Umbau des Traditionsgasthofs Krone in Hard

Detailgetreu saniert und behutsam umgebaut, vereint ein über 300 Jahre altes Fachwerkhaus in Hard historischen Charme mit puristischem Interieur zu einem individuellen Gästehaus. Für die Handwerker galt es alte Bauteile wie Fachwerk und Täfer zu erhalten und neue, zum Teil im alten Stil, zu ergänzen.

Ein schönes Beispiel der Rheinthaler Fachwerkhäuser ist der Traditionsgasthof Krone im Ortskern von Hard zwischen Bregenz und der Schweizer Grenze. Sein feingliedriges, kunstvolles Fachwerk, die Malereien an den Dachuntersichten und das große Satteldach zeugen von einem staatlichen Bürgerhaus, das seit seiner Erbauung um 1700 als Gasthof diente. In den letzten Jahren wurden die Gästezimmer allerdings nicht mehr genutzt und nur noch das Restaurant betrieben, dessen Hauptflächen im seitlichen Anbau aus den 1950er Jahren liegen. 2016 erwarb der neue Eigentümer das denkmalgeschützte Gebäude und ließ es vom Architekturbüro Früh behutsam neu gestalten und als Gästehaus wiederbeleben. Nach seiner umfassenden Sanierung bietet die „Krone“ als Dependance des Hotels am See nun im charaktervollen Altbau 19 lichtdurchflutete Zimmer mit zeitgemäßem Komfort.

Historisches Raumgefüge und baulicher Zustand

Für die Architekten bestand die Herausforderung zunächst darin, die Zimmer samt aktuellen technischen Anforderungen in die ursprüngliche Raumaufteilung einzufügen. So wenig wie möglich sollte in das Vorgefundene eingegriffen werden, um die Substanz zu erhalten, da nicht nur die Fassade, sondern auch das gesamte Tragwerk denkmalgeschützt waren. „Die Vorgabe war klar: Aufgrund des Denkmalschutzes durften keine strukturellen Änderungen vorgenommen werden, die technisch nicht zwingend nötig waren“, erläutert Projektarchitekt Alexander Mangold. Für einen wirtschaftlichen Betrieb galt es zudem, eine gewisse Zimmeranzahl in den Bestand einzufügen. Erreicht wurde dies zum einen durch die Konzeption als reines Gästehaus ohne Rezeption, Lounge und Frühstücksraum – die Gäste checken online ein und können den Service des Hotels am See mitnutzen; deshalb wurden auch die ehemaligen Gaststuben im Erdgeschoss zu Doppelzimmern und Studios mit Küchenzeile umgebaut. Zum anderen wurde der vormals nicht gedämmte Dachraum ausgebaut sowie das Dachgeschoss des rückseitigen Anbaus für weitere Zimmer miteinbezogen.

Der bauliche Zustand des Gebäudes war – dank kontinuierlicher Renovierung und Instandhaltung – zum Großteil gut. Zwei größere Umbauphasen gab es in den Jahren 1913 und 1966, wie die Inschrift im Giebel zeigt. Auf den in Bruchstein gemauerten Keller- und Sockelwänden mit nachträglich eingebauten Betonkappengewölben sowie später hinzugefügten Stahlbetonflachdecken erhebt sich die zweigeschossige Fachwerkkonstruktion mit dem großen Dachraum. Die ausgemauerten Fachwerkwände außen wie innen sowie die Holzbalkendecken wiesen keine größeren Schäden auf und wurden nur partiell ausgebessert oder verstärkt. Größere konstruktive Maßnahmen waren allerdings im Dachgeschoss erforderlich. Der zuvor nur als Speicher genutzte Raum sollte zu vier Zimmer umgebaut werden, weshalb die Holzbalkendecke verstärkt werden musste: Auf die Träger schraubten die Handwerker jeweils zwei Balken auf, die zugleich auch die neue waagrechte Bodenfläche ermöglichen. Tageslicht erhalten die Zimmer durch die Fenster der Giebelseiten und vier Dachflächenfenster, deren Positionierung mit dem Denkmalamt abgestimmt wurde.

