Mit Porphyr und Kalkmörtel
Wie das Waldschlösschen in Rochlitz nach seiner Sanierung zum Kulturort wirdRochlitz, die kleinste sächsische Stadt mit dem Status einer großen Kreisstadt, liegt in der Nähe von Chemnitz und Leipzig. Sie ist nicht nur wegen des Porphyr-Abbaus – dem „Sächsischen Marmor“ – bekannt, sondern beheimatet auch das Waldschlösschen. Dieses Kleinod wurde nun umfassend saniert.
Das 1861 von den Brüdern Haferkorn, Besitzer des nahe gelegenen Porphyr-Steinbruchs, erbaute Waldschlösschen ist ein Gebäudekomplex auf einer Grundfläche von 200 m2. Es wurde 1862 als Gastwirtschaft mit Pension eröffnet, 1894 kam ein Hotel-Anbau hinzu. Später diente das Gebäude zeitweise als Außenstelle eines Krankenhauses. Nach zwei Jahrzehnten Leerstand kauften es 1995 die Dachdeckerbrüder Nathael und Sebastian Keucher. Als eingetragenes Kulturdenkmal Sachsens stand die Sanierung unter der Aufsicht des Landesamts für Denkmalschutz.
Ziel war es, die historische Pracht wiederherzustellen und das Haus für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Wir wollten unsere Wertschätzung der alten Handwerkskunst zum Ausdruck bringen und den besonderen Charakter des Gebäudes bewahren und neu erlebbar machen“, erklärte Sebastian Keucher, Geschäftsführer von Dachart, Chemnitz.
Die Restaurierung erforderte enge Abstimmungen mit dem Denkmalschutz und die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern. Systembaustoffhersteller Sakret steuerte Lösungen bei. „Es war für uns eine Herausforderung und zugleich Motivation, die Instandsetzung eines solchen Kulturdenkmals in Sachsen zu begleiten. Das war nur durch die gute Kooperation mit den beteiligten Baupartnern und insbesondere mit dem Denkmalschutz möglich,“ zieht Michael Esche von Sakret Sachsen Bilanz.
Stabilität und Ästhetik vereint
Die jetzt abgeschlossene Sanierung des Erdgeschosses begann mit einer umfassenden Stabilisierung der Bausubstanz, da das Gebäude auf einer ehemaligen Abraumhalde errichtet worden war. Alte Mauerwerksrisse wurden mit Gewindespindeln und Hausankern behoben, um die Standfestigkeit langfristig zu sichern. Außenwände mussten mit Stahlträgern und -seilen gestützt werden. Der erneuerte Dachstuhl erhielt eine Dämmung und eine Schieferdeckung – einschließlich der beiden silbernen Zierspitzen auf den Gauben.
Besonders aufwendig war die Stabilisierung der charakteristischen Porphyr-Säulen am Entrée des Gebäudes: Dafür wurden Bohrlöcher mit einer Tiefe von 18 m mit Eisenstangen und Beton gefüllt, um die notwendige Tragfähigkeit zu sichern.
Wiederherstellung von Dachstuhl und Dach
Das Gebäude wurde entkernt und statisch gesichert. Besondere Aufmerksamkeit galt auch dem Dachstuhl des Waldschlösschens. Die Handwerker ersetzten die mehr als 160 Jahre alten Balken durch handverlesene Hölzer, die nach traditioneller Zimmermannskunst bearbeitet wurden. Zur Abdichtung und Isolierung griffen sie auf ein mehrfach getestetes System aus Dampfsperre und Dämmplatten zurück, das eine optimale Energieeffizienz gewährleistet. Die Dachdecker fertigten Ziegel nach historischen Vorlagen an und integrierten bei der Verlegung eine moderne Blitzschutzanlage. Auch die rekonstruierten Dachfenster mussten den ursprünglichen Charakter bewahren – orientiert wurde sich an alten Fotografien. Einige handgeschmiedete Fenster wurden vergrößert, damit die Feuerwehr sie mit der Drehleiter erreichen kann.
Ergänzt wurde die Anlage durch eine 100 000-Liter-Zisterne für die Feuerwehr und eine vollbiologische Kläranlage. Der gesamte Komplex erhielt einen Anstrich in hellem Ocker, abgestimmt mit dem Denkmalschutz.
Zukunftsweisende Nutzung
Mit der Fertigstellung des Erdgeschosses 2024 entstand ein erstes Highlight: Das Café mit Veranstaltungsräumen bietet Besuchern bereits heute eine besondere Atmosphäre. Holzvertäfelungen, restaurierte Stühle und neuelektrifizierte Kronleuchter verbinden sich mit moderner Technik – unsichtbar verlegt durch Glasfaserleitungen.
