Holzzerstörende Insekten auf der Baustelle erkennen und bewerten

Holzzerstörende Organismen wie Pilze und Insekten erfüllen in der Natur eine wichtige Recycling-Aufgabe. Gelangen sie jedoch in Gebäude, können sie die Bausubstanz schädigen. In einem zweiteiligen Beitrag erklären wir, wie man die Schädlinge identifiziert. Teil 2: Insekten.

Neben den holzzerstörenden Pilzen, die wir in Teil 1 des Beitrags behandelt haben, teilt man die holzzerstörenden Insekten in vier Gruppen:

Frischholzinsekten

Trockenholzinsekten

Feuchtholzinsekten und

Faulholzinsekten.

Grundlage dieser Einteilung ist der Zeitpunkt, zu dem die Insekten das Holz zerstören und in welchen Zustand es sich befindet. Die artenreichste Gruppe bilden die Frischholzinsekten. Hierzu zählen Scheibenböcke und Borkenkäfer, die frisches Holz am lebenden oder kranken Baum im Wald befallen. Die Trockenholzinsekten zerstören unser bereits getrocknetes Bau- und Werkholz. Feuchtholzinsekten sind auf sehr feuchtes Holz angewiesen. Die Faulholzinsekten leben als finale Holzzerstörer in bereits von Pilzen stark zersetztem und feuchtem Holz.

Vom Ei über die Larve zum Käfer

Die Entwicklung der holzzerstörenden Insekten beginnt mit der Eiablage an der Holzoberfläche, an Rissflanken oder im Holzinneren. Danach entwickeln sich Larven, die nur im Holzinneren leben. Während dieser Zeit zerstören sie artspezifisch über wenige Monate bis zu etlichen Jahren durch ihre Fraßtätigkeit die Holzmatrix. Dabei werden kreisrunde, nur 1 mm weite oder ovale, bis über 2 cm große Fraßgänge erzeugt. Die Lage im Holz und die Gestaltung der Fraßgangsysteme sind hierbei sehr vielfältig.

Zum Ende ihrer Entwicklung verwandelt sich die Larve während einer Metamorphose im Holz in einen Käfer. Dieser schlüpft meist im Frühjahr und Sommer aus dem Holz, hinterlässt artspezifisch große Fluglöcher und sucht sich einen Partner zur Kopulation. Das Weibchen legt dann wiederum befruchtete Eier im oder am Holz ab. Die ausgewachsenen Insekten sterben danach beziehungsweise fallen Fressfeinden zum Opfer.

Eine kleine Gruppe von Insekten hat sich an das trockene Bau- und Werkholz angepasst und verursacht über mehrere Insektengenerationen hinaus immense Schäden am Holz. Die wichtigsten Holzzerstörer werden nachfolgend vorgestellt.

Hausbock [Hylotrupes bajulus]

Der Hausbock zählt zu den gefährlichsten holzzerstörenden Insekten in Europa. Durch seine intensive Fraßtätigkeit im Nadelholz kann er dieses über mehrere Jahre bis zum Versagen zerstören. Der eigentliche Schaderreger ist die Larve. Diese miniert etwa drei bis sechs Jahre (in manchen Fällen auch länger) im Holz. Dabei ist sie auf das eiweißreiche Splintholz der Nadelhölzer angewiesen. Das Kernholz kann die Käferlarve nicht zerstören.

Das Optimum seiner Entwicklung findet die Larve bei Temperaturen zwischen 28 und 30 °C und einer Holzfeuchte von 28 bis 30 Prozent. Diese Bedingungen, wenn auch mit geringeren Holzfeuchtewerten, trifft man im Sommer auf Dachstühlen an, in denen sich der Holzschädling hauptsächlich ausbreiten kann. Der Hausbock kann noch bei Holzfeuchten von etwa 10 Prozent überleben. In den Sommermonaten schlüpfen, nach der Verpuppung der Larven, die Käfer. Diese flugfähigen Insekten kopulieren und das Weibchen legt in Holzrisse oder kleine Spalten wieder 150 bis 200 Eier ab.

Äußerlich ist ein Hausbockbefall im Holz kaum zu erkennen. Lediglich an ovalen Fluglöchern und an frisch ausgeworfenem Bohrmehl (Genagsel und Kotpartikel) kann auf einen Befall geschlossen werden. In der Regel bleibt eine papierdünne, intakte Holzschicht bestehen. An sehr warmen Tagen kann man unter Umständen auch Fraßgeräusche der Hausbocklarven wahrnehmen.

Gewöhnlicher Nagekäfer [Anobium punctatum]

Die Larven dieser Käferart ernähren sich vom Laub- und Nadelholz unabhängig vom Holzalter. Sie leben etwa zwei bis fünf Jahre lang im Holz bei Holzfeuchten von 11 bis 48 Prozent (Optimum 26 bis 30 Prozent) und einer Temperatur zwischen 13 und 29 °C (Optimum 22 bis 24 °C). Die Larven sind engerlingsartig gekrümmt, besitzen eine Elfenbeinfarbe und am Kopfbereich sind beidseitig je drei Beinpaare zu erkennen.

