Wie der Hausbockkäfer wirksam bekämpft wird

Die Larven des Hausbockkäfers richteten  Schaden an der Holzkonstruktion der Sektionshütte des Deutschen Alpenvereins in Oberküps in Oberfranken an. Zur Bekämpfung setzte die Fachfirma „Koranol Ib“ ein. Das Produkt zieht komplett ins Holz ein und hinterlässt keine Rückstände.

Die Hütte des Deutschen Alpenvereins e.V. (DAV) Sektion Lichtenfels in Oberküps, Markt Ebensfeld steht im Kehlbachtal. Das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaute Bauernhaus wurde am 7. September 1952 eingeweiht und dient seither als Vereinsheim für unterschiedlichste Veranstaltungen des DAV. Bei einem Brand im Januar 1993 wurde die Hütte teilweise zerstört; jedoch im gleichen Jahr generalsaniert und wiedereröffnet.

Hausbockkäfer bevorzugen als Nahrungsquelle das eiweißreiche Splintholz von Nadelbäumen
Foto: Photo Klinnert/Anke Klinnert

Hausbockkäfer bevorzugen als Nahrungsquelle das eiweißreiche Splintholz von Nadelbäumen
Foto: Photo Klinnert/Anke Klinnert
28 Jahre später ist die Sektionshütte nun erneut gefährdet, denn der Hausbockkäfer Hylotrupes bajulus hat sich im Dachstuhl ausgebreitet. Die Larven des Hausbockkäfers ernähren sich vom Holz der Dachkonstruktion sowie des Fachwerks und richten dort großen Schaden an. Die Hausbockkäfer schlüpfen von Juni bis August aus dem Holz, um sich zu paaren. Die Ausfluglöcher haben bis zu 1 cm Längsdurchmesser. Dabei legen die Weibchen in die Risse des Holzes bis zu 400 Eier ab, aus denen nach wenigen Wochen die Larven schlüpfen. Mit ihrem kräftigen Beißwerkzeug fressen sich die Larven durchs Holz und erzeugen dabei hörbare Nagegeräusche.

Als Nahrungsquelle wird das eiweißreiche Splintholz von Nadelbäumen bevorzugt. Eiweißgehalt, Holzfeuchtigkeit, Temperatur sowie die Holzart entscheiden unter anderem über die Entwicklungsdauer der Larven, die zwischen 3 und 15 Jahren liegen kann. Die Kotpillen (Nagsel) der Larven des Hausbockkäfers sind walzenförmig.  

Regelsanierung holzzerstörender Insekten

Zu den in der DIN 68 800 Teil 4 (2020-12) „Bekämpfungsmaßnahmen gegen Holz zerstörende Pilze und Insekten und Sanierungsmaßnahmen“ festgelegten Regelsanierungen zählen die Behandlung mit Holzschutzmitteln, das Heißluft- und Begasungsverfahren sowie die Bekämpfung mit Hilfe modifizierter Atmosphären. Im Gegensatz zur Behandlung mit Holzschutzmitteln weisen die genannten alternativen Verfahren zur Bekämpfung holzzerstörender Insekten einen entscheidenden Nachteil auf: Das behandelte Holz ist nicht vorbeugend vor einem erneuten Befall durch die holzzerstörenden Organismen (Pilze und Insekten) geschützt.  Zusätzlich zu den alternativen Verfahren ist daher gemäß DIN 68 800 Teil 4 (2020-12) eine Behandlung des Holzes mit einem zugelassenen, vorbeugend wirksamen Holzschutzmittel durchzuführen, damit ein erneuter Befall durch holzzerstörende Organismen ausgeschlossen werden kann.

Bekämpfung mit „Koranol Ib“

Durch das Anritzen des Holzes wird vom Fachmann die Befallsintensität festgestellt
Foto: Photo Klinnert/Anke Klinnert

Durch das Anritzen des Holzes wird vom Fachmann die Befallsintensität festgestellt
Foto: Photo Klinnert/Anke Klinnert
Von weitem betrachtet scheint die Fachwerkkonstruktion/Dachkonstruktion intakt zu sein. Jedoch erkennt die Fachkraft der Firma Parisek saniert GmbH & Co. KG schnell die charakteristischen ovalen Ausfluglöcher des Hausbockkäfers auf den Holzoberflächen. In Anlehnung an die DIN 68 800 Teil 4 (2020-12) wurden alle weiteren Untersuchungen und Arbeitsschritte durchgeführt. Durch gezieltes Freilegen einiger Fraßgänge war es möglich Larven des Hausbockkäfers an fast allen Holzbauteilen (Ständer, Saumschwelle, Balken, Sparren) zu finden. Ein aktiver Befall konnte nachgewiesen und die Larven des Hausbockkäfers sicher identifiziert werden.

