Was bei der Verarbeitung von Kalkfarben zu beachten ist

Kalkfarbe ist ein traditioneller Anstrich. Aufgetragen wird er mit der Bürste. Verwendet der Maler ein Airless-Gerät oder eine Rolle, muss er nach dem Farbauftrag trotzdem die Bürste zur Hand nehmen, denn es gilt: Es muss auch dann immer nachgebürstet werden.

Seit der Antike werden Kalkfarben für die Gestaltung von Gebäuden genutzt. Die sich oben absondernde dünne Kalkmilch wurde vom Sumpfkalk abgenommen und bedarfsweise (für farbige Anstriche) mit Pigmenten versetzt. Diese Kalktünche trug man mit der Malerbürste in mehreren dünnen Lagen auf. Für einen deckenden Anstrich waren in der Regel mindestens vier Arbeitsgänge erforderlich. Das Pigmentbindevermögen einer derartigen Kalktünche war gering. Daher eignete sie sich nur für weiße oder pastellfarbige Anstriche. Für intensivere Farbtöne wurden organische Zusätze verwendet, beispielsweise das aus der Milch gewonnene Kasein.

Im 20. Jahrhundert wurden Kalkanstriche anfänglich erst von Silikatfarben und später zunehmend von Dispersionsfarben verdrängt. Im Malerhandwerk geriet die Kalktechnik weitgehend in Vergessenheit, außer bei den Kirchenmalern im süddeutschen Raum.

Renaissance der Kalkfarbe

Sowohl in der Altbaurenovierung als auch im Neubau ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten wieder eine zunehmende Nachfrage an mineralischen Farben und Putzen zu verzeichnen. Kalk- und Lehmputze werden mittlerweile wegen ihrer bauphysikalisch und baubiologisch vorteilhaften Eigenschaften häufig im Innenausbau eingesetzt. Diese mineralischen Putze weisen eine offenporigen Struktur auf und sind dadurch in der Lage, Feuchtigkeitsspitzen aus der Raumluft zu absorbieren. Daher dürfen sie nur mit hoch wasserdampfdurchlässigen Innenfarben beschichtet werden. Ideal sind Silikat- und Kalkfarben.

Während Silikatfarben heute im Malerhandwerk oft genutzt werden, sind Kalkfarben für die meisten Handwerker ein eher spezielles Thema. Ihre Anwendung gilt im Allgemeinen als schwierig. Oft gibt es auch Vorbehalte in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und die Alltagstauglichkeit von Kalkbeschichtungen. Das muss jedoch nicht sein. „Histolith“-Kalkfarben erfüllen die heutigen Ansprüche hinsichtlich Verarbeitbarkeit, Deckvermögen und Alltagstauglichkeit moderner Wandbeschichtungen.

Positive Eigenschaften der Kalkfarbe

Kalkfarben sind mit einem ph-Wert von etwa 13 hoch alkalisch. Die Produkte müssen daher nicht mit Konservierungsmitteln versetzt werden. Man liest immer wieder, dass mit Kalkfarben beschichtete Flächen nicht mit Schimmelpilzen befallen werden können. Das stimmt nur bedingt. Denn nach der Applikation wird die Alkalität durch Reaktion mit Kohlendioxid rasch abgebaut. Sobald der Anstrich ph-neutral ist, können sich Schimmelpilze unter ungünstigen Umständen ansiedeln. Ein weitaus höherer Schimmelschutz liegt vor, wenn zuvor neuer Kalkputz oder Kalkspachtel aufgebracht wurde, denn dann bleibt die Alkalität länger erhalten.

Die „Histolith“-Kalkfarben weisen sehr ausgewogene Eigenschaften auf und haben sich daher seit vielen Jahren für ein breites Anwendungsspektrum gut bewährt. Sie werden mittlerweile nicht nur für die Renovierung historischer Gebäude verwendet, sondern auch in zunehmendem Maße im ökologischen Bauwesen.

Richtige Verarbeitung von Kalkfarben

„Histolith“ Innenkalk hat ein hohes Deckvermögen, so dass selbst auf einem eher dunklen Untergrund, wie zum Beispiel Lehmputz, in der Regel ein zweimaliger Anstrich ausreicht. Kalk- und Lehmputze sind meist stark saugend, daher ist eine vorherige Grundierung mit verdünntem „Histolith“ Silikat-Fixativ erforderlich. Die Applikation erfolgt in der Regel mit der Bürste. Das betrifft insbesondere farbige Kalkbeschichtungen. Nach entsprechender Verdünnung mit etwa 10 Prozent Wasser wird das Material im Kreuzgang aufgebürstet. Bei größeren Flächen kann Weißware auch gerollt oder Airless gespritzt werden. Für die Airless-Verarbeitung wird die Farbe mit etwa 15 Prozent Wasser verdünnt und sollte vorher gesiebt werden.

Bei größeren Flächen empfiehlt sich, den getrockneten Grundanstrich anzufeuchten und den Schlussanstrich dann in den matt feuchten Untergrund aufzutragen. Dadurch wird die Offenzeit verlängert und somit die Applikation wesentlich erleichtert. Wegen der hohen Alkalität sind eine Schutzbrille und bedarfsweise auch Handschuhe obligatorisch. Die getrocknete Kalkbeschichtung ist wischfest und stellt somit eine alltagstaugliche, optisch ansprechende Oberfläche für Wohnräume dar.

 

Autor

Dr. Christian Brandes ist Diplom-Geologe und arbeitet in der Abteilung Histolith-Baudenkmalpflege bei der Firma Caparol in Ober-Ramstadt.

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