In diesem Jahr folgen Obergeschoss und Dachstuhl. Dort entstehen vier Ferienwohnungen für bis zu 22 Gäste. Das Zusammenspiel von historischem Ambiente und zeitgemäßer Funktionalität soll Touristen wie Einheimische ansprechen. Langfristig planen die Brüder Keucher, das Waldschlösschen als Ort für Kunst und Kultur zu etablieren – mit Lesungen, Konzerten und Ausstellungen für ein lokales und überregionales Publikum. Ein geplanter Workshop-Bereich soll Handwerkern die Möglichkeit geben, historische Techniken weiterzugeben.
Sanierung der Fassade
Die Fassade erhielt ihre charakteristische Struktur zurück. Im Dachbereich wurde das Fachwerk mit Klinkersteinen ausgemauert, teilweise auch mit Mustern, zum Beispiel einem Kreuz, das vorher am Boden aus Klinkern auf einer Schablone zusammengelegt und danach übertragen wurde.
Die Handwerker trugen den Sakret-Vorspritzmörtel „VSM“, einen zementären Spritzmörtel zur Verbesserung der Haftung und des Saugverhaltens des Untergrundes, vor dem Anlegen des Putzes auf. Es folgte als Grundputz der Trass-Kalk-Mörtel „TKM 0-4“ und danach der Trass-Kalk „TKM 0-2“. Dieser zeichnet sich durch seine guten Hafteigenschaften aus, beispielsweise als Mauer-, Vormauer- und Fugenmörtel für alle Mauersteine, als Versetzmörtel bei Steinmetzarbeiten oder als Handputzmörtel. Wegen seiner Ähnlichkeit zu historischen Mörteln und seiner guten Verträglichkeit mit Natursteinen ist er im Denkmalschutz und in der Altbausanierung gefragt.
Außerdem wurde der Reinkalkputz „RKP 04“ mit der Körnung 0 bis 4 mm verwendet. Der zementfreie Kalk-Putzmörtel ist ebenso nach historischem Vorbild entwickelt worden. Er eignet sich sowohl als Unterputz als auch als Oberputz in Innenräumen und an der Fassade. Der „RKP“ kann von Hand oder mit allen gängigen Misch- und Putzmaschinen verarbeitet werden. Bei zweilagiger Ausführung muss eine durchgehende Erhärtung der ersten Lage vor Auftrag der zweiten abgewartet werden. Bei erhöhter Rissgefahr des Untergrunds wird eine Armierung mit einem Putz- oder Armierungsgewebe empfohlen. Als Oberputz kann er gerieben oder gefilzt werden.
Als Sockelputz an der Fassade und Kellerwand verwendeten die Handwerker den Maschinen-Zementputz „MZP“, einen robusten Putz mit erhöhter Abriebfestigkeit, der besonders widerstandsfähig gegen Feuchtebelastungen ist. Der Wärmedämmputz „WDP-M“ verbindet Energieeffizienz mit Nachhaltigkeit. Mineralische Leichtzuschläge wie Perlite und Blähglas machen ihn wasserabweisend und zugleich diffusionsoffen. Den Abschluss bildete eine Silikatfassadenfarbe in hellem Ocker – ein langlebiger Anstrich, abgestimmt mit dem Denkmalschutz.
Im Inneren: Detailtreue und Tradition
Im Inneren des Waldschlösschens standen traditionelle Handwerkstechniken und der Einsatz historischer Materialien im Fokus. Alle Arbeiten wurden mit einem hohen Maß an Detailtreue durchgeführt. Der Fokus lag auf emissionsarmen Produkten: der sächsische Filzputz „SFP“, ein mit dem „Blauen Engel“ zertifizierter emissionsarmer Kalkputz, sorgt für glatte Oberflächen. Die starke Anlehnung an historische Mörtel macht diesen Putz besonders für den Denkmalschutz interessant. Der Reinkalkputz „RKP W“ wurde in mehreren Lagen aufgetragen und sorgt für atmungsaktive, wasserabweisende Wände. Das Produkt ist in verschiedenen Körnungen verfügbar und wird als Ein- oder Mehrlagenputz in Innenräumen eingesetzt. Der Trass-Kalk-Mörtel „TKM“ diente als Fugen- und Versetzmörtel bei Steinmetzarbeiten.
Die Sanitär- und Küchenbereiche erhielten weiße Vintage-Fliesen aus der Kollektion „Torello Vintage“ von APO Grupo. In den Wohnräumen wurden großformatige Zementfliesen in Holzoptik von Via auf 200 m² im Dickbett verlegt, teilweise mit ornamentalen Mustern.
Historische Waschbecken und Waschtische aus Porphyrplatten unterstreichen die Gestaltung. Zusätzliche Spezialanstriche schützen die Wände dieser Räume vor Feuchtigkeit und erleichtern die Reinigung. Ein weiteres Highlight: Die alte Porphyr-Marmortreppe im Obergeschoss wurde von Betonplatten befreit und wieder sichtbar gemacht.
AutorinAntonia Höher ist Marketing-Managerin bei Sakret Europa in Berlin.