Gemäß gültiger Norm wurde durch Anritzen des Splintholzbereiches Befallsintensität und -ausmaß bestimmt. Im nächsten Arbeitsschritt wurden die Bauteile gesäubert, Anstrichsysteme entfernt und stark vermulmte Teile entfernt. An Holzbauteilen, an denen eine allseitige Behandlung des Holzes mit dem eingesetzten Holzschutzmittel nicht möglich war, wurde zusätzlich zur Oberflächenbehandlung auch eine Bohrlochdrucktränkung durchgeführt. Bei der Bohrlochdrucktränkung werden Löcher (etwa 10 mm im Durchmesser) in die Holzkonstruktion gebohrt. Das Anbringen der Bohrlöcher erfolgte in Anlehnung an das Bohrschema gemäß DGfH – Merkblatt (2002).      

Bohrlochdrucktränkung mit Injektoren

Für die Bohrlochdrucktränkung werden zunächst die Löcher vorgebohrt
Foto: Photo Klinnert/Anke Klinnert

Für die Bohrlochdrucktränkung werden zunächst die Löcher vorgebohrt
Foto: Photo Klinnert/Anke Klinnert
Vorsichtig werden in die Bohrlöcher Kunststoffinjektoren mit Rückschlagventil eingeschlagen. Mit einem entsprechenden Adapter wird über die Injektoren das Holzschutzmittel in das Holz eingepresst. Dies geschieht unter ständiger Beobachtung der Holzbauteile. Im Nachgang der Bohrlochdrucktränkung (Verpressung) wird die Oberfläche mit dem Holzschutzmittel behandelt (Oberflächenverfahren).

Bei größeren Flächen empfiehlt sich das Sprühverfahren, wobei beachtet werden muss, dass das verwendete Holzschutzmittel eine entsprechende Zulassung für dieses Verfahren aufweist. Die Bohrlöcher werden mit imprägnierten Hartholzdübeln verschlossen. Alle nicht befallenen Holzbauteile müssen mit einem zugelassenen, vorbeugend wirksamen Holzschutzmittel behandelt und vor Befall durch holzzerstörende Insekten geschützt werden.

Auswahl des Holzschutzmittels

Bei Holzschutzmitteln, die holzzerstörende Insekten abtöten sollen, wird hinsichtlich der Wirkstoffe zwischen schnell wirksamen (Kontaktinsektizide), langsam wirksamen (Fraßinsektizide) und verzögert wirksamen (Häutungshemmstoffe) Wirkstoffen unterschieden. Im Rahmen der beschriebenen Bekämpfungsmaßnahme entschied sich die Fachfirma für ein lösemittelbasiertes Holzschutzmittel mit einem schnell wirksamen Wirkstoff („Koranol Ib“), um einen schnellen Abtötungserfolg zu gewährleisten.

Lösungsmittel und damit auch der schnell wirksame Wirkstoff dringen im Vergleich zu wasserbasierten Produkten tiefer ins Holz ein und gewährleisten einen sicheren Abtötungserfolg. Das Lösungsmittel dieses Holzschutzmittels ist aromatenfrei. Dadurch ist die Geruchsbelastung während und nach der Verarbeitung enorm reduziert und die Räume wenige Stunden nach der Anwendung wieder nutzbar.

Das Produkt penetriert komplett ins Holz und hinterlässt nach der Trocknung keine Rückstände auf den behandelten Holzoberflächen. Im Anschluss an die Trocknung können die Holzbauteile mit einem Oberflächenprodukt zur Holzveredelung überarbeitet werden. Auch können Verstopfungen der Pumpen, hervorgerufen durch Kristallisationsreaktionen, ausgeschlossen werden.

Autor


Dr. Marco Fleckenstein ist Leiter der Abteilung Bekämpfender Holzschutz bei der Kurt Obermeier GmbH & Co. KG in Bad Berleburg.

Zulassungsverfahren für Holzschutzmittel

Holzschutzmittel unterliegen der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 „Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten.“ Holzschutzmittel dürfen gemäß der Verordnung erst dann in den Verkehr gebracht und angewendet werden, wenn der Schutz für Verbraucher, Beschäftigte sowie Umwelt gewährleistet ist und eine ausreichende Wirksamkeit gegen die Zielorganismen bestätigt wurde.

Weiterhin muss eine Zulassung durch die zuständige nationale Behörde vorliegen. Die entsprechende Behörde für Deutschland ist die „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)“. Eine Übergangsregelung gilt für Holzschutzmittel, die so genannte „Altwirkstoffe“ gemäß Verordnung (EG) Nr. 1451/2007 enthalten.

Das Zulassungsverfahren für Holzschutzmittel ist ein zweistufiger Prozess, bestehend aus einem Wirkstoff- und einem Produktzulassungsverfahren. Die für Holzschutzmittel zugelassenen Wirkstoffe müssen im Wirkstoffverfahren im Rahmen eines europäischen Verfahrens positiv bewertet und in die Unionsliste der genehmigten Wirkstoffe gemäß Biozidverordnung (EU) Nr. 528/2012 aufgenommen worden sein.

Im Rahmen des Produktzulassungsverfahrens werden die von den Herstellern der Holzschutzmittel beantragten Anwendungsverfahren des Holzschutzmittels betrachtet. Beispielsweise erfolgt die gesundheitliche Bewertung in Deutschland durch das „Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)“. Grundsätzlich dürfen nur nach intensiver behördlicher Prüfung zugelassene Biozidprodukte vermarktet und/oder verwendet werden.

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