„Tropfkanten“ an Fensterbänken führen zu ungleichmäßiger Verschmutzung von Fassadenflächen

Ob mit, oder ohne Überstand von Blechabdeckungen, mit so genannten „Tropfkanten“ an äußeren Fensterbänken, Gesimsabdeckungen oder Mauerwerksabdeckungen kommt es häufig zu ungleichmäßigen Verschmutzungen von Fassaden. Ein steiles Gefälle ohne Kante ermöglicht eine gleichmäßige Verwitterung.

Der Überstand der „Tropfkante“ wird in unterschiedlichsten DIN-Normen beziehungsweise Fachregeln beschrieben, unter anderem:

DIN 18 339: 2010-04 „Klempnerarbeiten“, Abs. 3.4.3: „mindestens 20 mm“
DIN EN 13 914-1: 2005-06 „Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen-­ und Außenputzen“, Abs. 6.16.5: „mindestens 40 mm“
Fachregel für Metallarbeiten, 2006-03: „mindestens 20, 30 beziehungsweise 40 mm“

Bei allen oben genannten Richtlinien und Empfehlungen ist die Windstärke zu berücksichtigen. Nahezu jeder Regentropfen erfährt eine Ablenkung durch den Wind und prallt so zwangsläufig, unabhängig von 20 mm oder 40 mm (DIN 18 339/DIN EN 13 914-1) Überdeckung, gegen die Fassadenfläche. Eine Abdeck­ung mit Tropfkante verringert nur die Aufpralltiefe des abtropfenden Regenwassers beziehungsweise des Schlagregens.

Überstand hat nur wenig Einfluss

In der Skizze auf der nächsten Seite wird ein sehr überschlägiges Berechnungsverfahren zur Aufpralltiefe von abtropfendem Wasser an einer Blechabdeckung aufgezeigt. Luftverwirbelungen, Tropfengröße, Beschleunigung und Strömungswiderstand werden hierbei nicht berücksichtigt. Als einzige Kenngrößen werden hier nur die Windgeschwindigkeit (horizontale Bewegung) und die Fallgeschwindigkeit (vertikale Bewegung) betrachtet. Hieraus errechnet sich ein geschätzter Einfallwinkel (α) des fallenden Wassertropfens. Dieser Winkel entspricht begreiflicherweise annähernd dem Einfallwinkel des Schlagregens in Abhängigkeit zur vorhandenen Windgeschwindigkeit.

Das aus den Berechnungen resultierende Diagramm zeigt die Aufpralltiefe in Abhängigkeit von Windgeschwindigkeit und Tropfkantenüberstand. Es bestätigt die These, dass abtropfendes Wasser die Fassadenfläche schon bei leichtem Wind erreicht. Eine Veränderung des Abdeckungsüberstandes verändert hierbei die Aufpralltiefe nur um wenige Zentimeter.

Wozu daher Tropfkanten?

Überstände mit Tropfkanten bewirken einen ungleichmäßigen Selbstreinigungseffekt der Fassade durch abfließendes Regenwasser. So entstehen Farbungleichmäßigkeiten im Bereich unter dem „Tropfkanten-Überstand“ (Fensterblech), da sich hier durch die fehlende Selbstreinigung bei Regenschauern besser Schmutz auf anderen Bereichen der Fassade ansammeln kann.

Als bessere Alternative bietet sich ein steiles Gefälle der Fensterbank von etwa 40 bis 60 Grad an, so dass das Wasser nicht ruhen, sondern abfließen kann.

Patina oder Verschmutzung?

Gleichmäßig geplante Verwitterungen werden oftmals als Patina (ital.: „dünne Schicht“) bezeichnet. Kommt es jedoch zu einem sehr unregelmäßigen Fassadenbild aufgrund andersfarbiger Bereiche, speziell unter den Fensterblechen, können optische Mängel festgestellt werden, die in ihrer Ungleichmäßigkeit nicht geplant waren. Verdunkelt beziehungsweise verfärbt sich die Fassade jedoch gleichmäßig im Ganzen, so ist dies ein geplanter Prozess, der durch die zu erwartenden altersbedingten Verwitterungen bedingt ist.

Scheinbar perfekte Gebäudeansichten oder Computeranimationen der Entwurfsplanung eines Architekten münden oft nach kurzer Zeit in Enttäuschung des Bauherrn, da eine ausreichend konstruktive Planung fehlt, und sich die Fassadenflächen schnell ungleichmäßig und unkontrolliert verfärben.

Enttäuschung ist das Ergebnis falscher Erwartungen

Architekten müssen daher ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass fehlende konstruktive Maßnahmen zu Abweichungen und Schäden führen. Eine adäquate Detailplanung ist die einzige Lösung dieses Problems. Mit strukturierten Fassadenflächen sollen so Verschmutzungen nicht kaschiert, sondern durch konstruktive Ausformungen (zum Beispiel Gefälle) grundsätzlich vermieden werden.

