Von Grund auf mineralisch

Eine Schwachstelle der Fassadendämmung im Hinblick auf den Brandschutz ist der Sockelbereich. Der Bauherr eines Einfamilienhauses in Mülheim an der Ruhr entschied sich für einen Sockel aus nicht brennbarem und druckstabilem Schaumglas und damit für eine durchgängig nicht brennbare Fassade.

Eine vollmineralische Fassadendämmung hat viele Vorteile, darunter den hohen Brandschutz der Baustoffklasse A1, durch den zusätzliche Schutzmaßnahmen wie das Anbringen von Brandriegeln entfallen können. Schwierig wird es allerdings am Sockel, denn hier kommt zumeist noch eine Perimeterdämmung auf EPS-Basis zum Einsatz. Durch die richtigen Argumente können Planer und Handwerker ein Bewusstsein für eine brandsichere Sockelausführung schaffen, wie ein Bauvorhaben im nordrhein-westfälischen Mülheim an der Ruhr zeigt.

Das zweistöckige Einfamilienhaus an der Stadtgrenze zu Duisburg wurde als Neubau in einem Viertel mit gehobener Wohnqualität errichtet. Dem Bauherrn war es wichtig, dass sich der Neubau in Kubatur und Gestaltung in die gewachsene Umgebung einfügte. Gleichzeitig wünschte er sich garten- und terrassenseitig eine mediterrane Gestaltung mit bodentiefen Fenstern, um so möglichst viel Licht in die Wohnräume zu lassen. Nach diesen Vorgaben schuf der Mülheimer Architekt Andreas Werntges auf dem Eckgrundstück einen klassischen quadratischen Baukörper mit Zeltdach.

Durchgängig vollmineralische Lösung überzeugte

Bei der Materialwahl legte der Bauherr Wert auf hochwertige Lösungen, weshalb Andreas Werntges eine Fassadendämmung mit dem vollmineralischen WDVS „weber.therm A 100“ empfahl. Neben der Diffusionsoffenheit, die einen Feuchteaustausch innen wie außen ermöglicht, zeichnet sich das WDVS durch den hohen Brandschutz der Baustoffklasse A1 sowie einen hohen Schallschutz aus. Als Oberflächenfinish wurde ein Edelkratzputz mit 3 mm Korn aufgetragen, der ebenso wie die Kubatur des Gebäudes den klassischen Stil der Nachbarschaft aufgreift. Die umweltfreundliche „AquaBalance“-Putztechnologie sorgt für langfristigen Schutz vor Algen- und Pilzbewuchs. Dabei kommt sie ohne die sonst üblichen, umweltschädlichen Biozide aus. Basierend auf dem mineralischen Wirkprinzip wird die Feuchtigkeit von der Fassadenoberfläche in feine Kapillare transportiert und kontrolliert wieder abgegeben. Die Fassade trocknet schneller ab, das Wachstum von Mikroorganismen wird effektiv gehemmt.

Schaumglas-Sockel für höchste Ansprüche

Hinsichtlich der Sockelausführung riet Benedikt Wolthaus, Geschäftsführer des beauftragen Handwerksbetriebs Hütter Dämmputz GmbH aus Bottrop, zum Hochleistungsdämmstoff „Foamglas“. Argumente für diese Lösung gab und gibt es zur Genüge. Nicht zuletzt war das so genannte „Sockelbrandszenario“ mit ausschlaggebend für die Reform der Brandschutzverordnung. Nachdem die Feuerwehr in den vergangenen Jahren eine steigende Zahl von Abfalltonnenbränden festgestellt hatte, wurde damit für mit EPS gedämmte Sockelbereiche eine Brandriegelpflicht eingeführt. Diese entfällt jedoch beim Einsatz von nicht brennbarem Schaumglas. Das vollmineralische Material ist zudem schlagfest, ungezieferresistent und hochwärmedämmend. Gleichzeitig sorgt die hermetisch geschlossene Struktur aus Glaszellen dafür, dass das Material über Jahrzehnte wasser- und dampfdiffusionsdicht ist, keine Feuchtigkeit aufnimmt und nicht schrumpft. Die Platten werden vollflächig verklebt und garantieren so zusätzlich zur eigentlichen Abdichtungsschicht einen hohen Feuchteschutz. Beim Rückbau kann Foamglas unproblematisch wie sonstige Baustellenabfälle entsorgt werden. In Kombination mit dem vollmineralischen „weber.therm A 100“ bietet das System somit eine nachhaltige Lösung.

