Fachwerkkonstruktion war ein historischer Innovationssprung

Fachwerk ist eine der ältesten Bauweisen überhaupt. Erwähnt wird sie schon um Christi Geburt, beim römischen Architekten Vitruv sogar noch etwas früher.

Im Gegensatz zu den Stein auf Stein gemauerten Wänden war die Fachwerkkonstruktion ein historischer „Innovationssprung“: Die Aufteilung einer Wand in ein tragendes Holzskelett mit einer bloßen Füllung der Gefache dazwischen erforderte ein neues statisches Verständnis. Dass diese Bauweise bei guter Pflege Jahrhunderte überdauern kann, beweisen hierzulande Fach­werk­häuser in Limburg, Esslingen und Quedlin­burg, die noch aus dem 13. Jahrhundert stammen.

Das zum Hotel umgebaute Fachwerkhaus in Arnstadt, das wir ab Seite 22 in dieser Ausgabe der bauhandwerk vorstellen, ist zwar „gerade mal“ etwas über 400 Jahre alt, steht mit seinen Details und seiner Geschichte aber exemplarisch für diese Bauweise, die seit dem 13. Jahrhundert ganz Mitteleuropa eroberte. Im Gegensatz zu dem Schafstall in Gütersloh, dessen Umbau zum Wohnhaus wir ab Seite 6 in allen Einzelheiten vorstellen, handelt es sich beim Fachwerkhaus in Arnstadt um einen Stockwerkbau, der sich ab dem frühen 16. Jahrhundert in deutschen Städten durchsetzt. Die Ständer haben bei einem solchen Haus nur die Höhe einer Etage und werden durch ein Rähm abgeschlossen. Beim ehemaligen Schafstall in Gütersloh handelt es sich um ein Vierständerhaus: das Fachwerk steht auf vier Reihen geschossübergreifender Ständer – eine Bauweise, die als Zwei-, Drei-, oder eben Vierständerhaus für landwirtschaftliche Gebäude typisch ist.

In beiden Fachwerkhäusern arbeiteten die Hand­­werker bei der Sanierung mit Lehm: Im ehe­maligen Schafstall mit Lehmputz auf einer Schilf­rohr­dämmung und im Fachwerkhaus in Arn­stadt darüber hinaus mit einer Ausfachung aus Lehmsteinen. Es ist hinlänglich bekannt, dass sich Lehm und Fachwerk besonders gut vertragen. Dass sich Lehm aber auch zu Terrazzo verarbeiten lässt, zeigen wir ab Seite 25 in diesem Heft. Steine und Platten aus dem „edleren“ Ton finden Sie ab Seite 29, Trockenbauplatten aus Lehm auf Seite 32 und Wände aus gestampftem Lehm für das neue Verwaltungsgebäude der Firma Alnatura in Darmstadt ab Seite 18. Schauen Sie sich in unserer neuen Themenrubrik „Bauen mit Lehm“ ab Seite 12 in dieser Ausgabe der bauhandwerk um und entdecken Sie, was sich noch alles aus Lehm machen lässt.

 

Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht Ihnen

Die Aufteilung einer Wand in ein tragendes Holzskelett
mit einer bloßen Füllung der Gefache dazwischen war ein historischer „Innovationssprung“

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