Einfamilienhaus in Stahlleichtbauweise

Stahlleichtbauweisen sind hierzulande bei Produktions- und Lagergebäuden bekannt, im Wohnungsbau allerdings noch recht selten – trotz vieler Vorteile wie geringem Gewicht und Flexibilität. Wie gut das Zusammenspiel von Trockenbau und Stahlleichtbau gelingen kann, zeigt ein Einfamilienhaus in Bayern.

Leichte Elemente, geringe Wanddicken und eine rasche, wetterunabhängige Montage – der Stahlleichtbau ist eine Alternative zu Massiv- und Fertigbauweisen, die in Deutschland noch ein Nischendasein führt. Er besteht – ähnlich wie der Holzrahmenbau – aus horizontalen und vertikalen Profilen. Hier sind es verzinkte Stahlprofile für die tragenden Außenwände, für Innenwände, Decken und Dach, die beidseitig beplankt werden. Dabei ähnelt die Konstruktion in Ausführung und Umsetzung den Arbeitsschritten im Trockenbau, so dass sie auch für Handwerksbetriebe, die im Trockenbau tätig sind und für Trockenbaufachbetriebe neue Optionen bietet – wie für den Stuckateurmeister Frank Mauer. Sein Unternehmen in Wangen im Allgäu hat ein breites Spektrum, das von Trockenbau und Ausbau über Fassaden bis zu Altbausanierungen und Denkmalschutz reicht. Seit einigen Jahren hat er sich mit dem Stahlleichtbau ein zusätzliches Arbeitsfeld aufgebaut, das die Erfahrungen in den Abläufen des Trockenbaus und des Ausbaus mit allen Gewerken verbindet. So können fast 80 Prozent der Leistungen im eigenen Betrieb erbracht werden.

Vorteile und Potenziale

Die Vorteile des Systems – hohe Tragfähigkeit bei geringem Gewicht und schmalen Wanddicken, variable Gestaltungsmöglichkeiten, Vorfertigung, rasche Baustellenmontage, hohes Recycling- und Wiederverwertungspotenzial – sind für den Neubau von individuellen Wohnhäusern ebenso geeignet wie für Lagerhallen größeren Maßstabs, für Erweiterungen, Aufstockungen und vorgefertigte Fassadenelemente. Frank Mauer hat in dieser Bauweise bereits Einfamilienhäuser, Werkhallen, sowie Einbauten als Raum-in-Raum-Lösungen für größere Hallen oder im Denkmalschutzbereich eingesetzt: „Wesentlich sind für mich auch die verrottungsfreie Konstruktion, der geringe Materialeinsatz und damit Ressourcenverbrauch und natürlich die Recycelbarkeit der sortenrein demontierbaren Elemente“.

Aufmerksam wurde er auf die Stahlleichtbauweise bereits vor über 25 Jahren, als sie der Landesinnungsverband als zusätzliches Aufgabengebiet für Trockenbaufirmen vorstellte. Das damalige Franchise-System war für Frank Mauer jedoch nicht praktikabel, da zu hohe Investitionen getätigt werden mussten, ohne die Gewissheit zu haben, dass es auch Bauherren dafür gab. Als ihn dann ein befreundeter Bauherr vor einigen Jahren nach einer empfehlenswerten Bauart für sein geplantes Wohnhaus fragte, erläuterte der Wangener Unternehmer die Vorteile des Stahlleichtbaus – und konnte das Projekt im Anschluss auch realisieren. Auch beim darauffolgenden Projekt, einem Einfamilienhaus mit Büro und Garage, kam ein interessierter Bauherr direkt auf ihn zu. Nach den Vorgaben und Wünschen des Bauherrn erstellte die Architektin die Planung. Die Statik musste vom Tragwerksplaner individuell berechnet werden, da für Stahlleichtbauhäuser der statische Nachweis nicht wie im Holz- oder Massivbau über Tabellen möglich ist. Die entsprechenden Stahlprofile werden dann beim Hersteller gefertigt und geliefert.