Fachwerkwände, historische Holzvertäfelung und ein neuer Parkettboden

Die verschiedenen Umbauphasen und Renovierungen des durchgängig genutzten Gasthofs hinterließen ihre Spuren und führten zu viel Mischsubstanz, so dass zunächst die Einbauten der letzten vierzig Jahre rückgebaut und die ursprünglichen Raumstrukturen wiederhergestellt wurden. Um die ausgemauerten und verputzten Fachwerkwände im Inneren zu erhalten, wurden Eingriffe und Durchbrüche auf ein Minimum beschränkt. Wo brand- und schallschutztechnisch erforderlich, sind die Fachwerkwände mit einer Vorsatzschale aus Gipskartonplatten verstärkt. Auch die Installationen haben die Handwerker in die vorgesetzten Wandschalen verlegt. Entsprechend sind auch die Bäder als eigenständige „Boxen“ in Trockenbauweise in die Zimmer eingefügt und können jederzeit rückgebaut werden, ohne in die Substanz einzugreifen.

Eine Besonderheit des Hauses sind die erhaltenen Täfer: Im Erdgeschoss prägte die Wandverkleidung aus Fichtenholz mit ihrem dunklen, schellackartigen Überzug die frühere Gaststube. Da diese Vertäfelung noch relativ nah am Original war, sollte sie erhalten bleiben, ebenso der Riemenboden aus Douglasie. Beides wurde aufgearbeitet und ergänzt. Auch in anderen Räumen kamen beim Rückbau Holztäfer zum Vorschein. Sie waren teilweise stark in Mitleidenschaft gezogen und mussten repariert oder ersetzt werden. Diejenigen mit gutem Zustand wurden ausgebaut, konserviert und wieder eingesetzt. „Wir fanden an den Täfern einen grauen Farbauftrag, an dem wir uns mit der neuen Farbgestaltung orientiert haben“, erklärt Alexander Mangold. In ihrem lichten Grau tragen die Holztäfer zum wohnlichen Ambiente der Zimmer ebenso bei wie das hochwertige Eichenparkett im Fischgrätmuster. Da es keine Aufzeichnungen über die historischen Böden gab, stimmte das Denkmalamt dem Fischgrätparkett als neuem Boden für einen gehobenen Landgasthof dieser Art zu. Trotz der teilweise verwinkelten Zimmergrundrisse sollte das Muster als große, ruhige Fläche wirken können sowie technisch einfach zu verlegen sein. Deshalb gleicht ein Randfries aus Eichendielen die Nischen und schräg verlaufenden Flächen aus. Mit dem neuen Bodenaufbau – zwei Lagen Dreischichtplatten auf den vorhandenen Balken, Blindboden und Schüttung – wurde zugleich der Brandschutz verbessert.

Auch die Innentüren sind neu. Sie sind ein exakter Nachbau dreier noch erhaltener profilierter Kassettentüren. Gemeinsam mit dem Tischler wurde eine dem Brand- und Schallschutz entsprechende Türkonstruktion entwickelt und mit dem Denkmalamt abgestimmt. Es entstand eine „dreilagige“ Tür aus Eichenholz mit Flur- und Zimmerfronten analog den historischen Türen und dazwischenliegendem Brandschutzkern.

Mit der Umstellung auf eine Niedrigtemperaturheizung galt es zu vermeiden, dass der Taupunkt im Bereich des Holzfachwerks liegt. An den Fassadeninnenseiten brachten die Handwerker daher 5 bis 6 cm dicke Kalziumsilikatplatten an. Sie wurden von den Handwerkern verputzt und gestrichen beziehungsweise hinter den Wandvertäfelungen eingebaut, da hier bis zu 12 cm Hohlraum bestand. So bleibt die Wandkonstruktion rein mineralisch und der Feuchtetransport wird nicht unterbunden.

Fachwerkfassade in dezentem Grau mit schwarzem Beistrich

Das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes hat in seiner langen Geschichte unterschiedliche Stadien durchlebt – es gab Phasen, in denen das Fachwerk hinter Putz verschwand und die Fensterläden vollständig oder nur in den Obergeschossen fehlten. Im Zuge der Renovierung bezogen sich die Architekten in Abstimmung mit dem Denkmalamt auf die älteste durch Bilddokumente belegbare Variante. Sie entfernten die Läden in den Obergeschossen und restaurierten diejenigen des Sockel- und Giebelbereichs. Anstelle des vorgefundenen, historisch jedoch nicht nachweisbaren schwarz-gelb-gezackten Anstrichs wurde ein dezenter Grauton gewählt, der dem neuen Farbgesamtkonzept entspricht. Ansonsten kamen rein konservatorische Arbeiten zur Ausführung: Die Holzkonstruktion erhielt einen neuen Anstrich mit Ölfarbe, der Putz wurde dort wo es erforderlich war ergänzt und die die Putzfelder rahmenden schwarzen Beistriche erneuert. Ausgenommen zweier Giebelfenster mit bleigefassten runden Butzenscheiben wurde die vorgefundene Befensterung aus den 1960er-Jahren in Abstimmung mit dem Denkmalamt durch neue Fenster aus Fichte ersetzt. Sie vereinen den technisch aktuellen Stand mit dem historischen Vorbild nachempfundenen Profile und hölzernen Wetterschenkeln. Auch die Innen- und Außenfensterbänke sind aus Holz; alle Kupferbleche im Fensterbereich wurden komplett entfernt. Ein Neuanstrich mit Ölfarbe wird daher regelmäßig nötig sein, was der Betreiber im Sinn der Langlebigkeit jedoch unterstützt.