Etwa von April bis Juni schlüpfen dann die etwa 3 mm bis 5 mm großen Käfer und hinterlassen etwa 2 mm große, kreisrunde Fluglöcher. Der Käfer ist dunkelbraun gefärbt und besitzt auf den Flügeldecken Punktreihen.

Bunter oder Gescheckter Nagekäfer [Xestobium rufovillosum]

Er befällt bevorzugt pilzbefallenes Laubholz aber auch Nadelholz. Der etwa 5 mm bis 9 mm große Käfer mit fleckigen Haarbewuchs hinterlässt beim Schlupf etwa 3 mm bis 4 mm große, kreisrunde Fluglöcher. Das Weibchen legt 40 bis 60 Eier in alte Schlupflöcher oder in Risse ab. Die Larven benötigen für ihre Entwicklung ungefähr drei bis sechs Jahre. Ein charakteristisches Erkennungsmerkmal im Fraßgangsystem sind die linsenförmigen Kotteilchen im Bohrmehl.

Brauner Splintholzkäfer [Lyctus brunneus]

Er ist einer der Vertreter der großen Gruppe der Splintholzkäferarten, die vermehrt durch Importe in Deutschland auftreten. Ursprünglich in dem Mittelmeerländern und Asien beheimatet, verbreitet sich die Gruppe in Mitteleuropa immer mehr.

Die Splintholzkäfer (auch Parkettkäfer genannt) befallen die stärkehaltigen Splinthölzer einheimische Laubholzarten (zum Beispiel Eiche, Esche, Nussbaum) und kommen auch in Tropenhölzern (zum Beispiel Limba, Abachi, Koto, Meranti) vor. Die optimale Holzfeuchte liegt um 16 Prozent. Die Käfer verlassen nach einer Entwicklungszeit von einem halben Jahr bis zu zwei Jahren das Holz durch ein sehr kleines Flugloch (Durchmesser 1 mm bis 1,5 mm). Die Käfer sind schlank, 3 mm bis 8 mm lang, besitzen an den Fühlerenden zwei dickere Endglieder und sind braun gefärbt.

Großer Eichenbock (Cerambyx cerdo L.)

Stellvertretend für die Gruppe der Frischholzinsekten soll der Große Eichenbock vorgestellt werden. Die Fraßgänge werden zwar, wie oben bereits erwähnt, am lebenden Baum erzeugt, wurden jedoch beim Errichten der Bauwerke mitunter „eingeschleppt“. Die Entwicklung einer neuen Insektengeneration und damit die weitere Zerstörung der Bauhölzer durch diese Käferart sind ausgeschlossen. Aus diesem Grund müssen seine Fraßgänge als Schäden von Frischholzinsekten erkannt werden, um keine unnötigen Bekämpfungsmaßnahmen auszulösen.

Zusammen mit dem Mulmbock (Faulholzinsekt) gehört der Käfer zu den größten einheimischen Bockkäferarten. Der Eichenbock ist auch unter dem Namen Riesen-, Held- oder Spießbock bekannt. Das Männchen mit seinen bis zu 10 cm langen Fühlern ist 30 mm bis 50 mm lang und besitzt eine schwarz glänzende Grundfärbung, wobei die Spitzen der Flügeldecke in einen kaffeebraunen Ton übergehen.

Das Weibchen legt bis zu 100 Eier vornehmlich an Eichenrinde ab. Aus den ovalen (2,5 mm bis 4 mm langen und 1,5 mm bis 3 mm breiten) Eiern schlüpfen nach 14 Tagen die Eilarven und bohren sich sofort in die Rinde. Im Kambium minierend erreichen sie bereits in der ersten Vegetationsperiode eine Länge von bis zu 2 cm. Während ihrer drei-, in kühleren Regionen bis zu vierjährigen Entwicklung wandern sie allmählich in tiefere Zonen des Baumes und verursachen erhebliche Schäden (die Fraßgänge reichen bis zum Kern). Die Larven wachsen auf eine Länge von 7 cm bis zu 9 cm heran.

Vor ihrer Verpuppung legen die Larven einen Hakengang von etwa 8 cm Länge und 2,5 cm Durchmesser an. Die Käfer schlüpfen im Herbst/Winter und verlassen erst im darauf folgenden Frühjahr (Mai bis Juni) den Hakengang.

Mitunter findet man am Eichenholz (zum Beispiel Fachwerk, Dachstühle, Glockenstühle) Fraßgänge des Großen Eichenbocks. Hier wurde das Schadbild mit eingebaut und existiert unverändert seit Jahrhunderten.

Autor

Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Holz- und Bautenschutz und Geschäftsführer eines Ingenieurbüros in Dessau.

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