Feldsteinbau
Sanierung und Restaurierung der St.-Chatarinen-Kirche in WestenseeDie St.-Catharinen-Kirche in Westensee stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Nun wurde sie nach Plänen des Büros D/Form Architekten umfassend saniert und restauriert. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag auf Mauerwerk und Putz, Fenstern und Türen sowie dem Dach und der Deckendämmung.
Die St.-Catharinen-Kirche ist die Pfarrkirche
der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Westensee, Schleswig-Holstein. Sie liegt im historischen Ortskern, umgeben von einem malerischen Friedhof und norddeutschen Ziegelbauten. Der Feldsteinbau stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und wurde später um einen gotischen Chor sowie einen massiven Backsteinturm erweitert. An der Nord- und Ostseite schließen sich Grabkapellen ansässiger Adelsfamilien an.
Umfassende Sanierung
Unter der Ägide von D/Form Architekten wurde die unter Denkmalschutz stehende Kirche aus Feldstein- und Vollziegelmauerwerk in den Jahren 2024/2025 umfassend saniert. Dabei wurden sowohl die von Rissen und Feuchtigkeitsschäden betroffenen Fassaden als auch Teile des Innenraums restauriert und der Kirchturm konstruktiv gesichert, sowie Arbeiten am Dach und der Dämmung des Dachbodens und Chorgewölbes vorgenommen. Damit einher gingen, in Abstimmung mit der Denkmalbehörde, dem Landeskirchenkreis, der Kirchengemeinde sowie den Restauratoren, Arbeiten an den Einrichtungsgegenständen und am Inventar.
Unerlässlich war die Bestimmung historischer und mit dem Bestand verträglicher Materialien – insbesondere der gipshaltigen Mauer- und Muschelkalkmörtel – unter Abstimmung der Planungsbeteiligten sowie die Abwägung der restauratorischen Anforderungen und durch den Bestand bedingten baulichen Situationen.
Mauerwerksarbeiten
Neben kleineren Ausbesserungsarbeiten und „Schönheitsreparaturen“ sowie erhaltenden Arbeiten am Mauerwerk außen und innen sind besonders Arbeiten am Turm und den Strebepfeilern hervorzuheben. Die Vorsatzschale des Turmes und das Turmmauerwerk in Höhe des Dachstuhls wurden mit insgesamt sechs etwa 3 m langen Zugankern im Ankerstrumpfverfahren materialverträglich – mit Muschelkalkmörteln – und optisch kaschiert gesichert. Hierbei konnte festgestellt werden, dass der Kern des Turmmauerwerkes aus massiven Feldsteinen besteht, die zu nicht unerheblichem Mehraufwand bei der Einbringung der Anker führte.
Besondere Aufmerksamkeit galt auch den in den 1970er-Jahren im Zuge intensiver Sanierungsarbeiten errichteten Strebepfeiler als konstruktive Sicherung des Choranbaus und Gewölbes. Die bestehende Vorsatzschale aus Klinkern im Klosterformat wies konstruktive Risse auf und führte zu einem gewissen Feuchteeintrag in das Feldsteinmauerwerk und damit verbundenen Ausblühungen im Inneren. Große Teile der südseitigen Vorsatzschale wurden bis auf den Stahlbetonkern abgetragen und als hinterlüftete Vormauerschale neu aufgemauert. Zugehörige Dachübergänge und Mauerwerkssperren, also alle kritischen Anschlüsse, konnten so dauerhaft sicher ausgebildet werden. Eine weitere Durchfeuchtung, speziell des Mauerwerks am Epitaph Daniel Rantzaus, konnte somit verhindert werden.
Putz- und Malerarbeiten
In der Kirche, speziell im Langhaus, wurde der
teils durch Feuchte geschädigte Putz- und Feldsteinmauermörtel erneuert. Die Putzmörtelschichten und Mauerwerksfugen wurden hierzu tief ausgeräumt und unter bauphysikalischen sowie restauratorischen Aspekten mit gipshaltigen Mörteln wieder aufgebaut. Die originale Einfassung der Feldsteinköpfe konnte so wiederhergestellt werden. Die unterschiedlich verwendeten Mauerwerksmaterialien – Ziegel und Feldstein – sind nun wieder ablesbar und damit auch der Werdegang und die Erweiterungen der Kirche.
Dacharbeiten und Dämmung
Teile der Dachflächen wurden erneuert, ebenso die Entwässerung sowie die schadhafte Dämmung. Der räumlich beeindruckende Dachboden konnte dabei nutzbar gemacht werden.
Nach umfassender Schadenskartierung wurden die historischen Ziegel und die Vermörtelung – insbesondere in Kehlen und am First – ausgebessert sowie Dachrinnen und Fallrohre erneuert. Die Einläufe wurden auf Wunsch der Kirchengemeinde nach „Flemhuder Beispiel“ wartungsfreundlich ausgeführt und entwässern nun frei in einen Gully.