Gästezimmer in Vorarlberger Handwerkskunst

Das Innere des Gästehauses ist zurückhaltend und mit Respekt vor dem Bestand gestaltet. Die Zimmer strahlen eine frische und zugleich warme Atmosphäre aus. „Wir sind in der Innenraumgestaltung sehr reduziert vorgegangen: Die Möbel bilden den Akzent, der Eichenboden gibt dem Ganzen das Flair, die Wandvertäfelungen sind identitätsstiftend. Alle restlichen Einbauten sind in Weiß gehalten, mit verputzten oder gespachtelten Oberflächen“, erläutert Alexander Mangold. Auf Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und Qualität legten Bauherrn und Architekten besonderer Wert. Konsequenterweise arbeiteten sie daher sowohl bei der Sanierung als auch der Innenausstattung mit regionalen Handwerksbetrieben zusammen. So konnten alle Komponenten der Einrichtung nicht nur an die unterschiedlich geschnittenen Zimmer anpasst, sondern auch optimal aufeinander abgestimmt werden. Dabei zeugen Tische, Stühle und Betten aus Weißtanne und Ahorn ebenso von der Vorarlberger Handwerkskunst wie die in Zusammenarbeit mit den Architekten entworfenen und vom ortsansässigen Kunstschmied gefertigten Wandleuchten aus geöltem Schwarzstahl. Die puristischen und schnörkellosen Formen aller Elemente bringen die Qualitäten der Materialien noch besser zur Entfaltung. Dazu trägt auch die Behandlung der Oberflächen bei, die mit Leinölfarben eingelassen sind. Auf Acrylat und Silikonharz verzichtete man und verwendet – wo möglich – Alternativen zu erdölbasierten Produkten. Dies zeichnet das Bestreben des Bauherrn aus, das Gebäude so zu respektieren wie es ist – aus mineralischen Baustoffen und Holzelementen gebaut. In der „Krone“ verbinden sich so denkmalgerechte Sanierung, sorgfältige Gestaltung, hochwertige Materialien und präzise handwerkliche Verarbeitung zu einem individuellen Gästehaus. Tradition und Moderne vereinend, zeigt es beispielhaft die besondere Bau- und Handwerkskultur in Vorarlberg.

Autorin

Dipl.-Ing. Claudia Fuchs studierte Architektur an der TU München. Sie arbeitet als freie Redakteurin und Autorin unter anderem für die Zeitschriften Detail, Baumeister und bauhandwerk.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherr

HGG Immobilien, A-Hard

Architekten

Früh Architektur, Alexander Früh,

Alexander Mangold, A-Hard,

www.frueharchitektur.com

Statik

Mader & Flatz Baustatik ZT, A-Bregenz,

Rohbauarbeiten

The Cutting Crew Timothy Richardson, A-Feldkirch, www.cuttingcrew.net

Zimmererarbeiten

i+R Holzbau, A-Lauterach, www.ir-holzbau.at

Trockenbauarbeiten

Ausbau Bohn, A-Feldkirch, www.ausbau-bohn.at

Tischlerarbeiten

Tischlerei Anton Mohr, A-Andelsbuch,

www.tischlereimohr.at

Türtscher Tischlerei, A-Zwischenwasser,

www.stiegenundmehr.at

Täfer- und Innentüren

Sternath Tischlerei, A-Hard,

www.sternath-tischlerei.at

Fliesenlegerarbeiten

Firma Fliesenpool, A-Götzis,

www.fliesenpool.com

Holzfensterbau

i+R Fensterbau, A-Lauterach,

www.ir-fensterbau.at

Malerarbeiten

Krista Farben Malerbetrieb, A-Franstanz,

www.krista.at

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