Montage auf der Baustelle

Die Grundlage des Hauses bilden C- und U-Profile, die auf der Baustelle zu einer Rahmenkonstruktionen zusammengesetzt werden. Zunächst werden die Außenwände, dann die statischen Innenwände sowie Decken und Dach – ebenfalls in Stahlleichtbauweise mit denselben U- und C-Profilen als Deckenträger – als Rohbau errichtet. Beplankt werden die Stahlständer der Fassaden außenseitig mit Faserzementplatten, die mit einem Wärmedämmverbundsystem bekleidet sind, raumseitig mit Hartgipsplatten. Die Beplankung dient auch zur Profilstabilisierung und Gebäudeaussteifung. Die Rahmen sind mit Mineralwolle ausgedämmt, die Gesamtwanddicke der Außenwände inklusive WDVS beträgt 35 cm. Die Innenwände sind in Trockenbau mit Hartgipsplatten oder Gipskartonplatten beplankt. Das gesamte Haus inklusive der Außenwände wird im Trockenbau aus Stahlprofilen errichtet, doch erfordert diese Bauweise zusätzliches Knowhow, das sich das Team von Frank Mauer angeeignet hat. So benötigt man wegen der größeren Materialdicken der Profile und ihrem höheren Gewicht zusätzliches Werkzeug und andere Vorgehensweisen, zum Schneiden beispielsweise große Metallsägen und für die Montagearbeiten der Dachträger einen Kran oder Teleskopstapler. „Wir nieten die Verbindungen in der Regel mithilfe von Spezialzangen oder Schrauben, dann muss man nicht mehr vorbohren. Und die Platten der Beplankung werden nicht geschraubt, sondern geschossen“, erläutert Frank Mauer. Im Gegensatz zum normalen Trockenbau müssen die Ständer zudem miteinander verbunden und auf der Bodenplatte befestigt werden, um die Standfestigkeit zu gewährleisten. Dazu werden sie in die U-Profile auf der Bodenplatte gestellt; diese sind mit Ankern in die Bodenplatte geschraubt. Trotz der dünnwandigen Profile erfüllt diese Konstruktionsart so die statischen Anforderungen. Auch die Winddichtheit und Vermeidung von Wärmebrücken erfordert besondere Kenntnisse.

Ein großes Plus der Bauweise ist die Witterungsunabhängigkeit bei der Montage auf der Baustelle, da sowohl die verzinkten Stahlprofile als auch die Faserzementplatten der äußeren Beplankung feuchte- und formstabil sind. Sobald die Gebäudehülle geschlossen ist, kann bereits mit dem Innenausbau begonnen werden. Auch hier hat das Handwerksunternehmen einen Großteil der Arbeiten ausgeführt: den Trocken- und  Nassestrich, die Fußboden- und Deckenheizung, die Innenwände, die Vorwandinstallationen für Bad und Küche sowie den Außen- und Innenputz. Die Treppe wurde von einem Schlosserkollegen in Stahl ausgeführt, die Eichenholztritte von Mauers Handwerkern eingebaut wie auch in den Bädern die fugenlose Beschichtung, die Dusche und das Fliesenmosaik. Von den Fassaden über die Decken bis hin zum Innenausbau wurde somit alles aus einer Hand geplant und erstellt. In fünf Monaten Bauzeit wurde das Haus ab Bodenplatte fertiggestellt. Kürzere Bauzeiten wären mit einer Modulbauweise möglich, da sich die Module in der Halle inklusive der Einbauten vorfertigen lassen und ein Haus so in zwei bis drei Tagen aufgerichtet werden könnte.

Ein weiterer Vorteil ist die besondere Exaktheit der Konstruktion und der Füge- und Verbindungstechnik, die auf der Baustelle präzise umsetzbar ist. Aus diesem Grund wird während der Montage die Ausrichtung und Maßhaltigkeit der Konstruktion regelmäßig mit Lasermessgeräten justiert und kontrolliert. Zugleich bietet die Bauweise eine große Flexibilität bei der Gestaltung von Grundrissen sowie auch bei späteren Umbauten: Um Räume und Häuser an veränderte Ansprüche oder neue Lebenssituationen anzupassen, können die nicht tragenden Innenwände – im Unterschied zu Massivbauweisen – mit geringem Aufwand versetzt oder entfernt werden. Diese einfache Anpassbarkeit ist ein ebenso zukunftsweisender Vorteil des Stahlleichtbaus wie die rasche und trockene Konstruktion ohne Baufeuchte.

Autorin

Dipl.-Ing. Claudia Fuchs studierte Architektur an der TU Mün­chen. Sie arbeitet als freie Redakteurin und Autorin un­ter anderem für die Zeitschriften Detail, Baumeister, dach+holzbau und bauhandwerk.

Baubeteiligte (Auswahl)

 

Planung Alexandra Kiendl Architektur, München, www.alexkiendl.de 

Statik Haag Ingenieure, Ettlingen, www.haag-ingenieure.de 

Bauausführung Frank Mauer Akustik & Trockenbau, Wangen im Allgäu, www.frankmauer.de

 

 

Herstellerindex (Auswahl)

 

Stahlleichtbauprofile Protektorwerk Florenz Maisch, Gaggenau, www.protektor.de 

Faserzementplatten Siniat, Etex Building Performance, Ratingen, www.siniat.de 

Dämmung und Dampfbremse Knauf Insulation, Simbach am Inn, www.knaufinsulation.de 

WDVS Röfix, Röthis, www.roefix.at

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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