Unternehmensnachfolge im Handwerk: Welche Käufer kommen in Frage?

Übergabe per Handschlag: Viele Handwerksunternehmer denken bei der externen Unternehmensnachfolge zuerst an einen Verkauf an einen Mitarbeitenden oder einen regionalen Wettbewerber. Doch in den vergangenen Jahren sind andere Käufergruppen immer stärker als potenzielle Nachfolger aufgetreten.

Kommt eine Übergabe des Betriebs innerhalb der Familie nicht infrage, ist der Verkauf an einen Marktbegleiter aus der Region oft der naheliegendste Schritt. Diese kennen die Branche, können Synergien nutzen und Kunden sowie Fachkräfte übernehmen. Auch eine Privatperson – beispielsweise ein erfahrener Meister – kann als Käufer infrage kommen. Allerdings stellt die Finanzierung hier oftmals eine Hürde dar, da Einzelpersonen meist das nötige Kapital fehlt und Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltend sind. Förderprogramme, etwa von der KfW, können hier unterstützen.

Manchmal muss man dicke Bretter bohren, um seinen Betrieb an den Richtigen zu übergeben
Foto: Friderike Reinecke / Pixabay

Manchmal muss man dicke Bretter bohren, um seinen Betrieb an den Richtigen zu übergeben
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Solche Lösungen sind sinnvoll, wenn sich im Umfeld ein geeigneter Käufer findet. Doch nicht alle Betriebe passen in dieses Nachfolgemodell. Insbesondere, wenn die Unternehmensgröße eine Finanzierung verkompliziert – je größer der Betrieb, desto schwieriger ist oft die Finanzierung – oder komplexe Strukturen die Übergabe erschweren. In den vergangenen Jahren haben sich daher neue Käufergruppen etabliert, die zusätzliche Optionen für eine erfolgreiche Nachfolge bieten.

Hersteller und Energieversorger auf Einkaufstour

Immer häufiger treten strategische Investoren als Käufer von Handwerksbetrieben auf. Dabei handelt es sich oft um Energieversorger oder um Hersteller, die sich durch Unternehmenszukäufe den direkten Zugriff auf Fachkräfte sichern wollen. Der führende Heiztechnikhersteller Viessmann erwarb im Jahr 2024 beispielsweise einen SHK-Fachbetrieb in München. Ziel der Übernahme war es, die eigenen Fachpartner bei der Installation von Wärmepumpen zu unterstützen. Ähnlich verfahren auch Energieversorger, die gezielt Heizungs- oder Elektrobetriebe übernehmen, um ihr Dienstleistungsangebot zu erweitern und Kunden langfristig an sich zu binden

Strategische Investoren sind langfristig orientiert, verfügen über Branchenverständnis und bieten Mitarbeitenden oft erweiterte Weiterbildungsmöglichkeiten, modernes Equipment oder den Zugang zu neuen Kundenkreisen. All das macht sie zu einer interessanten Nachfolgelösung für Handwerksunternehmer. Bei einem Verkauf an einen strategischen Investor ist jedoch wichtig, frühzeitig zu klären, wie der Betrieb in die Geschäftsstrukturen des Käufers integriert wird. Manche Käufer führen den Betrieb eigenständig weiter, während andere ihn vollständig in ihre bestehenden Strukturen eingliedern. Die Vorteile sind in beiden Fällen ähnlich: Hersteller und Versorger sichern sich handwerkliche Kompetenz, während der übernommene Betrieb von neuen Möglichkeiten und größeren Ressourcen profitiert.

Wachstum durch Zusammenschlüsse

In den vergangenen Jahren hat sich mit den Handwerksgruppen noch eine weitere Käufergruppe am Markt hervorgetan. Ihr Konzept: Mehrere Betriebe schließen sich unter einem gemeinsamen Dach zusammen, um Synergien zu nutzen, Prozesse zu optimieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die einzelnen Unternehmen der Gruppe bleiben eigenständig und in der Region verankert, profitieren aber gleichzeitig von professionellen Strukturen, etwa in der Buchhaltung, im Marketing oder im Personalwesen. Mit dem Rückhalt eines größeren Netzwerks können sie den Herausforderungen, wie etwa dem Fachkräftemangel, besser entgegentreten.

Investoren agieren nicht als Heuschrecken, sondern eher wie Honigbienen – sie bringen frisches Kapital und neue Ideen für einen Betrieb
Foto: Friderike Reinecke / Pixabay

Investoren agieren nicht als Heuschrecken, sondern eher wie Honigbienen – sie bringen frisches Kapital und neue Ideen für einen Betrieb
Foto: Friderike Reinecke / Pixabay
Viele dieser Handwerksgruppen werden von Finanzinvestoren getragen, die mittels „Buy-&-Build“-Strategien gezielt Wachstum fördern: Ein Investor erwirbt zunächst einen ersten Handwerksbetrieb als Ankerunternehmen und kauft anschließend weitere Betriebe hinzu. Die so entstandene Gruppe ist wirtschaftlich stabiler, kann im Einkauf bessere Konditionen verhandeln und Fachkräfte leichter an sich binden als ihre Einzelunternehmen.

Honigbienen statt Heuschrecken

Besonders im SHK- und Elektrohandwerk zeigt sich ein weiterer Trend: Handwerksgruppen vereinen unterschiedliche Gewerke unter einem Dach, um überregional Komplettlösungen anzubieten. So waren im Jahr 2024 Finanzinvestoren im Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung für den Großteil der Übernahmen verantwortlich. Einige Gruppen integrieren sogar Bedachungsbetriebe, die für die energetische Sanierung eine wichtige Rolle spielen. „Buy-&Build“-Strategien dehnen sich mittlerweile auf fast alle Gewerke aus – ob Garten- und Landschaftsbau, Schadenssanierung oder Tiefbau.

Wurden Finanzinvestoren früher oft kritisch gesehen, zeigt sich heute ein anderes Bild: Investoren agieren nicht als Heuschrecken, sondern eher wie Honigbienen – sie bringen frisches Kapital und neue Ideen, optimieren Prozesse und helfen beim Wachstum. Denn die langfristige Wertsteigerung, von der Finanzinvestoren profitieren wollen, stellt sich nur ein, wenn die gekauften Betriebe gesund bleiben und sich weiterentwickeln. Für Unternehmer, die möchten, dass ihr Betrieb weiterwächst, ist eine Handwerksgruppe daher eine attraktive Lösung.

Nachfolge mit offenen Augen planen

Ob expandierender Mitbewerber, schlagkräftige Handwerksgruppe oder strategischer Branchenpartner: Jede Option für eine Nachfolgeregelung hat ihre Vorteile. Wettbewerber und Mitarbeitende wollen das Erbe fortführen, Gruppen und Investoren bringen Wachstum und Effizienz, strategische Käufer sorgen für Kontinuität und einen breiteren Marktzugang.

Für abgebende Inhaber bedeutet dies: Wer frühzeitig und ohne Scheuklappen plant, hat gute Chancen, den passenden neuen Eigentümer für den eigenen Betrieb zu finden. Denn Auswahl zwischen den verschiedenen Käufertypen bietet die Möglichkeit, die eigene Nachfolge proaktiv und positiv gestalten.

Autor

Sebastian Ringleb ist Partner bei der M&A-Beratung Syntra Corporate Finance in Wetzlar. Er verfügt über breite Erfahrung in der Beratung von Bau- und Handwerksbetrieben bei Käufen und Verkäufen.


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