Der Transporter Renault „Express“ im Praxistest

Der Renault „Express“ ist das Einstiegsmodell in die Transporterwelt von Renault. Er soll insbesondere Unternehmen ansprechen, die das Preis-Leistungs-Verhältnis im Blick haben. Ob das mit Abstrichen bei Ausstattung oder Komfort bezahlt werden muss, hat die Redaktion getestet.

Speziell junge Unternehmen, die besonders preissensibel sind, hat Renault mit dem neuen Kompakttransporter Renault „Express“ im Fokus. Denn das Einstiegsmodell in die Nutzfahrzeugpalette der Franzosen, der TCe 100 FAP mit Benziner, ist schon für 16 190 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer) zu haben. Zum Vergleich: Der Renault „Kangoo“ kostet in der dritten Generation mit dem gleichen Motor 17 940 Euro (Preise laut Preisliste vom Mai 2022).

Der „Express“ tritt an die Stelle des „Dokker Express“ der Schwestermarke Dacia. Den konnte man allerdings schon für unter 10 000 Euro sein Eigen nennen, musste dafür aber auch deutliche Abstriche bei der Ausstattung hinnehmen und akzeptieren, ein Fahrzeug zu fahren, das nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprach. Die Redaktion konnte jetzt „erfahren“, wie es sich mit dem neuen Renault „Express“ verhält.  

Wertiges Design

Schon vom Äußeren vermittelt der „Express“ alles andere als einen „billigen“ Eindruck: Das geradlinige Design, die flach ansteigende, modern konturierte Motorhaube, eine robust wirkende, großzügige Frontschürze sowie Details wie die stabilen Bügeltürgriffe oder die verdeckten Scheibenwischer und Wischwasserdüsen vermitteln einen wertigen Eindruck. Der bestätigt sich, sobald man am Steuer Platz nimmt: Der Fahrersitz ist up-to-date, bietet einen hohen Komfort und ist in Tiefe und Höhe verstellbar. Letzteres allerdings nur, da unser Testfahrzeug das Ausstattungspaket „Extra“ erhalten hat – im Basismodell kostet der höhenverstellbare Sitz extra.

Auch die Materialien in der Fahrerkabine sind gut verarbeitet. Eine Vielzahl von Ablagen und Staumöglichkeiten für Lieferpapiere, Dokumente, Getränke oder Laptops und Tablet-Computer erleichtern den Arbeitsalltag. Besonders die 21,8 Liter große, serienmäßige Ablagegalerie über den Vordersitzen fällt ins Auge.

Viele Ausstattungsmöglichkeiten

Zur serienmäßigen Ausstattung gehören zudem elektrische Fensterheber, die geschwindigkeitsabhängige elektrische Servolenkung und die Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung. Ebenfalls ab Werk vorhanden ist der Lichtsensor. Die Ausstattung „Extra“ beinhaltet zusätzlich ein „DAB+“-Radio und als Optionen eine manuelle Klimaanlage sowie einen Tempopilot mit Geschwindigkeitsbegrenzer.

Hinzukommen die akustische Einparkhilfe vorne und hinten sowie die Rückfahrkamera, die zusammen mit dem Wendekreis von 11,6 m das Manövrieren auch unter engen Platzverhältnissen erleichtert. Das Bild wird in den Multimediamonitor projiziert, der zum On-Board-Infotainment „Easy Link“ für die Ausstattung „Extra“ gehört. Hierüber können Handwerker sich sicher an Staus vorbeinavigieren lassen, Termine organisieren und Mails versenden.

Auch hier ist der „Express“ im wahrsten Sinne up-to-date: Navigations- und Software-Updates können ganz einfach „over the air“ aufgespielt werden – das System befindet sich hierdurch immer auf dem aktuellsten Stand. Das Infotainment-System ermöglicht zudem die Smartphone-Integration per Kabel über Apple CarPlay sowie Android Auto und ist mit der Spracherkennung des Telefons kompatibel. Besonders nützlich für gewerbliche Nutzer ist auch die Terminkalenderfunktion.