Richtige Baukonstruktion (von lat. construere: zusammenschichten) muss vom Planer wieder erlernt werden und höhere Priorität haben als der perfekte Entwurf. Dabei soll darüber hinaus der Leitsatz gelten: „Denken geht vor Rechnen“. Das heißt auch, dass es viel wichtiger ist zu wissen, „warum“ etwas passiert und nicht unbedingt „wie viel“ von etwas passiert. Bei der Planung von An- und Abschlüssen haben bautechnische Anforderungen Vorrang vor gestalterischen Aspekten. Dies führt zu einem ständigen, aber lösbaren Konflikt zwischen dem rein entwerfenden und dem konstruktiven Planer.

Vorbeugung

Unkontrollierte Fassadenverschmutzungen müssen bereits in der Entwurfsphase durch baukonstruktive Mittel verhindert werden. Beispielsweise bietet sich eine Planung mit steilem Gefälle an.

Das DBV-Merkblatt „Sichtbeton“ nähert sich diesem Thema mit folgender Aussage: „Bei bewitterten Ansichtsflächen muss eine kontrollierte Ableitung des Regenwassers geplant werden, um Schmutzfahnen auf der Betonfläche zu verhindern.“

Jedoch birgt die Verwendung von Abdeckungen mit Topfkantenüberständen immer ein Restrisiko. So heißt es in den Fachregeln für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk: „Verunreinigungen durch abtropfendes Wasser sind nicht gänzlich zu vermeiden.“

Wird auf „Tropfkanten“ verzichtet, ist dies mit dem Bauherrn in einem Beratungsgespräch zu klären und schriftlich zu vereinbaren.

Autor

Dipl.-Ing. Joachim Schulz ist geschäftsführender Gesell­schaf­ter der IGS Ingenieur-Gesellschaft Schulz und als Ar­chi­tekt, beratender Ingenieur und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IHK tätig. Als Lehrbeauftragter unterrichtete er an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin in den Bereichen Baustoffe/Bauchemie und Sicht­beton. Er ist europaweit als Bausachverständiger tätig.

Im Internet finden Sie eine Tabelle, die die Aussagen der verschiedenen Fachregeln und Normen im Hinblick auf Metallabdeckungen außen gegenüberstellt sowie eine Zeichnung nach DIN EN 13 914-1. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.

Literatur

[1] DIN 18 339:2012-09 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Klempnerarbeiten

[2] DIN EN 13 914-1:2005-06 Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen- und Außenputzen – Teil 1: Außenputz

[3] „Fachregeln für Metallarbeiten“ Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V.: Deutsches Dachdeckerhandwerk. Regeln für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk. Ausgabe März. Köln: R. Müller, 2. aktualisierte Auflage 2006

[4] Schulz, Joachim: „Architektur der Bauschäden“, Springer Verlag

Web-Service

Hier finden Sie eine Tabelle, die die Aussagen der verschiedenen Fachregeln und Normen im Hinblick auf Metallabdeckungen außen gegenüberstellt.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 03/2009

Robuste Kante

An ihren Kanten sind Türen tagtäglich hohen Belastungen ausgesetzt. Um diese vor Schä­den zu bewahren, bietet Giese Türen ihr Sortiment auch mit Gießharzkanten aus Polyurethan (PUR) an. Der...

mehr
Ausgabe 05/2017

Schnittstelle an Sockel und Fenstern

Anschlüsse, die bei der Erstellung eines WDVS und bei der Ausbildung des Sockels auftreten, sind: • WDVS-Anschlüsse an Fenstern und Fenstertüren • WDVS-Anschlüsse an Verblechungen •...

mehr
Ausgabe 03/2011

Unterschätzter Fensteranschluss

Bereits bei der Planung wird der Bauteilanschluss Fenster und Laibung als Gewerkelücke häufig nicht erkannt. Damit unzureichende und oft mit improvisierten Baustellenlösungen gefertigte Anschlüsse...

mehr
Ausgabe 1-2./2015

Zweite Entwässerungsebene zum Kleben

Mit dem „Omega Fensterband 200“ aus wetterbeständigem Butylkautschuk bietet Isocell eine zuverlässige und einfach auszuführende zweite Entwässerungs- ebene für den Fensterstock. Der...

mehr

Neue Richtlinie mineralische Dichtungsschlämmen erschienen

Anlass für die Erarbeitung der Publikation waren die Neustrukturierung und umfangreiche Neufassung der nationalen Normung zur „Abdichtung von Bauwerken“. Die rissüberbrückenden bzw. nicht...

mehr