Rosa Röhre: Umlauftank 2 der TU Berlin saniert

Der Umlauftank 2 der TU Berlin ist ein spektakuläres Gebäude von Christian Boes und Ludwig Leo, dessen aufwendige Sanierung Ende vergangenen Jahres abgeschlossen wurde. Dabei sollte auch der PU-Schaum erhalten bleiben, aus dem Teile des denkmalgeschützten Gebäudes bestehen.

Der von 1968 bis 1974 nach Entwürfen des Ingenieurbüros Christian Boes unter künstlerischer Leitung des Architekten Ludwig Leo entstandene Umlauftank 2 der Technischen Universität Berlin ist ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Gebäude:  So können in der im Durchmesser bis zu 8 m großen rosa Röhre, die sich wie ein Wurm durch einen blauen Kubus windet, bis zu 9 m lange Schiffsmodelle getestet werden. Dabei fließen 3500 Kubikmeter Wasser – von einer Schiffsschraube und zwei Schiffsdieselmotoren ordentlich auf Touren gebracht – im Kreis. Die Untersuchungen an den Schiffsmodellen und Turbinen werden von der mehrgeschossigen Laborhalle (dem blauen Kubus) aus durchgeführt. Kubus und Röhre werden von einem leichten Tragwerk aus einer geschweißten Stahlkonstruktion aus Doppel-T-Trägern statisch gehalten, die auf einem 4,2 m hohen Stahlbetonsockel steht. Dieser enthält unter anderem das Maschinenhaus und ein Reservebecken. Weltweit gibt es 80 solcher Anlagen. Vier davon stehen in Deutschland. Der Umlauftank in Berlin ist der größte davon.

Ein technisches Gebäude aus PU-Schaum und Stahl

Mittlerweile war das Gebäude und insbesondere die knallige Farbigkeit, die eher an eine Pop-Art-Skulptur als an ein Gebäude für eine technisch-wissenschaftliche Funktion erinnert, arg in die Jahre gekommen: Das ursprünglich kräftige Rosa der Röhre war blass geworden, und aus dem einstigen Blau der Laborhalle war ein helles Grau geworden. Die Wüstenrot Stiftung investierte 3,5 Millionen Euro in die denkmalgerechte Sanierung, denn der Umlauftank 2 in Berlin ist ein Baudenkmal, steht er doch beispielhaft für die Architektur der 1970er Jahre. Doch wie saniert man ein solches Gebäude, das vor allem aus Metall (Stahl) und Kunststoff (Polyurethan-Schaum) besteht? Insbesondere Polyurethan-Schaum (PU-Schaum) zählt nicht gerade zu den Materialien, die mit den Jahren schöner werden, was sich am Umlauftank 2 vor der Sanierung zeigte.

Schäden am PU-Schaum: Ausbrüche, Risse und Einschlüsse

Das mit der Sanierungsplanung beauftragte Architekturbüro HG Merz und das auf Denkmalpflege spezialisierte Büro adb Ewerien und Obermann mussten zunächst die Substanz untersuchen lassen. Diese bestand im Falle der 55 m langen Rohrleitung aus 17 mm dickem Stahlblech, das man seinerzeit außen 4 cm dick von Hand mit PU-Schaum und mehreren Lagen rosa Farbe beschichtet hatte, um das Wasser in der Röhre vor äußeren Temperaturschwankungen zu schützen. PU-Schaum findet sich als Dämmung ebenfalls in den aus Stahlblech industriell gefertigten Sandwichpaneelen der blauen Laborhallen-Fassade. Da es aus Sicht der Denkmalpflege immer auch um die Erhaltung der originalen Substanz geht, sollte natürlich auch der PU-Schaum erhalten bleiben. Wie verhält sich dieser aber über die Jahre, wenn er frei bewittert konstruktiv nicht in ein Bauteil integriert und damit nicht von anderen Materialien umschlossen ist? Ausbrüche, Risse und Wassereinschlüsse waren jedenfalls deutlich am PU-Schaum der Röhre zu sehen. In manchen offenen Fugen des Schaums wuchsen mittlerweile Pflanzen. Hinzu kamen Ablösungserscheinungen des PU-Schaums vom ansonsten fast rostfreien Stahlrohr. Trotz dieser Schäden erfüllte der Schaum seine Dämmfunktion nach wie vor.