Gut zugänglicher Laderaum

Der kompakte Lieferwagen bietet bei geschlossener Trennwand eine Ladelänge von 1,91 m bei einer Gesamtlänge von 4,39 m. Optional ist eine drehbare Vario-Trennwand verfügbar. In Kombination mit dem umklappbaren Beifahrersitz (Option für die Ausstattung „Extra“) ermöglicht das die Verlängerung der Ladefläche auf 2,36 m und die Steigerung des Ladevolumens auf 3,7 m3. Die Zuladung beträgt je nach Variante zwischen 565 und 700 kg – unser Testfahrzeug mit dem 1,5-Liter-Turbodiesel „Blue dCi 95“ kann eine Zuladung von 613 kg transportieren.

Der Frachtraum ist über eine seitliche Schiebetür mit einer großzügigen Öffnung von 71,6 cm zugänglich – zusätzlich lässt sich eine zweite Schiebetür für die linke Fahrzeugseite ordern. Der Zugang zum Ladeabteil vom Heck aus erfolgt über eine Doppelflügeltür, die eine Öffnung von 1,17 m freigibt – damit lassen sich auch Europaletten in den Kompakttransporter laden. Angenehm ist die niedrige Ladekante: Sie ist nur 56,9 cm vom Boden entfernt und erleichtert so das Be- und Entladen deutlich.

Unser Testwagen ist serienmäßig (Ausstattung „Extra“) mit einem Kunststoffboden ausgerüstet, der zusätzlich durch einen rutschfesten Holzboden (Option) geschützt wird. Zur Ladungssicherung verfügt der „Express“ über sechs drehbare Verzurrösen im Laderaumboden, die auf eine Zugkraft von 400 Dekanewton ausgelegt sind. Zusätzlich sind vier weitere Verzurrösen an den Seitenwänden bestellbar.

Bei „unserem“ Fahrzeug schützt eine geschlossene Trennwand mit Fenster zum Transportraum Fahrer und Beifahrer bei Notbremsungen vor verrutschender Ladung.

Zeitgemäß bei Antrieb und Sicherheit

Der 95 PS starke Turbodiesel ermöglicht dank seines Drehmoments von 240 Nm eine dynamische Fahrweise. Der Verbrauch liegt bei 4,8 Litern im Mix – bei unseren Fahrten lagen wir leicht drüber, hatten aber  auf einer Autobahnfahrt die Höchstgeschwindigkeit von 162 km/h ausgetestet. Der „Express“ überzeugt mit Fahrkomfort, auch das Geräuschniveau im Innenraum geht in Ordnung. Allerdings war unser Testfahrzeug noch mit dem Euro 6D-Temp Antrieb ausgestattet, in 2022 wurde er auf Euro 6D-Full umgestellt. Damit ist der Verbrauch ein wenig gestiegen, wie auch der Preis…

In punkto Sicherheit ist er auf dem Stand der Technik, wenn man die Optionen wählt: eine erweiterte Traktionskontrolle, eine Anhängerstabilitätskontrolle und ein Toter-Winkel-Warner sind verfügbar.

Konkurrent für den Kangoo

Insgesamt überzeugt der Renault „Express“: Bei unseren Testfahrten ist uns nichts aufgefallen, was gegen das Einstiegsmodell spricht. Im Gegenteil – Renault hat sich einen echten Konkurrenten für den teureren Kangoo geschaffen. Der bietet zwar mehr Varianten und ist auch mit Elektro-Antrieb verfügbar, doch für die meisten Handwerker ist der „Express“ eine sehr gute Alternative. Allerdings ist er auch kein Schnäppchen – unser Testwagen kostete mit allen Extras 21 375 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer). Der Einstiegspreis für das aktuelle Modell mit dem Euro 6D-Full „Blue dCi 95“-Motor beträgt inzwischen 18 490 Euro (Stand Mai 2022).

Autor

Dipl.-Ing. Olaf Meier studierte Maschinenbau und arbeitet als freier Fachjournalist. Er lebt in Mönchengladbach und schreibt unter anderem als Autor für die Zeitschrift bauhandwerk.

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