Verstärkte Nachfrage nach vollmineralischen Fassaden

„Wenn Bauphysiker auf Nummer sicher gehen wollen, greifen sie immer zu Foamglas“, sagt Dipl.-Ing. Andreas Werntges. „Insbesondere bei Bauvorhaben mit besonders hohen Anforderungen, wie beispielsweise Tiefgaragen.“ Der Architekt geht davon aus, dass sich angesichts hoher Brandschutzauflagen, speziell bei Mehrfamilienhäusern und Sanierungen, „Foamglas“ immer mehr durchsetzen wird. „Wir führen so gut wie keine EPS-Fassaden mehr aus“, bestätigt Benedikt Wolthaus den Trend zu hochwertigen, mineralischen Lösungen. Der häufige Materialwechsel beim Einbau von Brandriegeln führe zu Unterbrechungen im Arbeitsablauf. So kämen bei der Befestigung von EPS-Platten Schlagdübel zum Einsatz, für die aus Mineralwolle bestehenden Brandriegel seien dagegen Schraubdübel notwendig. Hinzu komme der Verschnitt. Außerdem sei ein größeres Maß an Kontrolle notwendig. Alles in allem führt dies zu Mehrkosten, die Bauherren nicht selten dazu veranlassen, sich gleich für eine durchgängig vollmineralische Fassade zu entscheiden.

„Mit einer besonders sicheren und hochwertigen Sockelausführung kann sich ein Handwerksbetrieb zusätzlich vom Markt abgrenzen“, meint Benedikt Wolthaus, der sich mit seinem Betrieb bereits durch die hochwertige Ausführung von Edelkratzputzen einen Namen gemacht hat. Zudem erleichtern die Vorteile von „Foamglas“ die Argumentation für eine vollmineralische Fassadendämmung. Ließen sich viele Kunden gerade mit Hinweis auf den besseren Brandschutz überzeugen, die Fassade nicht mit EPS, sondern mit Mineralwolle zu dämmen, war es ihnen bislang schwer zu vermitteln, dass für den Sockel dann doch EPS zum Einsatz kommen sollte. Das vollmineralische Schaumglas dagegen entspricht – ebenso wie Mineralwolle – den Anforderungen der Baustoffklasse A1.

Die Verarbeitung von Foamglas unterscheidet sich kaum von der von Mineralwolle. „Das Material lässt sich sehr gut schneiden und schleifen, auch wenn es im Handling empfindlicher ist als EPS. Pakete sollten beispielsweise nicht geworfen werden“, rät Stuckateurmeister Wolthaus.

Materialwechsel im Sockelbereich

Der Übergang zwischen Fassadendämmung und Sockelplatten wurde beim Mülheimer Objekt flächenbündig ausgeführt. Ein optischer Rücksprung entsteht nur durch die zwei verschiedenen Putzarten, ein Kratzputz mit 12 bis 15 mm Dicke auf der Fassade und ein Filzputz mit 3 bis 4 mm am Sockel. Eine kleine Herausforderung stellte das Einbetten des Armierungsgewebes in Fassade und Sockel dar. Zwar wurde das Gewebe durchgängig verlegt, beim Mörtel war jedoch ein Materialwechsel notwendig. Wurden die Mineralwolle-Dämmplatten mit einem herkömmlichen Armierungsmörtel bearbeitet, kam bei den Sockelplatten der extrem schwindarme Klebe- und Armierungsmörtel „weber.therm 307“ zum Einsatz. Dieser wurde bis etwa 30 cm auf die Mineralwolldämmung der Fassade geführt. Nach Auftrag des Filzputzes folgte das Finish aus mineralischem Egalisationsanstrich sowie einer mineralischen Dichtungsschlämme als Feuchteschutz am Fußpunkt des Systems.

Autor

Dipl.-Ing. Georg J. Kolbe ist Leiter des Produktmarketings Putz- und Fassadensysteme bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.

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