So wurde der PU-Schaum saniert

Es gab also keinen Grund, den alten Schaum komplett herunter zu holen und gegen neuen zu ersetzen. Die Planer entschieden sich somit dafür, den PU-Schaum punktuell zu reparieren. Für die Wassereinschlüsse legten die Handwerker eine Drainage. Oberflächliche Risse konnte die mit den Sanierungsarbeiten beauftragte Firma ipurtec ausschleifen, Ausbrüche und Löcher ausschneiden und gegen Vierungen aus PU-Schaum ersetzen. Die so entstandenen Fehlstellen wurden mit neu aufgespritztem Schaum ausgeglichen. Da der PU-Schaum quillt, mussten die Reparaturstellen anschließend beschnitten und geschliffen werden. Nach der punktuellen Reparatur sprühten die Mitarbeiter von ipurtec über die angrenzenden Flächen ein PU-Overspray als angleichende Oberschicht. „Im Prinzip ist das das gleiche Material wie in den 1970er Jahren, nur viel umweltfreundlicher“, sagt Fritz Klamm, Gesellschafter bei ipurtec in Riesa.

Abschließend erfolgte eine Schutzlackierung der PU-Schaumoberfläche – natürlich mit der originalen, laut Befund ermittelten rosa Farbigkeit. Die Lackierung führten die Handwerker mit einer umweltgerechten Farbe auf Basis einer wässrigen Acrylatdispersion im Airless-Verfahren aus. „Die alte Farbe war giftig. Die gibt es heute zurecht nicht mehr“, meint Fritz Klamm. So sind die Reparaturstellen heute zwar ablesbar, aber kaum zu sehen, da die ursprüngliche PU-Beschichtung auch handwerklich aufgebracht worden war.

Sanierung der Laborhallen-Fassade aus blauen Sandwichpaneelen

Die außen ursprünglich blau beschichteten Sandwichpaneele der Laborhalle waren über die Jahre grau geworden, sahen aus der Entfernung aber weitgehend intakt aus. Erst nachdem das Gerüst aufgebaut war, konnte man von dort aus mit einer Handsonde im Wirbelstromverfahren die Paneele abfahren, um zu analysieren, wie umfangreich die von außen nicht sichtbaren Schäden sein könnten. Das Ergebnis war verheerend: neben Tauwasserschäden an den Innenseiten der Außenbleche zeigte sich vor allem eine unerwartet starke innere Korrosion. Ursache hierfür war Tauwasser, das im Inneren zu einer chemischen Reaktion geführt hatte. Die anfänglich erwogene Instandsetzung einzelner Platten mit aufgeklebten Reparaturblechen musste verworfen werden und stattdessen die gesamte Fassade mit Ausnahme der Rückseite des Kranschachts unter der Laborhalle gegen neue Sandwichpaneele ersetzt werden. Da war es ein Glück, das die Firma Hoesch, die die ursprünglichen Paneele beim Bau in den 1970er Jahren geliefert hatte, auch heute noch solche in fast identischer Form produziert. So konnte die Fassade des Laborgebäudes mit neuen blauen Paneelen von Hoesch, die dem originalen Bestand weitgehend ähneln, ersetzt werden.

 

Autor

Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherr Wüstenrot Stiftung, Ludwigsburg,

www.wuestenrot-stiftung.de

Nutzer TU Berlin, www.tu-berlin.de

Planung hg merz, Berlin, www.hgmerz.com

Bauforschung und Bauleitung adb ewerien und

obermann, Berlin, www.adb-berlin.de

Projektsteuerung

Büro Knappheide, Wiesbaden, www.knappheide.eu

Statik GSE Ingenieur-Gesellschaft, Berlin,

www.gse-berlin.de

Restauratorische Reinigung Maler- und Kirchen-malermeister Lutz Senninger, Pirna,

www.kirchenmaler-sachsen.de

Metallbauarbeiten Paneelfassade Hauk Metallbau und Sicherheitstechnik, Nauen, www.hauk.de

Trockenbau- und Putzarbeiten WZ-Bau, Berlin,

www.wz-bau.de

Malerarbeiten Malermeister Leiste, Hohen Neuendorf, www.malermeister-leiste.sutterpages.de

Sanierung PU-Schaum der Röhre ipurtec, Riesa, www.ipurtec.de

Korrosionsschutzarbeiten Sandstrahl Schuch,

Görlitz, www.sandstrahl-schuch.de

Herstellerindex (Auswahl)

Sandwichpaneele „Thermowand“, Hoesch, Kreuztal, https://hoesch-bau.com

Farbe auf PU-Schaum „hm-color 21 Reflexcoating 1K“, Hermann Meyer Bautenschutz, Bielefeld,

www.mh-bautenschutz.de

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