Die schadhafte und beschädigte Dämmung des Dachbodens und des Chorgewölbes wurde entfernt und durch nachhaltige Zellulosedämmung ersetzt. Über dem Langhaus ermöglicht nun ein Laufbelag die Nutzung des Dachgeschosses; über dem Chorgewölbe wurde die Zellulose im Sprühverfahren gefestigt und gesichert. Ergänzend errichteten die Zimmerleute einen Lauf- und Wartungssteg auf der Kehlbalkenlage des seltenen Wellenstegträger-Dachstuhls.
Tischlerarbeiten an Fenstern und Türen
Der Überarbeitung der teils nicht öffenbaren Fenster und Außentüren sowie der zugehörigen Beschichtungsarbeiten ging eine restauratorische Untersuchung der Materialien, insbesondere der Farbfassungen, voraus. Diese ermöglichte es, in Abstimmung mit Denkmalpflege und Kirchengemeinde, das ursprüngliche Erscheinungsbild aus dem 18. Jahrhundert mit seiner zurückhaltenden Farbgebung wiederherzustellen. Türen und Fenster harmonieren nun erneut mit der originalen Farbigkeit von Logen, Bänken und Einrichtung sowie mit den verwendeten Materialien – Ziegelstein und Feldsteinmauerwerk.
Einrichtung und Restaurierung
Besonders kunsthistorisch bedeutsam ist das Renaissance-Grabmal Daniel Rantzaus im Altarraum, einem dänischen Feldherrn, das durch Feuchte- und Salzeinwirkung gefährdet war und nun behutsam und erfolgreich restauriert werden konnte. Nach intensiven Trockenreinigungsarbeiten, der Vernadelung entstandener Risse sowie zurückhaltenden Retuschen wurde in Abstimmung mit der Landesdenkmalpflege – angesichts nicht eindeutig bestimmbarer historischer Fassungen – ein geeignetes Restaurierungskonzept festgelegt.
Weitere steinrestauratorische Arbeiten erfolgten behutsam zur Sicherung der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Kapitelle im Chorraum sowie der Grabplatten und der Sonnenuhr an der südwestlichen Gebäudeecke.
Auch die hölzernen Ausstattungsstücke – wie der Altar im Chorraum, die Kanzel und die historisch verzierten Langbänke – konnten schonend instandgesetzt und restauriert werden. Über die Jahre entstandene Risse, Abplatzungen, Hohlstellen und konstruktive Verformungen wurden materialgerecht durch Eichenholzleisten oder kleinere Ergänzungen repariert und ergänzt.
Grabkammer
Im Zuge der Bauarbeiten wurde auch der Kapellenanbau mit dem ehemaligen Grabmal Benedikt von Ahlefeldts, Mitglied eines alteingesessenen Schleswiger Adeltsgeschlechts, umfassend saniert und zu einer neuen privaten Familiengrabstätte umgestaltet. Die Bestattung erfolgt über in den Boden integrierte Urnenfächer, deren Abdeckungen aus Öland-Kalkstein zugleich als Inschriftflächen dienen. Die Randbereiche des Bodens wurden als separate Läuferreihe ausgeführt.
Der historische Engelchenfries konnte im Rahmen der Sanierung in sorgfältiger Handarbeit durch eine Restauratorin gesichert und behutsam eingefasst werden. Er ziert nun die schlicht gehaltene, gekälkte Grabkammer, in der eine von D/Form Architekten entworfene Bank zum stillen Gedenken einlädt.
Autoren
Bernhard Weikert ist als Projektleiter bei D/Form Architekten in allen Leistungsphasen tätig, mit dem Schwerpunkt auf dem Bauen im Bestand. Er betreut unter anderem die Sanierung der St.-Catharinenkirche sowie Projekte wie die Gutsanlage Diedersdorf und das Ensemble Alt-Biesdorf.
Rebekka Bode übernimmt neben der Büroleitung die strategische und inhaltliche Ausrichtung von D/Form Architekten und leitet zudem das Projekt zum Erhalt und Erweiterung der Burg Reichenstein am Rhein.
Baubeteiligte (Auswahl)
Planung
D/Form Gesellschaft für Architektur und
Städtebau, Berlin, www.d-form.eu
Tragwerksplanung
GSE, Berlin, www.gse-berlin.de
Restauratorische Gutachten
Silligmann Restaurierung, Brunsbek,
www.silligmann-restaurierung.de
Bauhauptarbeiten
Hans Wagner, Neumünster, hans-wagner-bau.de
Tischlerarbeiten, Putz- und Malerarbeiten, Restaurierung
Wibbeke Denkmalpflege, Geseke,
wibbeke-denkmalpflege.de
Dachdeckerarbeiten
Jan Witt, Jevenstedt, www.dachdeckerei-janwitt.de
Zimmererarbeiten
Zimmerei HZK, Fiefbergen, www.zimmerei-hzk.de
