig umgebaut sein. „Bis dahin ist noch einiges zu tun. Ich bin aber zuversichtlich, dass das klappt“, sagt Andreas Beermann abschließend.

Autor

Stephan Thomas ist Volontär in der Redaktion der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau in Gütersloh.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherren Sylvia und Harald Scheer,

Halle / Westfalen

Bauzeit Mai 2016 - August 2017 (voraussichtlich)

Architektin Anke Nollkämper,

Halle / Westfalen, www.nollkaemper-architekten.de

Lehmbau, Holzbau und Innendämmung

HOLENA (Holz-Lehm-Natur-Bau),

Rheda-Wiedenbrück, www.holena.de


Herstellerindex (Auswahl)

Lehmputz Lehm-Unterputz und Lehm-Oberputz „Erdfeucht“ von Conluto, Blomberg, www.conluto.de

Dämmplatten Innendämung Wände „Diffutherm“, Pavatex, Freiburg im Üechtland (CH),

www.pavatex.com

Dämmstoffdübel Armith, Schmölln,

www.armith.de

Tellermischer Atika, Burgau, www.lescha-atika.de

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 11/2018

Lehmputz an der Decke

Thomas Steiner spr?ht im Obergeschoss des Einfamilienhauses in Rietberg 2 bis 3 mm Lehmputz auf die Decken

Über den Totalumbau eines 1965 in Rietberg errichteten Wohnhauses haben wir in bauhandwerk schon mehrfach berichtet. Angefangen mit der Anbringung eines WDVS auf den Außenmauern ging es an den...

mehr
Ausgabe 12/2013

Vom Stall zum Zimmer Umbau des Wirtschaftsteils eines Bauernhauses in Werther zum Wohnhaus

Der ehemalige Bauernhof der Familie Stieghorst steht in Werther bei Bielefeld inmitten von Feldern nahe am Teutoburger Wald. Die Fachwerkhölzer für das Tragwerk im Wirtschaftsteil des Hofes stammen...

mehr
Ausgabe 11/2017

Ober- und Designputz aus Lehm

Putz liegt als Finish für Wandoberflächen im Trend – besonders dann, wenn er aus Lehm ist. Claytec bietet mit „Yosima“ eine Designputzkollektion mit insgesamt rund 140 Farben, die sich mit...

mehr
Ausgabe 7-8/2016

Holzfaserplatten und Lehmputz

Holzweichfaserplatten bestehen aus Hackschnitzeln und anderen Resten, die im Sägewerk anfallen. Das Holz stammt dabei vor allem von heimischen Nadelbäumen. Die Lehmputzträgerplatte aus...

mehr
Ausgabe 1-2/2016

Umbau und Sanierung eines Lübecker Patrizierhauses

Maßstäbliche Pläne Maßstäbliche Pläne finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Zeitschrift bauhandwerk. Hier geht es zum Heft -> Die Lage des Hauses, das die Architekturbüros Schümann...

mehr